Coronavirus:Kann man an Weihnachten Ski fahren?

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Ein Skifahrer steht bei starkem Wind auf der Piste. (Foto: Jean-Christophe Bott/dpa)

Sogar Kanzlerin Merkel spricht sich nun dafür aus, wegen der Corona-Pandemie die Ski-Gebiete europaweit zu schließen. Wie sehen das die Alpenländer? Und können die Behörden den Ski-Urlaub im Ausland verbieten? Die wichtigsten Fragen und Antworten.

Von Thomas Kirchner und Matthias Köpf

Schon im vergangenen Winter war die Schneesaison wegen der beginnenden Corona-Krise kürzer als geplant. Und dieses Jahr sieht es noch viel schlechter aus. Wegen der Pandemie appellieren Politiker an die Bürger, diesen Winter auf die Skireise zu verzichten, zumindest in den kommenden Wochen. In mehreren Ländern dürfte sich der Saisonbeginn je nach Lage bis mindestens Januar verschieben.

Kann man an Weihnachten Ski fahren?

In Deutschland, Frankreich und Italien wird das wegen der Corona-Lage wohl nicht möglich sein. Die drei Länder wollen, dass der gesamte Alpenraum über die Feiertage und bis in den Januar hinein für den Skitourismus gesperrt wird. Bundeskanzlerin Angela Merkel sagte am Donnerstag, sie werde sich um eine Abstimmung in Europa bemühen, "ob wir alle Skigebiete schließen könnten". Einfach werde das nicht, sagte sie mit Blick auf Österreich, "aber wir werden es noch einmal versuchen".

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Neben der Eindämmung der Infektionen spielt auch der Wunsch eine Rolle, dass es nicht zu Wettbewerbsverzerrungen kommt. Bayerns Ministerpräsident Markus Söder hat einen weiteren Aspekt genannt: "Wenn wir Grenzen offen halten wollen, brauchen wir auch eine klare Übereinkunft, was das Skifahren betrifft. Ansonsten wird es eine schwierige Entwicklung."

Letztlich entscheidet aber jeder Staat für sich, was er tut; die EU hat hier keine Kompetenzen, sie kann nur empfehlen und koordinieren.

Wie ist die Lage in Deutschland?

Große Hoffnungen auf einen Skiurlaub in Bayern darf sich derzeit wohl niemand machen. Was nach dem bis 20. Dezember verlängerten Teil-Lockdown geschehen soll, ist zwar offiziell noch offen. Doch auch wenn es beim Treffen der Kanzlerin mit den Ministerpräsidenten am Mittwoch keine Entscheidung über den Skibetrieb in den Weihnachtsferien gab, machte Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU) klar, dass die Staatsregierung jegliche Art von Skizirkus bis auf Weiteres für unverantwortlich hält. Skilifte und Bahnen seien "ohnehin bis Ende Dezember geschlossen", sagte Söder am Donnerstag. Man könne in die Natur oder Skiwandern, Liftbetrieb sei aber "sehr unwahrscheinlich". Die Seilbahnbetreiber protestieren, sie verweisen auf einen sicheren Sommer mit funktionierenden Hygienekonzepten und kaum Infektionen in ihren Seilbahnen. Viele von ihnen werden auf jeden Fall die Schneekanonen anwerfen, sobald es in den Bergen genügend kalte Tage in Folge gibt. Den Kunstschnee wollen sie in Depots aufbewahren, um ihre Pisten notfalls kurzfristig präparieren zu können.

Wie ist die Lage in Italien?

Italiens Ministerpräsident Giuseppe Conte war der Erste, der Alarm schlug, was Skiurlaube betrifft. Er will die einheimischen Skigebiete mindestens bis zum 10. Januar geschlossen halten und rief die Nachbarn auf, dasselbe zu tun, damit mögliche Erfolge der vorweihnachtlichen Beschränkungen nicht gleich wieder durch Massentourismus im Schnee zunichtegemacht werden. Bereits geöffnete Gletscher-Skigebiete in Südtirol und im Aostatal mussten Anfang November vorerst wieder schließen. Während der Festtage soll auch die Reisefreiheit zwischen den unterschiedlich stark betroffenen roten, orangefarbenen und gelben Zonen in Italien eingeschränkt bleiben. In Südtirol, das als rote Zone gilt, regt sich starker Protest gegen Contes Plan.

Wie ist die Lage in Österreich?

Österreich lehnt eine länderübergreifende spätere Öffnung der Wintersportgebiete ab, der Tourismus macht dort etwa sechs Prozent des BIP aus, also vergleichbar in der Relation mit der Autoindustrie in Deutschland. Eine Schließung der Ski-Gebiete hänge "immer mit den Infektionszahlen zusammen, und zwar den Infektionszahlen bei uns in Österreich", sagte Bundeskanzler Sebastian Kurz. "Ich kann dem italienischen Vorstoß nichts abgewinnen", sagte auch Tourismusministerin Elisabeth Köstinger. Wenn überhaupt, dann müsse die EU die Kosten für die Schließung der Skigebiete übernehmen, sagte Finanzminister Gernot Blümel. Er spricht von bis zu zwei Milliarden Euro. Eine rechtliche Grundlage für eine Entschädigung durch die EU gibt es nicht, infrage kommt allenfalls eine freiwillige Vereinbarung.

