Ukraine-Konflikt:"Russland scheint den Militäraufmarsch fortzusetzen"

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Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg hat die Verteidigungsminister des Bündnisses am Mittwoch im Nato-Hauptquartier empfangen. (Foto: Olivier Matthys/dpa)

Nato-Generalsekretär Stoltenberg sieht keine Belege für einen russischen Truppenabzug an der Grenze zur Ukraine. Auch US-Präsident Biden bleibt skeptisch.

Von Matthias Kolb, Brüssel

Mit viel Skepsis haben die 30 Mitglieder des Verteidigungsbündnisses Nato auf Aussagen Russlands reagiert, nach dem Ende von Manövern Soldaten von den Grenzen zur Ukraine zurückziehen. "Bislang haben wir vor Ort keine Deeskalation gesehen. Im Gegenteil: Russland scheint den Militäraufmarsch fortzusetzen", sagte Generalsekretär Jens Stoltenberg am Mittwoch vor dem Treffen der Nato-Verteidigungsminister in Brüssel.

Diese bekräftigten in einer Erklärung ihren Ansatz gegenüber Russland: Starke Abschreckung und Verteidigung bei gleichzeitiger Offenheit zum Dialog. Die Nato-Militärexperten erhielten den Auftrag, die Entsendung weiterer Kampftruppen ins Bündnisgebiet in Ost- und Südosteuropa vorzubereiten. Frankreich ist bereit, einen multinationalen Gefechtsverband in Rumänien zu führen. Die Planungen dürften einige Wochen dauern, sagte Stoltenberg.

Bereits am Dienstagabend hatte US-Präsident Joe Biden in Washington erklärt, eine russische Invasion der Ukraine sei "immer noch" eine klare Möglichkeit. Die USA seien weiter bereit, den Konflikt diplomatisch beizulegen. Man würde aber "schnell und entschlossen" handeln, falls Russland den Weg der Gewalt wähle. Moskau bestreitet, einen Angriff auf die Ukraine zu planen. Einen Tag nach dem Besuch von Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) bei Präsident Wladimir Putin veröffentlichte die russische Regierung Videos, die angeblich den Abzug von Kampfverbänden von der Krim zeigen. Russland hat die ukrainische Halbinsel 2014 völkerrechtswidrig annektiert.

Wegen der von Putin heraufbeschworenen Krise werden die Staats- und Regierungschefs der EU am Donnerstagmittag ein Sondertreffen abhalten, bevor am Nachmittag der Gipfel mit der Afrikanischen Union beginnt. Die EU-Mitglieder haben Russland einen "hohen Preis und massive Konsequenzen" angedroht, falls die territoriale Integrität der Ukraine verletzt werden sollte. Die EU-Kommission bereitet deswegen ein Sanktionspaket vor.

In Brüssel nannte Verteidigungsministerin Christine Lambrecht (SPD) die Lage an der Grenze zur Ukraine "weiter besorgniserregend", sprach aber auch von Signalen, "die uns zumindest hoffnungsvoll stimmen". Den Worten müssten nun Taten folgen. Wie Stoltenberg wollte auch sie nicht die Angaben Bidens kommentieren, wonach Russland mittlerweile die Ukraine mit "mehr als 150 000 Soldaten" von Russland und Belarus aus umschlossen habe. Biden betonte erneut, dass weder die USA noch die Nato Raketen in der Ukraine stationiert hätten und es dafür auch keine Pläne gäbe. Den Russinnen und Russen rief er zu: "Ihr seid nicht unsere Feinde."

In einer Debatte des Europaparlaments in Straßburg schlug EU-Ratspräsident Charles Michel vor, eine internationale Geberkonferenz für die Ukraine abzuhalten. Die bisherigen EU-Hilfen von 1,2 Milliarden Euro reichten nicht aus, um die "finanzielle Robustheit" der Ukraine und Reformen zu unterstützen. EU-Kommissionschefin Ursula von der Leyen versicherte, dass Europas Energieversorgung gesichert sei.

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