Rüstung:Deutschland liefert keine Kampfjets nach Saudi-Arabien

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Ein Eurofighter wird während eines Patrouillenflugs über Litauen betankt (Aufnahme der Bundeswehr). (Foto: Rohlfing/DPA)

Dafür sollen militärische Güter exportiert werden können, die für den Jemen-Konflikt keine Rolle spielen. Damit legt die Ampelkoalition einen monatelangen Streit bei.

Von Daniel Brössler, Vilnius

Die umstrittene Lieferung von Kampfflugzeugen des Typs Eurofighter an Saudi-Arabien ist nach Informationen der Süddeutschen Zeitung vom Tisch. Das ergibt sich aus einer schriftlichen "Verständigung" innerhalb der Bundesregierung, die der SZ vorliegt. "Bis zum Ende des Jemen-Krieges werden Anträge auf Erteilung von Ausfuhrgenehmigungen für Saudi-Arabien zurückgestellt", heißt es dort.

Damit wird ein in der Ampelkoalition seit Monaten schwelender Streit beigelegt, in dem es um die Auslegung einer Formulierung im Koalitionsvertrag von SPD, FDP und Grünen geht. "Wir erteilen keine Exportgenehmigungen für Rüstungsgüter an Staaten, solange diese nachweislich unmittelbar am Jemen-Krieg beteiligt sind", war dort festgelegt worden. Gemünzt war das auf Saudi-Arabien, aber unter anderen auch auf die Vereinigten Arabischen Emirate. Eine Entscheidung über die Lieferung von Eurofightern "an Saudi-Arabien steht absehbar nicht an", bestätigte Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) am Rande des Nato-Gipfels in Vilnius.

Die Regierung sieht das Land auf Entspannungskurs

Der "Verständigung" zufolge sieht die Bundesregierung die Rolle beider Länder mittlerweile in milderem Licht. In der Region sei eine Entspannungspolitik zu beobachten, die maßgeblich auf Initiative Saudi-Arabiens zurückgehe. "Das Königreich hält sich nach wie vor an die Bedingungen der Waffenruhe, die Anfang April 2022 ausgerufen wurde", wird gelobt.

Auch seit deren Auslaufen im vergangenen Oktober habe es nach Kenntnis der Bundesregierung keinerlei Militäroperationen ausländischer Staaten gegen die Huthi-Rebellen mehr gegeben. "Saudi-Arabien ist mittlerweile glaubhaft vom Ziel einer militärischen Lösung des Konflikts abgerückt und unterstützt seit bald drei Jahren die Bemühungen der Vereinten Nationen für eine politische Beilegung des Konflikts", heißt es in der Verständigung.

Auch die Vereinigten Arabischen Emiraten seien "nicht mehr unmittelbar am Jemen-Konflikt beteiligt", wird festgestellt. Sie unterstützten sowohl die Bemühungen der Vereinten Nationen für eine politische Konfliktbeilegung im Jemen, als auch die laufenden Gespräche zwischen der saudischen Regierung und den Huthis.

Die Emirate dürfen mit Transportmaschinen rechnen

Diese "veränderte Lage" will die Bundesregierung nun in Rechnung stellen, die "Jemenklausel" des Koalitionsvertrages aber nicht vollständig über Bord werfen. Im Falle der Vereinigten Arabischen Emirate sollten Rüstungsexporte "wie auch bei anderen Ländern in jedem Einzelfall sorgfältig unter besonderer Berücksichtigung der Menschenrechte" geprüft werden, heißt es. Einbezogen werden sollen aber auch außen- und sicherheitspolitische Erwägungen, etwa die Lage in der Region. Eine Rolle spiele auch die "Wahrung und Verteidigung der regelbasierten, internationalen Ordnung". Das dürfte ein Hinweis auf eine weniger restriktive Linie sein. Das Land kann daher offenbar mit der Lieferung von sechs Transportmaschinen vom Typ Airbus A400M rechnen.

Im Falle Saudi-Arabiens könne "im konkreten Einzelfall, abhängig vom Rüstungsgut, bei Gütern ohne militärische Einsatzrelevanz für den Jemen-Konflikt und Berücksichtigung eines möglichen Einsatzes der Güter für Menschenrechtsverletzungen eine Ausnahme von diesem Grundsatz greifen", heißt es.

Auch Ausfuhrgenehmigungen für Gemeinschaftsprogramme könnten "nach Einzelfallbetrachtung" erteilt werden. Mit dem jeweiligen Partner müssten aber Konsultationen stattfinden "mit dem Ziel, zu einer gemeinsamen Risikobewertung hinsichtlich einer Verletzung des humanitären Völkerrechts beim Einsatz des gemeinsam produzierten Rüstungsguts zu kommen".

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Hintergrund ist der Konflikt um den Umgang mit solchen Gemeinschaftsprojekten. Partner wie Frankreich werfen Deutschland vor, durch zu restriktive Exportregeln solche Projekte zu erschweren. Bundeskanzler Olaf Scholz und die frühere Verteidigungsministerin Christine Lambrecht (beide SPD) hatten einen Vorstoß gestartet, um auf die Partner zuzugehen, waren aber auf Widerstand der Grünen gestoßen.

Der Grünen-Bundestagsabgeordnete Anton Hofreiter hatte vergangene Woche kritisiert, dass das Bundeskanzleramt Druck ausübe, um den Export von 48 Kampfjets vom Typ Eurofighter Typhoon an Saudi-Arabien und sechs Transportmaschinen vom Typ Airbus A400M an die Emirate zu genehmigen. Solche Genehmigungen erteilt der geheim tagende Bundessicherheitsrat.

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