In den etwa 430 österreichischen Skigebieten sind zum bevorstehenden Saisonstart umfangreiche Virus-Schutzmaßnahmen geplant - für die Ski-Anlagen, die Bergrestaurants und auch in den Orten selbst. Dazu zählen zum Teil auch Teststationen. Après-Ski ist diese Saison untersagt.

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Wie ist die Lage in Frankreich?

Die französische Regierung schließt sich Italiens Position an. Präsident Emmanuel Macron will, dass die Skigebiete erst im Januar öffnen, wenn es bis dahin "gute Bedingungen" gebe. Außerdem fordert er eine Abstimmung mit den Nachbarländern. Natürlich dürfe man die Ferienorte während der Festtage besuchen und die "reine Luft unserer schönen Berge genießen", sagte Premierminister Jean Castex am Donnerstag. Es sei aber ganz einfach: "Alle Skilifte und öffentlichen Einrichtungen werden für die Öffentlichkeit geschlossen sein." Alpenregionen wie das Departement Haute-Savoie zählen zu den Gebieten mit den höchsten Inzidenzzahlen des Landes. Mehrere Regionalpolitiker äußerten sich entsetzt nach den Ankündigungen. Die französische Skitourismus-Industrie setzt nach Schätzungen jährlich etwa zehn Milliarden Euro um und bietet 120 000 Menschen Arbeit.

Wie ist die Lage in der Schweiz?

Die Schweiz denkt ebenfalls nicht daran, sich der Initiative aus Deutschland, Frankreich und Italien anzuschließen. Sie will ihre Skigebiete offen halten, auch und gerade über die Feiertage. Eine Schließung sei "im Moment nicht vorgesehen", erklärte das Schweizer Bundesamt für Gesundheit. In hoch gelegenen Skiorten wie Zermatt sind die Anlagen schon in Betrieb. Man habe viel in Schutzkonzepte investiert, sagen die Touristiker, und sehe keine Gefahr. Denn: "Skifahren findet in erster Linie draußen statt", wie Urs Zurbriggen, Tourismusdirektor von Leukerbad, sagt. Après-Ski und Hüttengaudi sind ohnehin nicht sehr populär im Land. Allerdings bleibt das Risiko, sich in Gondeln, Restaurants oder anderen Orten mit viel Publikum anzustecken. Der Schweizer Tourismus, schreibt der Zürcher Tages-Anzeiger, könne aus der Debatte "als lachender Dritter" hervorgehen.

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Die bayerische Staatsregierung kann das schwerlich verbieten, denn ein neuerliches Schließen der Grenzen wie im ersten Lockdown im Frühjahr wäre allein Sache des Bundes und soll nach dem erklärten Willen aller Beteiligten unbedingt vermieden werden. Stattdessen macht der Freistaat das Skifahren im Nachbarland nun möglichst unattraktiv durch eine erweiterte Quarantänepflicht, die er in seiner eigenen Einreisequarantäneverordnung festlegt. Wie Söder nach einer Kabinettssitzung am Donnerstag bekannt gab, gilt die zehntägige Quarantänepflicht künftig auch für jene, die sich nur kurz, also weniger als 24 Stunden, in einem Risikogebiet aufgehalten haben. Zu diesen Gebieten zählen Österreich, Frankreich, die Schweiz und Italien. Ein negativer Corona-Test nach fünf Tagen kann die Quarantäne verkürzen. Den Verdienstausfall ersetzt der Freistaat in solchen Fällen nicht mehr. Wer einreist, muss von sich aus die Behörden informieren. Diese können das aber kaum nachprüfen, denn Grenzkontrollen finden außer an drei Autobahn-Übergängen allenfalls sporadisch statt.

Welche Regeln gelten für Stornierungen?

Ein in Deutschland gebuchter Urlaub kann kostenlos storniert werden. Kann ein Hotelier oder Ferienhausvermieter die Unterkunft aufgrund behördlicher Auflagen nicht zur Verfügung stellen, muss der Gast nach deutschem Recht dafür auch nichts bezahlen. Er darf kostenlos von der Buchung zurücktreten und Anzahlungen zurückfordern. Urlauber sollten sich auf die "Unmöglichkeit der Leistung" berufen, heißt es beim Verbraucherzentrale Bundesverband.

Und im Ausland?

Bei Urlaubspaketen in EU-Ländern greift die Europäische Pauschalreiserichtlinie: Wenn sie nicht wie geplant durchgeführt werden können oder sie vom Veranstalter abgesagt werden, bekommt der Kunde sein Geld zurück - und zwar binnen 14 Tagen. Gutscheine können angeboten, müssen aber nicht akzeptiert werden. Bei individuell gebuchten Domizilen wie Ferienhäusern kann es anders aussehen. Viele Wintersportgebiete haben ihre Stornierungsbedingungen angepasst. So können Buchungen in Frankreich mit einem Vorlauf von nur 48 Stunden kostenlos storniert werden. Ähnliche Regelungen gibt es in anderen Ländern. Verlassen sollte man sich auf Kulanz aber nicht. Letztlich muss sich jeder Urlauber vor der Buchung selbst über die Bedingungen informieren.

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