Parteien:Unterschiedliche Auffassungen in Nord-CDU zu Abstimmung

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Daniel Günther (CDU), Ministerpräsident von Schleswig-Holstein, spricht während eines Interviews. (Foto: Frank Molter/dpa/Archivbild)

Nach einer im Thüringer Landtag mit den Stimmen der AfD beschlossenen Steuersenkung steht die CDU in der Kritik. Die Granden der Union im Norden, Günther und Prien, sind sich in ihrer Bewertung aber nicht einig.

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Berlin/Kiel (dpa/lno) - Bei der Steuersenkung in Thüringen mit Hilfe von Stimmen der AfD gehen die Bewertungen in der schleswig-holsteinischen CDU auseinander. Die stellvertretende CDU-Bundesvorsitzende und schleswig-holsteinische Bildungsministerin Karin Prien wies Vorwürfe, die politische Brandmauer zur AfD in Thüringen eingerissen zu haben, zurück. Es sei „fast schon infam“, der CDU zu unterstellen, eine Nähe zur AfD zu zeigen oder gar deren Normalisierung zu betreiben, sagte sie am Freitag im Deutschlandfunk. Prien verwies auf den Unvereinbarkeitsbeschluss ihrer Partei. Darin heißt es: „Die CDU Deutschlands lehnt Koalitionen und ähnliche Formen der Zusammenarbeit sowohl mit der Linkspartei als auch mit der Alternative für Deutschland ab.“

Schleswig-Holsteins Ministerpräsident und CDU-Landesvorsitzender Daniel Günther sagte dem Nachrichtenportal „ZDFheute.de“: „Ich halte das für eine schwerwiegende Fehlentscheidung, die dort getroffen worden ist“. Für ihn persönlich gelte ebenso wie für die gesamte schleswig-holsteinische CDU, dass es jegliche Form des Zusammenwirkens mit der AfD nicht geben dürfe. Gerade in Thüringen sei die AfD eine rechtsextreme Partei.

Angesprochen auf die Rolle des CDU-Parteivorsitzenden Friedrich Merz bei der Abgrenzung zur AfD sagte Günther, „wenn die Kommunikation klar gewesen wäre, wäre so etwas wie in Thüringen auch nicht passiert“. Man müsse als Konservativer schlicht und ergreifend den Satz sagen, man bilde keine Mehrheit mit Extremisten. Ansonsten werde eine Mauer eingerissen, die man nicht einzureißen habe. „Das lehrt uns die Geschichte, das wissen wir auch aus allen Erfahrungen, dass wir Konservative hier eine besonders klare Haltung haben müssen.“

Die Haltung der CDU in Schleswig-Holstein sei klar: „Ein wie auch immer geartetes Zusammenwirken mit der AfD ist ausgeschlossen. Das gilt auch für eigene Initiativen, die absehbar nur mit Hilfe dieser Partei Aussicht auf Erfolg haben.“

Die CDU steht nach einer mit Hilfe der AfD beschlossenen Steuersenkung in Thüringen in der Kritik. Im Thüringer Landtag war am Donnerstag eine Grunderwerbsteuersenkung von 6,5 Prozent auf 5 Prozent beschlossen worden. Die Initiative ging auf die CDU-Fraktion zurück, die in Thüringen in der Opposition ist. Der Entwurf erhielt eine Mehrheit, weil auch Abgeordnete von FDP, AfD und Fraktionslose dafür stimmten. Die Thüringer AfD wird vom Landesverfassungsschutz als gesichert rechtsextremistisch eingestuft und beobachtet. In Thüringen regiert ein Bündnis aus Linke, SPD und Grünen, das jedoch im Landtag keine Mehrheit hat.

Prien sagte, es habe zu dem Antrag keinerlei Absprachen mit der AfD gegeben. Es wäre Aufgabe der Landesregierung gewesen, mit der CDU in konstruktive Gespräche zu gehen. „Die CDU muss ihr Ding machen“, sagte die CDU-Vizechefin. „Das ist alles sehr unglücklich“, beschrieb Prien den Verlauf des Gesetzesprojektes. Sie habe die klare Erwartung, dass die Minderheitsregierung in Erfurt nun auf die CDU zugehe.

Günther sagte, die zunehmende Radikalisierung der AfD erfordere eine noch konsequentere Haltung gerade einer konservativen Partei. Das Vorgehen in Thüringen widerspreche dieser Haltung. „Das bedeutet aber nicht, als CDU die eigene Position hintenan zu stellen - auch dann nicht, wenn andere Parteien aus dem demokratischen Spektrum Initiativen starten, die nicht unserer Position entsprechen.“ Thüringens Minderheitsregierung habe es versäumt, eine Mehrheit mit der CDU zu organisieren. Das war ebenfalls ein schwerer Fehler. „Es gibt mit unseren Stimmen keine Mehrheit, die auf die Stimmen der AfD angewiesen ist.“

Die schleswig-holsteinische Grünen-Vorsitzende Anke Erdmann kritisierte Prien. „Wenn Karin Prien das jetzt rechtfertigt, ist sie komplett auf dem Holzweg.“ Die Situation in Thüringen sei wirklich herausfordernd, so Erdmann. „Aber man stärkt doch nicht Björn Höcke, den schlimmsten Scharfmacher der Republik! Auf gar keinen Fall.“ Die Brandmauer gegen die AfD habe echte Risse bekommen. Das ist nach Erdmanns Überzeugung keine Lappalie und widerspreche den bisherigen Äußerungen der CDU im Land.

© dpa-infocom, dpa:230915-99-204846/4

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