Maas in der Defensive:Justizministerium entschuldigt sich

Führerschein weg statt Geldstrafe - Heiko Maas

Bundesjustizminister Heiko Maas (SPD) hat die Maßnahmen der Ermittler am Mittwoch als "wichtiges Zeichen gegen die rechtsextremistische Szene in Deutschland" gewürdigt.

(Foto: Michael Kappeler/dpa)

Das vertrauliche Bundestagsprotokoll einer Sitzung zur "Netzpolitik"-Affäre wurde weitergegeben. "Versehentlich", sagt das Ressort.

Von Robert Roßmann, Berlin

Es gibt nicht viele Sitzungen des Rechtsausschusses, die so interessant sind wie die vom 19. August 2015. An diesem Tag hatte Ausschuss-Chefin Renate Künast Bundesjustizminister Heiko Maas (SPD) und den früheren Generalbundesanwalt Harald Range geladen, um sie zu der Affäre um die Blogger von netzpolitik.org zu befragen. Es ging um einen Widerspruch, der damals das politische Berlin gewaltig beschäftigte. Range hatte behauptet, vom Justizministerium die Weisung erhalten zu haben, die Ermittlungen wegen des Verdachts auf Landesverrat gegen die Blogger einzustellen. Maas hatte dieser Darstellung vehement widersprochen - und Range in den Ruhestand versetzen lassen. In der Sitzung des Rechtsausschusses des Bundestages wurden beide zu dem Dissens befragt. Das Treffen war nicht-öffentlich, das galt auch für das Protokoll.

Das alles muss man wissen, um zu verstehen, warum die überraschende Veröffentlichung des Protokolls dieser Sitzung in der Hauptstadt jetzt Wirbel verursacht. Denn das vertrauliche Dokument erschien Ende August bei netzpolitik.org - und bekommen hatten die Blogger es ausgerechnet vom Justizministerium. Ausschuss-Chefin Künast beschwerte sich deshalb schriftlich beim Bundestagspräsidenten über Maas. "Obwohl ich persönlich die Öffentlichkeit von Ausschusssitzungen auch in diesem Punkt begrüße, ist es doch richtig, dass die Entscheidung über den Umgang mit dem Protokoll einer nicht-öffentlichen Sitzung dem Deutschen Bundestag zusteht. Über nicht-öffentliche Dokumente eines anderen Verfassungsorgans kann nicht eigenmächtig verfügt werden", heißt es in dem Schreiben. Lammert solle die Regierung deshalb auffordern, "ein solches Vorgehen künftig zu unterlassen". Die Unionsfraktion verurteilte das Vorgehen des Justizministeriums sogar als "Ungeheuerlichkeit" und "klaren Verstoß" gegen die Geschäftsordnung des Bundestags.

Dermaßen in die Defensive geraten, sah sich das Justizministerium jetzt gezwungen, sich zu entschuldigen. Eine Sprecherin von Maas sagte der SZ, die Herausgabe des Protokolls an die Blogger sei "ein Versehen" gewesen. Im Ministerium habe man übersehen, dass es als nicht-öffentlich eingestuft gewesen sei. Gleichzeitig versuchte das Ministerium, den Eindruck einer Kumpanei zwischen Maas und netzpolitik.org zu zerstreuen. Das Ministerium ließ verlauten, es hätten zwei Journalisten bei ihm nach dem Protokoll gefragt, man habe es beiden zukommen lassen, einer der Journalisten sei von netzpolitik.org gewesen. Das zeige, dass es hier keine Kumpanei gegeben habe. Ob diese Erklärung die Wogen glätten wird, war am Dienstag allerdings noch unklar.

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