Politik kompakt:Guido ohne Fans

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Wenn nächsten Sonntag Wahl wäre - würde Guido Westerwelle kein gelbes Wunder erleben. Einer Umfrage zufolge verliert der Außenminister und FDP-Chef dramatisch an Zuspruch. Kurzmeldungen im Überblick.

Außenminister und FDP-Chef Guido Westerwelle hat im aktuellen ZDF-Politbarometer dramatisch an Zuspruch verloren. Mit einem Negativrekord von minus 1,3 Punkten (zuvor minus 0,9) auf einer Skala von minus fünf bis plus fünf rutschte er auf Platz zehn der Liste der wichtigsten Politiker ab. Nie zuvor schnitten demnach ein Außenminister oder ein FDP-Vorsitzender im Politbarometer schlechter ab.

Die Liste der wichtigsten Politiker führt Kanzlerin Angela Merkel (CDU) an. Knapp auf Platz zwei liegt Verteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg (CSU). Es folgen Arbeitsministerin Ursula von der Leyen, Finanzminister Wolfgang Schäuble (beide CDU), SPD-Fraktionschef Frank-Walter Steinmeier, der Vorsitzende der Sozialdemokraten, Sigmar Gabriel und der bayerische Ministerpräsident Horst Seehofer (CSU).

In der politischen Stimmung verbesserten sich CDU und CSU um einen Punkt auf 40 Prozent. Die SPD legte um zwei Punkte auf 28 Prozent zu. Klare Verluste fuhr dagegen die FDP ein, die drei Punkte einbüßte und nun bei nur noch sechs Prozent liegt. Bei der Bundestagswahl im September waren die Liberalen noch auf 15 Prozent gekommen. Die Linke liegt derzeit bei elf Prozent, die Grünen kommen auf 13 Prozent.

Die Union hält weiter an Gorleben als Atommüll-Endlager fest, Obama kann die Israelis nicht von sich überzeugen und Gesundheitsminister Rösler stellt ein Arzneimittel-Sparpaket vor: Lesen Sie auf den nächsten Seiten weitere Kurzmeldungen.

Der Bundestag hat am Freitag einen Untersuchungsausschuss zum geplanten Atommüll-Endlager in Gorleben eingesetzt. Das 15-köpfige Gremium soll klären, ob in den 80er Jahren eine politische Vorauswahl für den Salzstock in Niedersachsen auf Druck der damaligen Bundesregierung von Helmut Kohl (CDU) erfolgte.

Die Opposition spricht von manipulierten Gutachten, die Union führt rein fachliche Gründe für eine mögliche Eignung des Standorts als Endlager an. Nach dem Kundus-Untersuchungsausschuss ist dies das zweite Gremium dieser Art, das bisher in dieser Legislaturperiode eingesetzt worden ist.

Nordrhein-Westfalens Ministerpräsident Jürgen Rüttgers (CDU) pochte indes in einem Interview mit dem Handelsblatt auf einem Mitspracherecht der Bundesländer bei der Frage, ob die Laufzeiten für Atomkraftwerke verlängert werden sollen. In der Debatte über die Zukunft der Atomkraft stellt sich Rüttgers hinter den in der CDU umstrittenen atomkraftkritischen Kurs von Umweltminister Norbert Röttgen: "Kernenergie hat in Deutschland keine hohe Akzeptanz. Deshalb hat der Bundesumweltminister Recht, wenn er sagt, dass sich die Entscheidung über die Laufzeitverlängerung aus der Frage der Sicherheit und der Frage des künftigen Energiemixes ableiten muss - und nicht aus einer Gegenleistung."

Das angespannte Verhältnis zwischen den USA und Israel spiegelt sich auch in neuesten Umfragen wieder. Danach schätzen nur neun Prozent aller Israelis die Regierung von US-Präsident Barack Obama pro-israelisch ein. Dagegen glaubt knapp die Hälfte (48 Prozent), die USA stünden auf Seiten der Palästinenser. Das geht aus einer Umfrage der Tageszeitung Jerusalem Post hervor.

Der israelische Regierungschef Benjamin Netanjahu beharrt im Streit zwischen Washington und Jerusalem über die israelische Siedlungspolitik unterdessen auf seiner Position: Es gebe "keine Veränderung" in der israelischen Politik in Bezug auf Jerusalem, teilte Netanjahus Büro mit. Dieselbe Politik werde seit 42 Jahren von allen israelischen Regierungen verfolgt. Israel betrachtet Jerusalem als "unteilbare Hauptstadt". Die Palästinenser wollen hingegen den von Israel annektierten Ostteil zur Hauptstadt eines künftigen Palästinenserstaats machen.

