Peking:Scholz will China von militärischer Hilfe für Russland abhalten

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Bundeskanzler Olaf Scholz trifft sich in Peking mit Chinas Staatspräsidenten Xi Jinping. (Foto: Michael Kappeler/dpa)

Der Kanzler möchte mit Präsident Xi darüber diskutieren, "wie wir mehr zu einem gerechten Frieden in der Ukraine beitragen können". Sein Gastgeber sieht sich jedoch längst als Förderer des Friedens und hat eigene Vorschläge.

Bundeskanzler Olaf Scholz möchte China von militärischer Hilfe für Russland abhalten. Er wolle im Rahmen seiner China-Reise mit dem chinesischen Präsidenten Xi Jinping darüber diskutieren, "wie wir mehr zu einem gerechten Frieden in der Ukraine beitragen können", sagte Scholz zum Auftakt eines Treffens in Peking. "Der russische Angriffskrieg auf die Ukraine sowie die Aufrüstung Russlands haben ganz erhebliche negative Auswirkungen auf die Sicherheit in Europa. Sie beeinträchtigen unsere Kerninteressen unmittelbar."

Hintergrund sind Vorwürfe westlicher Regierungen, dass China Russland zwar nicht mit Waffen, dafür aber mit sogenannten "Dual Use"-Gütern versorgt, die sowohl zivil als auch militärisch genutzt werden können. Dadurch werde - so die Kritik - die russische Kriegswirtschaft unterstützt.

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Scholz mahnte, dass der Angriff "mittelbar" die gesamte internationale Ordnung beschädige. Denn er verletze den Grundsatz der Charta der UN, dass Staatsgrenzen nicht verletzt werden dürften. Sowohl Xi als auch er hätten bereits deutlich gemacht, dass Russland mit dem Einsatz von Nuklearwaffen nicht einmal drohen dürfe. China ist wie Russland ständiges Mitglied des UN-Sicherheitsrates.

Der chinesische Präsident betonte laut Angaben aus Peking, dass China nicht am russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine beteiligt sei. Stattdessen habe China stets "die Friedensgespräche auf seine eigene Weise gefördert", sagte der Präsident im Gespräch mit Scholz.

Xi legte außerdem vier Grundsätze vor, um eine Eskalation in dem Krieg zu vermeiden. Diese sind eher vage formuliert. Frieden und Stabilität müsse mehr Priorität eingeräumt werden, anstatt die "eigenen egoistischen Interessen" zu verfolgen, hieß es. Zudem solle mehr Mühe zur Entspannung der Lage aufgewendet werden, "statt Öl ins Feuer zu gießen". Drittens brauche es Bedingungen für die Wiederherstellung des Friedens. Zuletzt forderte er mehr Einsatz, um negative Auswirkungen auf die Weltwirtschaft zu verringern, zum Wohle der Stabilität von globalen Industrie- und Lieferketten.

China will keine Einmischung von Deutschland

Zu den deutsch-chinesischen Beziehungen sagte Xi Jinping, diese würden stetig weiterentwickelt, solange beide Seiten einander respektierten und "Gemeinsamkeiten" suchten - auch wenn es weiter Unterschiede gebe. Dies gilt als Formulierung, mit der sich China Einmischungen in innere Angelegenheiten und etwa Kritik an der Menschenrechtslage im Land verbittet. "Wir müssen die bilateralen Beziehungen aus einer langfristigen und strategischen Perspektive heraus betrachten und entwickeln."

Scholz hatte in einer Debatte mit chinesischen Studenten am Montag in Shanghai gesagt, niemand sollte sich vor einem großen, starken Nachbarn fürchten müssen - das solle sowohl im Privatleben als auch zwischen Staaten gelten. Dies war eine Anspielung etwa auf die Konflikte Chinas mit seinen Nachbarn im südchinesischen Meer. Es gibt Befürchtungen, dass China die demokratische Inselrepublik Taiwan angreifen könnte, die Peking als sein eigenes Territorium ansieht. Die chinesische Führung hat mehrfach mit einer Invasion gedroht. Außerdem streitet sie sich mit Nachbarländern wie Vietnam, Malaysia oder den Philippinen um große Seegebiete im Südchinesischen Meer.

Praxistest für neue China-Strategie

Die Bundesregierung hatte im vergangenen Sommer erstmals eine umfassende China-Strategie beschlossen. Darin wird das von der kommunistischen Führung mit harter Hand regierte Land als Partner, Wettbewerber und systemischer Rivale definiert. Kern der Strategie ist es, die wirtschaftliche Abhängigkeit von China zu verringern, um ein böses Erwachen wie nach dem russischen Angriff auf die Ukraine bei der Kappung der Gaslieferungen zu vermeiden. Der dreitägige China-Besuch des Kanzlers ist auch ein Praxistest für diese Strategie.

Es ist die zweite China-Reise seit der Vereidigung des Kanzlers im Dezember 2021. Scholz nimmt sich drei Tage Zeit - so viel wie noch nie zuvor für ein einziges Land bei einer Reise - und besuchte vor Peking auch die beiden Wirtschaftsmetropolen Chongqing und Shanghai. Das Land mit seinen 1,4 Milliarden Einwohnern ist der größte Handelspartner Deutschlands. Scholz wird in Peking von einem Dutzend Top-Managern und von drei Ministern begleitet: Volker Wissing (Verkehr, FDP), Cem Özdemir (Agrar, Grüne) und Steffi Lemke (Umwelt, Grüne). Am Nachmittag will der Kanzler auch Ministerpräsident Li Qiang treffen.

© SZ/dpa/Reuters/dta - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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