Verschärfung des Lobbyregisters:Mehr Durchblick - in Grenzen

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Hinterlassen Eindruck: Bei einer Aktion von Lobby Control sind die Namen großer Konzerne auf riesigen Fußabdrücken auf der Reichstagswiese zu sehen. (Foto: Jörg Carstensen/DPA)

Wer wirkt mit wieviel Geld auf ein Gesetz der Bundesregierung ein? Das soll mit einem strengeren Lobbyregister klarer werden. Doch die Ampelfraktionen haben einige Punkte aufgeweicht.

Von Georg Ismar, Berlin

Ein Gesetz kann schnell Milliardenauswirkungen haben, das hat das Ringen um Wärmepumpen statt Gas- und Ölheizungen gezeigt. Der Umbau Deutschlands zu einer klimafreundlicheren Energie- und Wärmeversorgung ist daher auch ein Tummelplatz für Lobbyisten aller Couleur. "Rund 6000 Lobbyisten investieren ein Volumen von 800 Millionen Euro pro Jahr in politischen Lobbyismus", sagt der SPD-Abgeordnete Johannes Fechner der Süddeutschen Zeitung. "Deswegen müssen wir das Lobbyregister verschärfen, damit die Bürger maximale Transparenz bekommen, wer versucht hat, Einfluss auf ein Gesetz zu nehmen".

Nachdem nun beim Heizungsgesetz eine Grundsatzeinigung steht, lösen sich auch andere Bremsen. Größere, wie beim Fachkräfteeinwanderungsgesetz. Und kleinere, wie beim Lobbyregister, an dem Fechner mitgewirkt hat. An diesem Freitag ist die erste Lesung im Bundestag geplant - aber es fällt auf, dass der Kabinettsbeschluss in den finalen Beratungen der Ampelfraktionen an einigen Stellen aufgeweicht worden ist.

Es wird transparenter, aber nicht auf allen Ebenen

An einer wichtigen Stelle auf Wunsch der FDP, wie zu hören ist: So sollen Kontakte von Lobbyisten im Gesetzesprozess nur bis runter zur Ebene der Referatsleitungen einbezogen werden - nicht aber wie zunächst vom Kabinett beschlossen, noch weiter runter bis zur Referentenebene.

Dadurch bleibt im Dunkeln, was hier schon an Hinweisen von außen einfließt, sofern die Referenten dies dem Referatsleiter nicht anzeigen. Allerdings muss künftig konkreter als bisher angegeben werden, auf welches Gesetzes- oder Verordnungsvorhaben sich der Lobbykontakt bezieht. "Wichtig ist auch, dass die Finanzquellen offen gelegt sind, wer hinter der Lobby steht", betont Fechner.

Bisher erfährt man zum Beispiel nur, dass der Bundesverband Wärmepumpe im Geschäftsjahr 2021 rund 300 000 Euro für die Interessensvertretung aufgewandt hat. Das Lobbyregister ist seit 2022 auf der Internetseite des Bundestags einsehbar. Lobbyisten müssen sich dort eintragen und Angaben über Auftraggeber, Themenschwerpunkte und ihre Finanzausgaben machen. Bei Verstößen droht ein Bußgeld von bis zu 50 000 Euro.

Künftig sollen die Angaben detaillierter werden - zu den Einnahmen, zur Höhe öffentlicher Zuwendungen, zu Schenkungen und zur Höhe der Mitgliedsbeiträge. "Damit soll, wie im EU-Transparenzregister, auf einen Blick erkennbar werden, aus welchen Quellen sich die Interessenvertreterin oder der Interessenvertreter finanziert", heißt es im Gesetzentwurf. Mit der Reform wird zudem ein Schlupfloch geschlossen: Bisher sind Einflüsse vielfach verschleiert worden, indem Agenturen eingeschaltet wurden, um Regierung und und Abgeordnete zu bearbeiten. "Zukünftig können Lobbyorganisationen nicht mehr eine Reihe von Agenturen beauftragen, um die Angabenpflicht zu umgehen", so Fechner.

Ausnahmen für Kirchen und Gewerkschaften

Einige Aufweichungen betreffen Organisationen wie Greenpeace, LobbyControl, die Umwelthilfe oder den WWF, die ebenfalls erheblichen Einfluss ausüben können. Sie finanzieren sich vor allem über Spenden, dürfen aber anders als ursprünglich geplant in einer Übergangsphase Spender anonymisiert angeben - und müssen Schenkungen nur offenlegen, wenn sie mehr als zehn Prozent der Gesamtschenkungssumme in einem Geschäftsjahr ausmachen. In der Unions-Fraktion wird daher moniert, "Finanzströme links-grüner Vorfeldorganisationen und NGOs" würden so verschleiert.

Zudem würden Lobbyisten gegenüber Parteien privilegiert, heißt es aus der Union. Wenn Parteien ihre Spenden ab einem Betrag über 10 000 Euro offenlegen müssen, dann müsse dies erst recht auch für Lobbyisten gelten.

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Viele Organisationen würden aber einen großen Spendenrückgang befürchten, wenn sie Spender offenlegen müssten, "und sehen hierdurch Hilfs- und Unterstützungsleistungen im In- und Ausland gefährdet", heißt es im jetzigen Entwurf dazu. Daher sollen vor allem Ausnahmen für Privatspenden an gemeinnützige und mildtätige Organisationen greifen. Zudem gibt es keine Offenlegungspflichten für kirchliche Gruppen und - dem Vernehmen nach auf Wunsch der SPD - auch keine für Gewerkschaften. Ein Grund könnte sein, dass eine volle Transparenz der gewerkschaftlichen Finanzen Arbeitgebern verraten könnte, wie voll die Streikkasse ist. Der Eintrag ins Register bleibt für Kirchen und Gewerkschaften freiwillig.

Timo Lange, Sprecher von LobbyControl, gewinnt dem Entwurf dennoch Gutes ab: Er schließe viele Lücken. Insbesondere freut den Aktivisten, dass Interessenvertretungen nun klar benennen müssen, "welche Gesetze sie beeinflussen wollen und dass finanzielle Angaben nicht mehr verweigert werden können". Damit werde Deutschlands Lobbyregister im internationalen Vergleich nun deutlich schärfer.

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