Schweiz:Wieder Teenager unter Terrorverdacht verhaftet

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Zugriff in Schaffhausen: Die Schweizer Polizei nahm in dem Kanton zwei Minderjährige fest, wegen Unterstützung der Terrororganisation Islamischer Staat. (Foto: Björn Trotzki/Imago)

Nach den Festnahmen von vier Jugendlichen in Deutschland haben nun auch Schweizer Behörden drei Teenager wegen möglicher Unterstützung des IS verhaftet. Ein beunruhigender Trend?

Von Isabel Pfaff, Bern

Sie sind erst 15, 16 und 18 Jahre alt und hatten womöglich tödliche Pläne - jetzt sitzen sie in Untersuchungshaft. Am vergangenen Wochenende gaben die Schweizer Behörden bekannt, dass sie vor Kurzem drei junge Männer wegen Terrorverdachts verhaftet haben. Die beiden Minderjährigen, ein Schweizer und ein Italiener, wurden im Kanton Schaffhausen festgenommen; die dortige Staatsanwaltschaft beschuldigt sie der Unterstützung der Terrororganisation Islamischer Staat (IS) und strafbarer Vorbereitungshandlungen zu vorsätzlicher Tötung. Den 18-jährigen Schweizer hat die Bundesanwaltschaft im Kanton Thurgau verhaftet, ihm werden dieselben Vorwürfe gemacht wie den Jugendlichen aus Schaffhausen.

Sowohl die Schaffhauser Staatsanwaltschaft als auch die Bundesanwaltschaft teilten mit, dass die drei Festnahmen in engem Zusammenhang stünden und deshalb die Ermittlungen miteinander abgestimmt würden. Den Behörden zufolge geht es dabei um möglicherweise geplante Sprengstoffanschläge.

In der Schweiz ist von einer neuen IS-Generation die Rede

Zudem, so eine Sprecherin der Bundesanwaltschaft, gebe es Verbindungen zwischen den Schweizer Ermittlungen und jenen in Deutschland: Am Freitag hatten die Behörden in Düsseldorf ebenfalls über die Verhaftung von vier Jugendlichen informiert, alle zwischen 15 und 16 Jahre alt. Auch sie stehen unter dem Verdacht, einen islamistisch motivierten Terroranschlag geplant zu haben. Sie sollen Kontakt mit den zeitgleich in der Schweiz festgenommenen jungen Männern gehabt haben.

Nun ist in der Schweiz von einer "neuen IS-Generation" die Rede - einer, die vor allem aus Minderjährigen und jungen Erwachsenen besteht. Tatsächlich sind die Verhaftungen in Deutschland und der Schweiz ein neuer Hinweis darauf, dass mutmaßliche Terror-Täter immer jünger werden.

Erst Anfang März hatte ein 15-Jähriger in Zürich einen orthodox gekleideten Juden auf der Straße niedergestochen, Zeugen zufolge rief er dabei judenfeindliche Parolen. Der Täter wurde am Anschlagsort festgenommen, das Opfer überlebte knapp. Später wurde auch ein Video publik, in dem der junge Schweizer mit tunesischen Wurzeln dem IS die Treue schwor. Ebenfalls im März hatte die Polizei in der französischsprachigen Westschweiz drei Jugendliche im Alter von 15 bis 17 Jahren verhaftet, auch bei ihnen lautete der Verdacht auf islamistischen Extremismus.

Sein Sohn sei "sicher kein Terrorist", sagt der Vater

Der Schweizer Bundesanwalt Stefan Blättler untermauerte diese Tendenz vergangene Woche bei der Präsentation seines Tätigkeitsberichts 2023. Er warnte ausdrücklich davor, dass islamistischer Terror zunehmend von Minderjährigen ausgehe. Das sei eine sehr beunruhigende Entwicklung, sagte Blättler dem Radio SRF - auch deshalb, weil die Bundesanwaltschaft, die eigentlich die zuständige Strafverfolgungsbehörde bei Terrorismus ist, die Verfahren gegen Minderjährige nicht führen darf. Für sie sind die kantonalen Jugendanwaltschaften zuständig, wie jetzt bei den beiden inhaftierten Teenagern aus Schaffhausen. Für Bundesanwalt Blättler ist zu überlegen, ob das künftig so bleiben sollte, immerhin sind Terrorverfahren komplex und oft grenzüberschreitend, wie die Verbindungen nach Deutschland zeigen.

Insgesamt, so steht es in seinem Tätigkeitsbericht, haben die Schweizer Verfahren im Bereich dschihadistisch motivierter Terrorismus im vergangenen Jahr stark zugenommen. Der Schweizer Nachrichtendienst spreche bereits seit Jahren von einer erhöhten Gefahr im Bereich Terrorismus im Land, sagte Blättler, das zeige sich jetzt in den Zahlen.

Für die drei festgenommenen jungen Männer gilt die Unschuldsvermutung. Der Vater des 16-jährigen Verdächtigten sagte der Schweizer Boulevardzeitung Blick, dass sein Sohn durch Freunde in die Ermittlungen hineingeraten sei. Er sei "sicher kein Terrorist".

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