Matteo Renzi:"Wir müssen niemandem vorspielen, dass wir eine Einheit sind"

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Renzi verstimmt: " Wenn sich Deutschland und Frankreich gut verstehen, freut mich das für sie." (Foto: dpa)
  • Italiens Premier Matteo Renzi kritisiert die Ergebnisse des EU-Gipfels harsch.
  • Statt einer gemeinsamen Pressekonferenz mit Merkel und Hollande wählt Renzi den Solo-Auftritt - und spart nicht mit offenen Worten.
  • 27 EU-Staaten haben zuvor die "Agenda von Bratislava" beschlossen.

Eine engere Zusammenarbeit. Für diese sollte der EU-Gipfel in Bratislava der Startschuss sein. Angela Merkel zeigte im Anschluss Optimismus, sprach vom "Geist der Zusammenarbeit". Das sah Italiens Premier anders. Matteo Renzi zeigte seine Enttäuschung nach dem Ende der Gespräche öffentlich und überraschend explizit. Man solle jetzt nicht so tun, "als wären wir uns alle einig", erklärte Renzi auf einer Pressekonferenz. Und hielt diese konsequenterweise auch allein ab - und nicht, wie zu erwarten gewesen wäre, gemeinsam mit Merkel und dem französischen Präsidenten François Hollande. Diese traten gemeinsam vor die Presse, demonstrierten bewusst Einigkeit.

"Ein Schritt vorwärts. Aber ein kleiner. Zu wenig"

Renzi hingegen wählte den Solo-Auftritt und sagte: "Ich kann keine gemeinsame Pressekonferenz halten, wenn ich mit den Beschlüssen zu Wirtschaft und Immigration nicht einverstanden bin." Und er folgerte: "Italien ist mit dem Format nicht zufrieden. Wenn sich Deutschland und Frankreich gut verstehen, freut mich das für sie. Aber wir müssen niemandem vorspielen, dass wir eine Einheit sind."

Auch per Twitter wählte er klare Worte: "Ein Schritt vorwärts, aber ein kleiner, sehr kleiner. Zu wenig. Wenn Europa seine Wirtschafts- und Einwanderungspolitik nicht ändert, riskiert es viel."

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Vergangenen Monat zeigten sich die Staats- und Regierungschefs von Deutschland, Frankreich und Italien noch besonders einig. Auf einem Flugzeugträger vor der Insel trafen sich Merkel, Hollande und Renzi, um sich für den Gipfel abzustimmen. Es galt eine gemeinsame Linie nach dem Brexit-Schock zu finden.

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EU-Staaten einigten sich auf "Agenda von Bratislava"

In Bratislava passierte dann am Freitag zumindest ein bisschen: Die 27 verbleibenden EU-Staaten einigten sich ohne Großbritannien auf die "Agenda von Bratislava" - ein Arbeitsprogramm für die nächsten Monate. Die EU muss für die Bürger einen Mehrwert haben, hieß es immer wieder. Die Stimmung sei konstruktiv. Merkel betonte: "Die Wählerinnen und Wähler erwarten von uns Resultate." Konkret verabredeten die 27 eine Reihe von Projekten: Die Außengrenzen der EU sollen besser geschützt werden, um illegale Zuwanderung zu kontrollieren und zu bremsen. Der Flüchtlingspakt mit der Türkei soll umgesetzt werden. Oberste Ziele sind mehr innere und äußere Sicherheit und neue Jobs.

Das war Matteo Renzi offensichtlich zu wenig. Und auch Ungarns Premier Viktor Orbán nannte den Gipfel einen Misserfolg. Es sei schließlich nicht gelungen, die Einwanderungspolitik Brüssels zu ändern. Das allerdings hatte niemand erwartet.

© SZ.de/dpa/afp/lalse - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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