Sozialdemokratie:Rot statt Grün

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Botschaft notiert: Die SPD-Vorsitzende Saskia Esken hält auf der Vorstandsklausur am Sonntag eine Redekarte in der Hand. (Foto: Tobias Schwarz/AFP)

Die SPD will große Zukunftsthemen wie den Klimaschutz nicht der Konkurrenz überlassen. Kanzlerkandidat Olaf Scholz kündigt einen "Plan für die 20er-Jahre" an.

Von Mike Szymanski, Berlin

Im Laufe der vergangenen beiden Tage hat dann auch Norbert Walter-Borjans "Aufbruchstimmung" festgestellt - jedenfalls im Kreis des SPD-Parteivorstandes. Der war am Sonntag zur digitalen Klausur zusammengekommen, Auftakt zum Superwahljahr. Da passt es gut, dass Walter-Borjans am Montag im Willy-Brandt-Haus von einer dynamischen Stimmung berichten kann. Es kommt darauf an, die Partei in die Spur zu setzen.

Einen Kanzlerkandidaten besitzt die SPD ja bereits seit August, in der Person von Olaf Scholz. Nun hat mit diesem Wochenende auch das Wahlprogramm Konturen angenommen. Weil die Partei diesmal einiges anders machen will als in früheren Wahlkämpfen, geht es nicht bloß um Wahlversprechen, sondern gleich um "Zukunftsmissionen". Sieben Seiten Papier füllt Olaf Scholz' Plan. Ganz oben steht das Vorhaben, den Klimawandel aufzuhalten, dort, wo die Menschen Einfluss darauf haben.

Klimaneutrales Wirtschaften bis spätestens 2050 setzen sich die Genossen zum Ziel. Ein Thema mit Konfliktpotenzial bei den Sozialdemokraten. Es gibt immer welche, die sagen: Bloß nicht die Grünen kopieren. Andere fürchten, die SPD verliere den Anschluss, wenn sie beim Klimaschutz kein Konzept hat. Scholz macht in seinen Reden, die teils im Internet zu verfolgen waren, klar, dass er gar keinen anderen Weg sieht, als den grundlegenden Umbau der Wirtschaft anzupacken. Er erlebe Industriearbeiter, die regelrecht begeistert seien, man müsse ihnen nur sagen, wie es gehen soll.

Am Sonntagabend soll er seinen Parteikollegen in interner Runde ausführlich dargelegt haben, warum dieser Kurs Erfolg verspreche. "Es war da richtig emotional. Wenn er das den Leuten draußen einmal so erklären würde", sagte einer der Teilnehmer.

Deutschland steht am Scheideweg, sagt Scholz

Es hat seine Gründe, warum die Partei im Moment so stark auf zentrale Zukunftsfragen setzt. Umfragen haben in trauriger Regelmäßigkeit zutage gefördert, dass der SPD in Sachen "Zukunftskompetenz" mittlerweile erschreckend wenig zugetraut wird. Scholz zeichnet deshalb das große Bild: Digitalisierung, Mobilität, Klimaschutz, ein leistungsfähiges Gesundheitswesen in Zeiten von Corona - Deutschland stehe im Jahr 2021 am Scheideweg. "Die Sozialdemokratische Partei hat einen Plan für die 20er-Jahre", sagt Scholz.

Martin Dulig, sächsischer SPD-Chef und Ostbeauftragter der Partei, sagte nach der Klausur, es gehe jetzt um die Frage, ob die SPD wieder in der Lage sei, ein "Grundvertrauen in ihre Arbeit zu mobilisieren". Mit Scholz als Kanzlerkandidaten und den Grundvorstellungen für das Wahlprogramm sei er da nach der Klausur "sehr zuversichtlich".

Es liegt nun an Generalsekretär Lars Klingbeil, den Schwung vom Wochenende in die Partei zu tragen. In den nächsten Wochen sollen vor allem die etwa 400 000 Mitglieder eindringlich erklärt bekommen, was Scholz vorhat - damit diese das dann in ihrem Bekanntenkreis weitertragen. Wahlkampf mit großen Veranstaltungen, so wie in früheren Jahren, wird es so schnell nicht geben. Am Montag hat die Parteispitze auch festgelegt, den Parteitag im Mai nur digital auszurichten.

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