Die Urteilsverkündung zum Nachlesen in unserem Live-Blog:
Newsdesk
Urteil nach 437 Prozesstagen
Guten Morgen und herzlich willkommen zu unserem Liveblog vom NSU-Prozess in München. Nach 437 Verhandlungstagen soll heute ein Urteil gesprochen werden gegen Beate Zschäpe und ihre Mitangeklagten Ralf Wohlleben, Carsten Schultze, André Eminger und Holger Gerlach.
Martin Anetzberger
Schlange stehen für das Urteil
Malika Scheller und ihr Vater haben die ganze Nacht vor dem Gerichtsgebäude ausgeharrt, um einen der wenigen Zuschauerplätze zu ergattern. Die 16-Jährige will ein Theaterstück schreiben. Was andere Wartende antreibt, lesen Sie hier: Benedikt Peters
Die wichtigste Frage
Wird Zschäpe als Mittäterin zu lebenslanger Haft verurteilt? Stellen die Richter eine "besondere Schwere der Schuld" fest? Oder kommt sie mit einer milderen Strafe davon? Das sind die Fragen, auf die wir gegen 9.30 Uhr eine Antwort erwarten. Dann soll Manfred Götzl, der Vorsitzende des 6. Strafsenats des Oberlandesgerichts München, das Urteil sprechen.
Wiebke Ramm
Großer Andrang zum Urteil im NSU-Prozess
Guten Morgen! Vor dem Oberlandesgericht München stehen die Menschen Schlange. In der Besucherreihe sind schon jetzt mehr als in den Saal kommen werden. 51 Plätze gibt es für Zuhörer, 50 für akkreditierte Journalisten. Die ersten standen vor Mitternacht an. Das Interesse ist groß an dem Urteil gegen Beate Zschäpe, Holger Gerlach, Carsten Schultze, André Eminger und Ralf Wohlleben. Das Ende dieses bedeutsamen Prozesses ist nah.Benedikt Peters
Das sind die Anklagepunkte
Der Hauptangeklagten Beate Zschäpe wird Mord in zehn Fällen vorgeworfen. Nach Ansicht der Bundesanwaltschaft war sie neben Uwe Böhnhardt und Uwe Mundlos gleichberechtigtes Mitglied des NSU. Zudem muss sie sich auch wegen schwerer Brandstiftung, Herbeiführen einer Sprengstoffexplosion und versuchten Mordes verantworten, weil sie ihre Wohnung angezündet und dadurch eine alte Nachbarin in Lebensgefahr gebracht hat. Zschäpe droht lebenslange Haft.Die Mitangeklagten Ralf Wohlleben und Carsten Schultze müssen sich wegen Beihilfe zum Mord in neun Fällen verantworten. Sie sollen den NSU unterstützt haben. Unter anderem sollen sie die Česká organisiert haben, mit der neun Menschen erschossen wurden. Die Staatsanwaltschaft hat für Wohlleben zwölf Jahre Haft gefordert, für Schultze drei. Für ihn gilt Jugendstrafrecht, da er zur Tatzeit 20 Jahre alt war. Er ist zudem der einzige Angeklagte, der vor Gericht glaubhaft Reue gezeigt hat.
André Eminger wird Beihilfe zum versuchten Mord vorgeworfen. Er hat das Wohnmobil angemietet, mit dem Böhnhardt und Mundlos nach Köln fuhren und dort mit einer Bombe eine junge Frau lebensgefährlich verletzten. Für ihn hat die Staatsanwaltschaft zwölf Jahre Haft gefordert.
Holger Gerlach ist wegen Unterstützung einer terroristischen Vereinigung angeklagt. Ihm drohen fünf Jahre Haft, etwa, weil er dem NSU seinen Führerschein und seinen Pass jahrelang geliehen hatte.