Bundesgesundheitsminister Philipp Rösler (FDP) und die Gesundheitspolitiker der Koalition haben sich auf ein Konzept zu Kosteneinsparungen im Arzneimittelbereich geeinigt. Rösler werde Eckpunkte zu dessen Neuordnung vorstellen, teilte das Gesundheitsministerium mit.

Wegen der hohen Arzneimittelausgaben der gesetzlichen Kassen hatte Rösler angekündigt, die Pharmaunternehmen zu Preissenkungen zwingen zu wollen. Bisher können die Hersteller die Preise für neue Medikamente selbst bestimmen. Künftig sollen sie nach den Vorstellungen Röslers Vertragsverhandlungen mit den Kassen über Arzneimittelpreise führen. Zudem sollen Hersteller, bevor sie Präparate auf den Markt bringen, über eine Studie den Zusatznutzen für Patienten wissenschaftlich belegen. Als kurzfristige Kostenbremsen hatte der Gesundheitsminister Zwangsrabatte und Preismoratorien vorgeschlagen. Die Einsparchancen bezifferte er auf zwei Milliarden Euro jährlich.

Adolf Hitlers Buch Mein Kampf wird 65 Jahre nach dem Selbstmord des Nazi-Diktators nun auch in Russland als "extremistisch" eingestuft und verboten. Das Werk enthalte Ideen, die den Mord und die Diskriminierung von Rassen propagierten, begründete der Generalstaatsanwalt in Moskau die Entscheidung. Russische Medien kritisierten, das Verbot komme 84 Jahre zu spät: Hitler hatte Mein Kampf Mitte der 1920er Jahre geschrieben. Darin forderte er "Lebensraum" für Deutschland auf Kosten der Sowjetunion und bezeichnete Slawen als "Untermenschen".

Bürgerrechtler beklagen seit langem eine hohe Zahl rechtsradikaler Übergriffe in Russland. Allein im vergangenen Jahr wurden 74 Menschen aus Rassenhass getötet.

In Venezuela ist der Chef eines regierungskritischen TV-Senders wegen angeblicher Verleumdung von Präsident Hugo Chávez festgenommen worden. Nach kurzer Anhörung wurde Globovisión-Chef Guillermo Zuloaga dann aber wieder auf freien Fuß gesetzt, allerdings mit der Auflage, das Land nicht zu verlassen.

Hintergrund des Verfahrens sind Äußerungen des Senderchefs über einen Putschversuch gegen Chávez im April 2002. Er hatte nicht ausgeschlossen, dass der Umsturz damals auch hätte gelingen können. Kritiker legten ihm dies als Beteiligung an dem Umsturzversuch aus.

Der Interamerikanische Presseverband (SIP) verurteilte die Festnahme des Medienunternehmers scharf. Dies sei ein "eklatanter Verstoß gegen die Pressefreiheit" und ein Angriff auf das Informationsrecht der Venezolaner, sagte SIP-Präsident Alejandro Aguirre in Miami.

Generalstaatsanwältin Luisa Ortega Díaz hatte die vorübergehende Festnahme mit verleumderischen Äußerungen Zuloagas sowie der angeblichen Verbreitung von Falschinformationen begründet. Sie betonte, die Verunglimpfung des Präsidenten könne mit 3 bis 15 Monaten Gefängnis geahndet werden. Auf die Verbreitung von Falschinformationen stehe eine Haftstrafe bis zu fünf Jahren.

Pakistanische Truppen haben am Freitag einen Angriff von rund 150 Taliban-Kämpfern auf einen Militärposten im Nordwesten des Landes zurückgeschlagen. Dabei kamen in der Region Orakzai nach Angaben eines Regierungsmitarbeiters 24 Aufständische und fünf Soldaten ums Leben. Ein Mitglied der paramilitärischen Einheiten sprach von mindestens 30 getöteten Taliban.

Die radikal-islamischen Kämpfer griffen den Militärposten den Regierungsangaben zufolge im Morgengrauen von drei Seiten aus an. Nach einem dreistündigen Gefecht seien die Aufständischen zurückgeschlagen worden. Später hätten Kampfhubschrauber mutmaßliche Stellungen der Taliban in dem Gebiet attackiert. Angaben über mögliche Opfer infolge dieses Angriffs lagen zunächst nicht vor. Am Vortag hatte die pakistanische Luftwaffe in der Region eine Schule und ein islamisches Seminar bombardiert und dabei nach eigenen Angaben fast 50 Menschen getötet. Die meisten seien feindliche Kämpfer gewesen.

Nach einer Militäroffensive im vergangenen Jahr herrschte in der Region vorübergehend relative Ruhe, mittlerweile häufen sich die Zwischenfälle aber wieder. Orakzai gehört zu den sieben Stammesgebieten in Pakistan nahe der Grenze zu Afghanistan.

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