Parteitag der US-Demokraten:First Lady furios

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Auf dem Demokraten-Parteitag hält Michelle Obama eine grandiose Rede. Sie erklärt am Beispiel ihrer Töchter und aller Kinder, wieso Donald Trump nicht Präsident werden darf.

Von Matthias Kolb, Philadelphia

Eine unpopuläre Spitzenkandidatin, Proteste von Tausenden Fans ihres Rivalen Bernie Sanders und ein E-Mail-Skandal, der peinliche Details aus dem Innenleben der Partei offenbart: Für Hillary Clinton und die Demokraten beginnt der Parteitag in Philadelphia ziemlich mies. Dass der erste Abend versöhnlich endet, liegt an Sanders, der nochmals ganz deutlich gemacht hat, dass er seinen Millionen Fans empfiehlt, Clinton zu wählen und nicht im Traum daran zu denken, Donald Trump zu unterstützen (Details hier).

An diesem Tag, wo immer wieder gebuht und gejohlt wurde, gibt es jedoch eine Rednerin, die das Publikum im Wells Fargo Center in ihren Bann zieht. Die Verehrung für Michelle Obama ist von Beginn spürbar und steigert sich immer mehr, als den Tausenden Zuschauern klar wird, dass die First Lady ein ebenso klares wie überzeugendes Plädoyer gegen Donald Trump hält.

Die 52-Jährige bleibt pro forma überparteilich und nennt den Kandidaten der Republikaner nicht beim Namen. Dieser setzt seit Monaten darauf, dass seine erwachsenen Kinder ihn menschlicher wirken lassen und ihr beruflicher Erfolg und ihre Manieren als Beleg für seinen Charakter zu gelten haben.

Auch Michelle Obama spricht über ihre beiden Töchter, die erst sieben und zehn Jahre alt waren, als sie mit ihrem Vater Anfang 2009 ins Weiße Haus einzogen. In schwarzen Geländewagen, begleitet von Agenten mit Pistolen, fuhren sie in die Schule, erzählt Obama. Sie und ihr Mann seien sich bewusst, dass sie die wichtigsten Vorbilder für Sacha und Malia seien und dass diese jede Aussage und jede Handlung genau beobachten.

"Genauso sind wir auch an unsere Arbeit als Präsident und First Lady herangegangen, weil wir wussten, dass wir Vorbilder für alle Kinder in diesem Land sind", sagt Michelle Obama. Auch wer die Videos mit Trumps krassesten Zitaten, die in den Pausen des Parteitags laufen, nicht gesehen hat, denkt nun wohl an den Republikaner - jenen Mann, der Frauen, Behinderte, Journalisten, Latinos sowie all seine politischen Gegner beleidigt und sich auf deren Kosten profiliert hat. "Wenn wir im November zur Wahl gehen, entscheiden wir auch, wer für die kommenden vier oder acht Jahre die Macht hat, die Zukunft unserer Kinder zu beeinflussen", ruft Obama.

Obwohl Michelle Obama und Hillary Clinton keine engen Freundinnen sind (der Wahlkampf 2008 hinterließ Wunden, wie die New York Times hier beschreibt), folgt ein klares Plädoyer für die ehemalige Außenministerin ihres Mannes, die sich seit den Siebziger Jahren für Kinder einsetze. Sie sei geeignet, die schwierigen Entscheidungen zu treffen, die das Amt des Präsidenten erfordere.

Es folgen weitere Attacken auf Trumps Twitter-Sucht ("viele Themen sind nicht nur schwarz und weiß, sie lassen sich nicht in 140 Zeichen beschreiben"), seine Dünnhäutigkeit und, dass er stolz sei, kaum Bücher zu lesen. Natürlich hat Michelle nicht vergessen, dass es Trump war, der als oberster "Birther" öffentlich die Staatsbürgerschaft und Religion ihres Mannes - und des Vaters ihrer Töchter - angezweifelt hat. Die Obamas hätten ihren Töchtern eines mitgegeben: Wenn eine Person grausam sei oder andere schikaniere, dann lässt man sich nicht auf ihr Niveau herab: "Wenn sie niedere Instinkte zeigen, dann streben wir nach Höherem."

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