Nach den weltweiten Enthüllungen zu Briefkastenfirmen und Stiftungen fordern Politiker in der Europäischen Union eine härtere Gangart gegen Steueroasen. Der CSU-Europaabgeordnete Markus Ferber sagte, eine Nennung auf der von der EU geführten Liste von Steueroasen müsse künftig mit harten Sanktionen verbunden sein, "andernfalls machen die einschlägigen Steueroasen einfach weiter wie bisher". Der wirtschaftspolitische Sprecher der christdemokratischen EVP-Fraktion beklagte, die Liste sei "auch nach Jahren immer neuer Skandale ein Papiertiger geblieben".
Es sei zudem "genau das falsche Zeichen", dass die EU-Finanzminister an diesem Dienstag bei einem Treffen in Luxemburg ohne Diskussion die Karibikinseln Anguilla und Dominica sowie die Seychellen von der Liste streichen wollen, sodass nur noch neun Länder dazugehören.
Der EU-Abgeordnete Sven Giegold von den Grünen forderte "vollumfängliche internationale Transparenz über die wirklichen Eigentümer von Briefkastenfirmen und Immobilien". Der internationale Informationsaustausch müsse ausgeweitet werden.
Der tschechische Premier Andrej Babiš muss sich unterdessen polizeilichen Ermittlungen stellen. Die nationale Zentrale gegen organisiertes Verbrechen kündigte an, sich mit den Informationen aus den Pandora Papers zu befassen. Die Recherchen internationaler Medien, darunter auch der SZ, zeigen, dass Babiš im Jahr 2009 über Briefkastenfirmen für 15 Millionen Euro ein Château in Südfrankreich erworben hat. Die Art des Ankaufs legt Experten zufolge den Verdacht der Geldwäsche nahe. Babiš wies entsprechende Vorwürfe zurück.
In Russland sieht der Kreml nach Angaben von Sprecher Dmitri Peskow keinen Anlass, Überprüfungen einzuleiten. Er sprach von einer Ansammlung "unbewiesener Behauptungen". Die Recherchen hatten Offshore-Strukturen mit Vermögenswerten in Millionenhöhe aus dem engsten Umfeld von Russlands Präsident Wladimir Putin enthüllt.
Auch in Lateinamerika sorgt die Veröffentlichung der Pandora Papers für Aufregung. Gleich drei amtierende Staatsoberhäupter aus der Region sollen in Verbindung zu Offshore-Firmen stehen: Die Präsidenten von Chile, Ecuador und der Dominikanischen Republik. Ebenso tauchen in der Veröffentlichung die Namen von elf Ex-Regierungschefs aus Lateinamerika auf.
In Chile, wo in einigen Monaten Wahlen stattfinden werden, steht Präsident Sebastián Piñera unter Druck. Der millionenschwere ehemalige Unternehmer soll bereits im Amt am umstrittenen Kauf und Verkauf einer Bergbaugesellschaft beteiligt gewesen sein. In Brasilien kündigte die Opposition Untersuchungen an, weil Wirtschaftsminister Paulo Guedes und Roberto Campos, Präsident der brasilianischen Zentralbank, im Zusammenhang mit den Pandora Papers auftauchen.
Die deutsche Bundesregierung sieht die Pandora Papers als Ansporn im Kampf gegen Steuervermeidung und Steuerbetrug, aber keine großen Auswirkungen hierzulande. Eine Sprecherin des Finanzministeriums sagte: "Erstvermutungen legen nah, dass der Deutschland-Bezug jetzt erst mal nicht so groß ist."