"Fridays for Future":Luisa Neubauer trifft den Papst

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Auch wenn dem Papst die Deutschen oft zu "zeitgeistig" sind - Luisa Neubauer ist im Vatikan offenkundig gern gesehen. (Foto: Vaticanmedia)

Im Vatikan mag man die Deutschen nicht so sehr. Eine aber schon: die Umweltaktivistin Luisa Neubauer. Die hatte dort jetzt einen ungewöhnlichen Auftritt.

Von Marc Beise, Vatikanstadt

Mit Luisa Neubauer, der Klimaaktivistin, ist immer zu rechnen, aber sie ausgerechnet hier hinter vatikanischen Mauern zu sehen, ist dann doch einigermaßen überraschend. Papst Franziskus hat am Mittwoch um 12 Uhr, das ist die übliche Zeit für News im Vatikan, seine neue Umwelt-Mahnschrift "Laudate Deum" veröffentlicht, und einen Tag später lädt der Vatikan zur Pressekonferenz. Der Titel der Veranstaltung in den idyllischen Gärten des Kirchenstaates lautet "Laudate Deum - Stimmen und Zeugnisse zur Klimakrise", und es sprechen Persönlichkeiten, die sich seit Langem für Nachhaltigkeit und Klimaschutz einsetzen.

Darunter ist der Italiener Giorgio Parisi, 75, der für seine Arbeit zum Verständnis komplexer Systeme 2021 mit dem Nobelpreis für Physik ausgezeichnet wurde. Auch der Gründer der internationalen Bewegung "Slow Food", Carlo Petrini, 74, ist zugeschaltet. Und als einzige deutschsprachige Teilnehmerin: Luisa Neubauer aus Hamburg, die mit "Fridays for Future" weithin bekannt wurde.

"The future belongs to diese junge Leute", sagt der Papst

Am Donnerstagmorgen hat der Papst die Gruppe empfangen, bevor er sich wieder der Weltsynode widmete, die für vier Wochen drüben in der Großen Audienzhalle tagt. Er hat seine Hochachtung vor der jungen Protestbewegung schon mehrmals öffentlich bekundet, und zur 27-jährigen Neubauer sagt der 86-Jährige jetzt: "The future belongs to diese junge Leute".

Mit den Deutschen hat es der Papst ja eigentlich nicht so, sie sind ihm zu zeitgeistig, zu fordernd, zu rechthaberisch. Die frühere deutsche Vatikan-Botschafterin und Angela-Merkel-Freundin Annette Schavan hat daran gerade im Interview mit der Zeit erinnert: "Ich weiß nicht, wer in Rom wen verprellt hat. Aber jetzt ist die Lage verkorkst." Weder die Deutschen noch die Europäer stünden im Zentrum des Denkens von Franziskus. "Er fliegt nicht nach Berlin, Paris, Madrid, sondern an die Peripherie." Das Verhältnis zwischen den deutschen Katholiken und dem Papst gilt als belastet, spätestens, seit die Deutschen ihren Erneuerungsprozess Synodaler Weg aufgesetzt haben.

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Seit Jahrzehnten hatten die Deutschen im Vatikan nicht so wenig zu sagen wie heute, bei der Weltsynode ist Deutsch erstmals keine der Konferenzsprachen mehr, das liefert dieser Tage reichlich Gesprächsstoff. Auch die Einladung an Luisa Neubauer lief keinesfalls über die deutschen Kanäle, das machte der Vatikan bewusst direkt. Neubauer, die bekennende Protestantin, hat sofort zugesagt. Einerseits ist es eine emotionale Reise für sie, denn es erinnert sie an den letzten Besuch in Rom vor vielen Jahren gemeinsamen mit ihrem Vater, der kurz danach verstarb.

Neubauer sagt, eigentlich sei sie optimistischer als der Papst

Andererseits ist sie hier, um Verbündete zu finden. Auch sie registriert natürlich, dass das Thema Klimaschutz in der Bevölkerung nicht mehr so populär ist wie noch vor einigen Jahren, dass die Fronten verhärten, weltweit: "Anstatt diejenigen zur Rechenschaft zu ziehen, die weiterhin fossile Brennstoffe verbrennen, haben die Regierungen begonnen, diejenigen zu kriminalisieren, die unsere Lebensgrundlagen verteidigen. Sie haben damit begonnen, uns - wie es in Laudate Deum heißt - als 'radikalisiert' darzustellen." Und: "Wir brauchen die Kirche, die sich einmischt."

Das Engagement des Heiligen Vaters gerade jetzt sei unglaublich wichtig, das sagen alle hier auf dem Podium, auch dass es so persönlich daherkomme: Der Papst leide erkennbar daran, dass die Lage der Welt sich seit seiner Umwelt-Enzyklika 2015 weiter zugespitzt habe. Ihm selbst sei in den vergangenen acht Jahren klar geworden, "dass wir nicht genügend reagieren, während die Welt, die uns umgibt, zerbröckelt", hat er geschrieben.

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Die Probleme sieht Neubauer auch, was denn sonst, aber dann sagt sie doch einen bemerkenswerten Satz: Eigentlich sei sie optimistischer als der Papst. Der äußert starke Kritik am Multilateralismus und an der internationalen Diplomatie, er sieht überall alte Strukturen, die nicht mehr taugen, wenn man die Welt retten muss. Neubauer dagegen ist weiter voller Elan und bereits ganz auf die UN-Klimakonferenz COP 28 im Dezember in Dubai fokussiert und guter Dinge, dass die Klimaaktivisten dazu beitragen können, dass die Konferenz ein Erfolg wird.

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