Nahles: Kritik an Saar-Entscheidung:"Lafontaine ist Steigbügelhalter für Jamaika"

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Für das Scheitern einer rot-rot-grünen Regierungsbildung im Saarland macht SPD-Vizechefin Nahles vor allem einen verantwortlich: Linken-Chef Lafontaine. Doch selbst Politiker, die sich über Schwarz-Gelb-Grün an der Saar freuen, wollen diese Konstellation nicht im Bund sehen.

Nach dem Scheitern einer rot-rot-grünen Regierungsbildung im Saarland übt die SPD im Bund scharfe Kritik an Lafontaine und den Grünen. "Absicht oder nicht: Lafontaine agiert als Steigbügelhalter für einen abgehalfterten Ministerpräsidenten", sagte die stellvertretende SPD-Chefin und designierte Generalsekretärin Andrea Nahles der Berliner Zeitung.

SPD-Vizechefin Andrea Nahles stärkt dem saarländischen SPD-Chef Heiko Maas den Rücken. (Foto: Foto: dpa)

Die Delegierten eines Grünen-Parteitages hatten am Sonntag in Saarlouis mit großer Mehrheit für ein Bündnis mit CDU und FDP votiert. Damit folgten sie einer Empfehlung ihres Landeschefs Hubert Ulrich, der zuvor von einem schwierigen Verhältnis zur Linkspartei und dessen Vorsitzenden Oskar Lafontaine gesprochen hatte.

Ulrich bezeichnete Lafontaine als einen "der Väter dieser Jamaika-Koalition", weil er angekündigt hatte, sich im Saarland im Falle eines rot-rot-grünen Bündnisses verstärkt zu engagieren.

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Nahles griff jedoch auch Ulrich an. Der Landesgrünen-Chef sei für seinen Schwenk zu CDU und FDP offenbar um keine Ausrede verlegen. Ulrich hatte im Wahlkampf wiederholt angedeutet, er würde lieber den saarländischen SPD-Chef Heiko Maas zum Regierungschef wählen als seinen Kontrahenten von der CDU, Peter Müller.

Nahles stärkte Maas den Rücken. Dieser bleibe zu Müller die einzige echte Alternative. "Sein klarer und kompetenter Kurs wird sich auszahlen, auch wenn dieser Schlag weh tut", sagte Nahles.

Ole von Beust erfreut

SPD-Landeschef Heiko Maas warf dem Grünen-Vorsitzenden Ulrich am Sonntag vor, mit den "Wendehälsen der CDU und der FDP einen Pakt gegen die strukturelle Mehrheit der Wähler geschmiedet" zu haben. Linkspartei-Chef Oskar Lafontaine sprach von Wählertäuschung.

Positiv wurde die Entscheidung der Saar-Grünen bei der Hamburger CDU aufgenommen. Der Bürgermeister der Hansestadt, Ole von Beust (CDU), sieht schwarz-grüne Bündnisse nun auf dem Weg zur politischen Normalität.

"Die CDU in Hamburg hat nur gute Erfahrungen mit den Grünen gemacht", sagte von Beust dem Hamburger Abendblatt. "Mich freut, dass auch andere Länder diesen Weg jetzt einschlagen und wir in Hamburg damit keine Ausnahmeerscheinung mehr sind." In Hamburg regiert seit 2008 ein Bündnis aus CDU und Grünen.

Politiker in Berlin wollen hingegen in der saarländischen Entscheidung kein Signal für die Bundespolitik sehen. "Da sehe ich zur Zeit eher etwas anderes", sagte der Grünen-Fraktionsvorsitzende Jürgen Trittin am Sonntagabend in den ARD-"Tagesthemen". "CDU und FDP gehen daran, den Atommüll zu vermehren."

Hinzu kämen aus Grünen-Sicht negative Signale aus den Berliner Koalitionsverhandlungen zwischen Union und FDP zum Kündigungsschutz und den Minijobs. "Das ist kein Koalitionsangebot, sondern eine Kampfansage an die Grünen", so Trittin.

Spezialfall Saarland

Die Entscheidung der Grünen im Saarland sieht Trittin als Spezialfall: "Sie haben für das Saarland entschieden und nur für das Saarland", sagte er weiter. Eine Rolle habe auch das Verhalten von Linkspartei-Chef Oskar Lafontaine gespielt, der in seiner Heimat Saarland Wahlkampf gegen die Grünen gemacht habe.

Auch die Grünen-Bundesvorsitzenden Claudia Roth und Cem Özdemir erklärten, es handele sich nicht um ein Signal für die Bundesebene. Experimente könnten auch schiefgehen, sagte Özdemir in der ARD. Özdemir verwies auch auf den hohen Preis, den Union und Freidemokraten in den Sondierungsgesprächen hätten zahlen müssen: "Das hat mit CDU- und FDP-Politik nicht viel gemeinsam." Auch wenn es in der Parteispitze keine Begeisterung für "Jamaika" gegeben hätte, seien die Auswirkungen auf den Bundesrat aus grüner Sicht positiv: "Das Saarland gehört nicht mehr zum schwarz-gelben Block", sagte Özdemir.

"Für die Bundesebene ist 'Jamaika' keine Alternative", äußerte auch CDU-Generalsekretär Ronald Pofalla. Dennoch sollte sie jetzt im Saarland erprobt werden, sagte er in der ARD.

FDP-Generalsekretär Dirk Niebel sagte dem Tagesspiegel: "Wenn die Grünen jetzt im Saarland anders als vergangenes Jahr in Hessen erkennen, dass die Linke unfähig zur Zusammenarbeit ist, dann gehen sie in die richtige Richtung."

© sueddeutsche.de/dpa/Reuters/gal/jab - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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