Terrorwarnung in Belgien:Mutmaßlicher Täter ist tot

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Einsatzkräfte sichern den Ort, an dem der mutmaßliche Täter von der Polizei niedergeschossen wurde. (Foto: Martin Meissner/AP)

Nach stundenlanger Fahndung schießt die Polizei den Mann nieder, der am Montagabend zwei schwedische Staatsbürger getötet haben soll. Die Ermittler gehen einem islamistischen Motiv nach.

Von Alex Rühle, Stockholm

Nach den tödlichen Schüssen auf zwei Schweden in Brüssel ist der mutmaßliche Schütze tot. Das teilte das belgische Krisenzentrum auf X mit. Polizeiberichten zufolge wurde der Mann auf der Flucht niedergeschossen.

Die belgische Innenministerin Annelies Verlinden sagte dem öffentlich-rechtlichen Rundfunk VRT, der Mann sei auf dem Weg ins Krankenhaus gestorben. Bei ihm soll die Waffe gefunden worden sein, mit der der Angriff verübt wurde.

In der belgischen Hauptstadt gilt seit der Tat am Montagabend die höchste Terrorwarnstufe, dem Krisenzentrum zufolge soll die Lage am Dienstag neu bewertet werden. Gegen 19.15 Uhr wurden zwei Schweden erschossen. Die Männer waren offenbar Fußballfans in schwedischen Trikots, am Abend sollte im in der Nähe gelegenen König-Baudouin-Stadion das EM-Qualifikationsspiel Schweden gegen Belgien stattfinden. Das Spiel wurde nach der Pause nicht wieder angepfiffen.

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Dem belgischen Sender RTBF zufolge wurden die beiden Männer in einem Taxi erschossen. Auch der Taxifahrer soll schwer verletzt worden sein, ist aber inzwischen außer Lebensgefahr.

Mutmaßlicher Täter soll sich zu IS bekannt haben

Hinweise auf eine Verbindung zum Gaza-Konflikt lägen derzeit nicht vor, sagte ein Sprecher der Staatsanwaltschaft. Der mutmaßliche Täter Abdeslam L., 45 Jahre alt, war den belgischen Sicherheitsbehörden aber laut Berichten mehrerer belgischer Zeitungen als radikalisierter Islamist bekannt. Er wohnte in Brüsseler Hauptstadtgemeinde Schaerbeek und ist Tunesier.

"Heute Abend haben wir schreckliche Informationen aus Brüssel erhalten", schrieb Schwedens Justizminister Gunnar Strömmer in einer ersten Stellungnahme. "Das Regierungsamt und die zuständigen Behörden arbeiten intensiv daran, weitere Informationen über den Vorfall zu erhalten. Die Regierung steht in direktem Kontakt mit der belgischen Regierung."

Die belgischen Sicherheitsbehörden sind laut RTBF im Besitz eines Videos, in dem sich der Mann zur Terrorgruppe Islamischer Staat bekennt und behauptet, die Schweden getötet zu haben, um den Islam zu rächen. Die Echtheit des Videos muss noch überprüft werden. Die schwedische Zeitung Aftonbladet zitiert aus dem Video die Sätze "Ich bin ein Mudschaheddin für Allah innerhalb des Islamischen Staates, IS. Wir leben für unsere Religion. Wir sterben für unsere Religion. Wir danken Gott. Dein Bruder Abulsalam rächt sich für die Muslime und jetzt habe ich drei Schweden getötet. Ich danke Gott. Ich werde Gott und dem Propheten mit Freude begegnen."

Eine Terrorgruppe rief zu Anschlägen auf schwedische Staatsbürger auf

Inzwischen hat die schwedische Fußballnationalmannschaft Brüssel wieder verlassen. Wie der schwedische Fernsehsender SVT berichtet, wurde das Team noch in der Nacht mit einer Chartermaschine ausgeflogen. Schwedische Fußballfans wurden in der Nacht zu ihren Hotels eskortiert - die letzten von ihnen sollen das Stadion gegen vier Uhr morgens verlassen haben.

Die Ermittlungen werden derzeit von der Brüsseler Staatsanwaltschaft geführt. Sollte sich herausstellen, dass es sich um einen Terroranschlag handelt, übernimmt die belgische Bundesanwaltschaft die Ermittlungen.

In Schweden gab es seit dem Frühjahr immer wieder Koranverbrennungen, die durch die Meinungsfreiheit gedeckt sind, was in der muslimischen Welt immer wieder zu heftigen Protesten führte. Mitte August hatte eine Terrorgruppe, die al-Qaida nahesteht, auf Telegram zu Anschlägen in Schweden und gegen schwedische Staatsbürger aufgerufen.

Der Terrorismusforscher Magnus Ranstorp von der schwedischen Verteidigungshochschule (Försvarshögskolan), sagte dem Svenska Dagbladet, er sei "bestürzt, aber nicht überrascht. Fünf oder sechs Terrororganisationen haben nach den Koranverbrennungen und der LVU-Kampagne konkrete Drohungen an Schweden gerichtet". Die sogenannte LVU-Kampagne war eine gezielte Desinformationskampagne, in der in den sozialen Netzwerken im vergangenen Jahr behauptet wurde, der schwedische Staat würde muslimischen Familien die Kinder wegnehmen.

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