Die wichtigsten Fragen und Antworten zum Prozess finden Sie hier:
Benedikt Peters
Der Jahrhundertprozess
Der NSU-Prozess ist ein Prozess der Superlative. Seit Mai 2013 wurde an 437 Tagen verhandelt. Die Richter hörten mehr als 600 Zeugen. Mehr als 60 Millionen Euro fielen an Kosten an. Die Verhandlung gegen den NSU ist "nur zu vergleichen mit den Nürnberger Kriegsverbrecherprozessen, den Auschwitzprozessen und den RAF-Verfahren", schreiben unsere Reporter Annette Ramelsberger und Wiebke Ramm, die seit Jahren im Gerichtssaal dabei sind. Hier geht es zur Digitalreportage der beiden:
Xaver Bitz
Zschäpes Schlusswort
Am Dienstag vergangener Woche äußerte sich die Hauptangeklagte Beate Zschäpe noch einmal ausführlich. In Ihrem Schlusswort distanzierte sie sich von der rechtsextremen Szene. Sie wolle "die Verantwortung für die Dinge übernehmen, die ich selbst verschuldet habe" und entschuldigte sich für das verursachte Leid. Lesen Sie hier die komplette Aussage:
Benedikt Peters
Blick in den deutschen Abgrund
Das Bekanntwerden der Taten des NSU setzte die deutsche Gesellschaft unter Schock. Jahrelang waren Neonazis mordend umhergezogen. Es hatte gegeben, was es in Deutschland eigentlich nie wieder geben sollte: Rechten Terror, dem Menschen wegen ihres Aussehens, ihrer Herkunft, ihres Glaubens zum Opfer fielen. Weder die Polizei noch der Verfassungsschutz hatten das erkannt. Und so wurde im 2013 beginnenden NSU-Prozess nicht nur über die individuelle Schuld der Täter verhandelt, es ging immer auch um das Versagen von Staat und Gesellschaft. Was bleibt von einem der wichtigsten Verfahren der deutschen Nachkriegsgeschichte? Dieser Frage gehen die SZ-Reporterinnen Wiebke Ramm und Annette Ramelsberger in dieser Analyse nach:
Xaver Bitz
Im Zentrum der Aufmerksamkeit
Obwohl der Platz im Gerichtssaal sehr begrenzt ist, haben sich vor dem Justizzentrum Vertreter Dutzender Medien aus aller Welt eingefunden. Das ganze Gebäude ist mit Gittern abgesperrt, die Einfahrt in die Sandstraße auch. Polizei und Bundespolizei patrouillieren um das Gebäude. (Foto: dpa)
Benedikt Peters
Die Opfer
13 Jahre lang zogen die NSU-Terroristen raubend und mordend durch das Land. Sie töteten neun Männer türkischer, kurdischer und griechischer Herkunft und eine Polizistin aus Thüringen. Zahlreiche weitere Menschen wurden zum Teil schwer verletzt. Das sind die Namen der Getöteten:
Enver Şimşek
Abdurrahim Özüdoğru
Süleyman Taşköprü
Habil Kiliç
Mehmet Turgut
İsmail Yaşar
Theodoros Boulgarides
Mehmet Kubaşik
Halit Yozgat
Michèle Kiesewetter
In diesem Text finden Sie Kurzbiografien der Opfer. Einige ihrer Angehörigen treten in dem Prozess als Nebenkläger auf, etwa Abdulkerim Şimşek. Er macht den Ermittlern schwere Vorwürfe. Warum, das erklärt er in diesem Interview:
Xaver Bitz
Wo der NSU mordete
Dortmund, Hamburg, Heilbronn, Kassel, Köln, München, Nürnberg, Rostock. Die Spur der NSU-Täter zieht sich durch die ganze Bundesrepublik. Besonders oft schlugen sie in Bayern zu. Eine interaktive Reise zu den Spuren des rechten Terrors.
Wiebke Ramm
Im Saal Urteil, draußen Aktionen
Während es im Saal A 101 offiziell um 9.30 Uhr und tatsächlich seit 437 Verhandlungstagen um 9.46 Uhr losgehen wird, gibt es draußen auf dem Vorplatz von 8 bis 18 Uhr Reden, Theater und Musik. Das Bündnis "Kein Schlussstrich!" fordert mit vielfältigen Aktionen, die Wahrheitssuche im NSU-Komplex auch nach einem Urteil fortzusetzen. Mal schauen, ob wir das Geschehen draußen bis in den Saal hören werden.
Xaver Bitz
Vor dem Urteil
Zu Beginn der Kundgebung vor dem Gericht werden die Namen der Opfer vorgelesen. Eine Schweigeminute folgt. Das berichtet SZ-Reporter Martin Bernstein:
Oliver Das Gupta
Anspannung und Erinnerungsfotos
Vor dem Gerichtsgebäude in der Nymphenburger Straße sind auch erste Angehörige der NSU-Opfer eingetroffen. Sie stehen in Gruppen beieinander und diskutieren, in vielen Gesichtern spiegelt sich Anspannung. Manche haben offensichtlich gehofft, doch noch Platz auf der Besuchertribüne zu finden, eine vergebliche Hoffnung. Erinnerungsfotos werden gemacht. Ein älterer Nebenkläger steht neben seiner Frau, er hoffe auf göttlichen Beistand an diesem Tag, sagt er, für ein gerechtes Urteil - aus seiner Sicht ist das die Höchststrafe für Beate Zschäpe.
Wiebke Ramm
Musik gegen Rechts
Die Antilopen Gang und Sookee werden heute Nachmittag vor dem Gericht singen. Die Ähnlichkeit zur echten Beate Zschäpe in diesem Video der Antilopen Gang ist verblüffend: