Deutsch-polnische Beziehungen:"Da wird mit aller Macht eine Staatsaffäre konstruiert"

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Polens Regierungspartei PiS versucht, kritische Medien wie das Boulevardblatt "Fakt" oder die Tageszeitung "Gazeta Wyborcza" zu gängeln. (Foto: Janek Skarzynski/AFP)

Polens Zustimmung zum neuen deutschen Botschafter lässt auf sich warten. Präsident Duda bezeichnet einen Zeitungsartikel als "deutsche Attacke" und wirft deutschen Medien Stimmungsmache im Wahlkampf vor.

Von Daniel Brössler

Es könnte natürlich Zufall sein. Eigentlich hätte in Warschau in diesen Tagen der neue deutsche Botschafter Arndt Freiherr Freytag von Loringhoven seinen Dienst schon antreten sollen, aber bislang wartet er vergeblich auf das sogenannte Agrément. Diese Zustimmung des Gastlandes ist notwendig, bevor ein Botschafter auf Posten gehen kann. Zwischen befreundeten Staaten geht das normalerweise zügig, weshalb mit einer größeren zeitlichen Lücke nicht gerechnet worden war, als der bisherige deutsche Botschafter Rolf Nikel Polen Ende Juni verlassen hatte. Zumindest in den vergangenen Tagen klang es von offizieller Seite in Warschau aber auch gar nicht so, als seien Deutschland und Polen sonderlich befreundet.

Auf Twitter verkündete der Außen-Staatssekretär Szymon Szynkowski vel Sęk, er habe den deutschen Geschäftsträger einbestellt im Zusammenhang mit einer Serie von Artikeln in deutschen Medien, die mit "Manipulationen" operierten und den "eindeutigen Eindruck" einer Parteinahme für einen der Kandidaten im Präsidentschaftswahlkampf erweckten. Worum es bei den Vorwürfen geht, die der deutsche Diplomat Knut Abraham zu hören bekam, war zuvor den Wahlkampfreden von Präsident Andrzej Duda zu entnehmen, der an diesem Sonntag in eine Stichwahl gegen den Liberalen Rafał Trzaskowski gehen muss. Dem Welt-Korrespondenten Philipp Fritz warf Duda vor, Teil einer "deutschen Attacke" gegen Polen zu sein.

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Der liberale Herausforderer Trzaskowski zwingt Duda in die Stichwahl. Bei der Wahl eines Präsidenten in Polen verpasst der nationalkonservative Amtsinhaber die absolute Mehrheit.

Damit war eingetreten, was befürchtet worden war - dass der nationalistisch-konservative Duda im Wahlkampf die anti-deutsche Karte spielen würde. Hoffnungen, der mit einer Germanistin verheiratete Duda könne Deutschland gewogener sein als der mächtige Chef der Partei Recht und Gerechtigkeit (PiS), Jarosław Kaczyński, haben sich kaum erfüllt.

Vermutlich will Duda in der Schlussphase des Wahlkampfes am rechten Rand fischen

"Da wird mit aller Macht eine Staatsaffäre konstruiert, die es nicht gibt", sagt Manuel Sarrazin, Sprecher der Grünen im Bundestag für Osteuropapolitik und Vorsitzender der deutsch-polnischen Parlamentariergruppe, zur Einbestellung des Geschäftsträgers. Sarrazin vermutet, dass es Duda in der Schlussphase des Wahlkampfes darum geht, am rechten Rand zu fischen. Dazu passt, dass Duda seine Attacke mit dem Reizthema Reparationen verbunden hatte. Fritz habe geschrieben, dass Trzaskowski "für Deutschland der bessere Präsident wäre, weil er dagegen ist, dass sich Polen Reparationen von den Deutschen nimmt".

Tatsächlich hatte Fritz lediglich analysiert, Trzaskowski könne als Präsident "eigene Akzente setzen und einen weniger konfrontativen Ton in den Beziehungen etwa zu Deutschland anschlagen". Möglichen Reparationsforderungen stehe er skeptisch gegenüber. Als Teil der "deutschen Attacke" brandmarkt das Duda-Lager auch die polnische Boulevardzeitung Fakt, die die Begnadigung eines pädophilen Straftäters durch den Präsidenten skandalisiert hatte. Das Blatt gehört der Mediengruppe Ringier Axel Springer.

Die Bundesregierung nehme "selbstverständlich" keinen Einfluss auf Polens Präsidentschaftswahl, betonte Regierungssprecher Steffen Seibert. Ansonsten will man in Berlin die Attacke wohl ins Leere laufen lassen. "Man sollte versuchen, gelassen damit umzugehen und sich zugleich hinter die Pressefreiheit stellen", empfiehlt auch Sarrazin.

© SZ vom 10.07.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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