Napoleon Bonaparte (1769-1821), Kaiser der Franzosen, im Krönungsornat. Stich von W. Holl nach einem Gemälde von Francois Gerard.
(Foto: Süddeutsche Zeitung Photo)Die Rachegelüste der preußischen Generäle nach dem zweiten Sieg über Napoleon bei Waterloo - der sensible Gneisenau hätte am liebsten die Brücken von Paris gesprengt - konnten noch abgewehrt werden.
Zwischen 1814 und 1919 vollzog sich der Aufstieg von Nationalismus, Massenpresse und Demokratie. Auch das Umfeld der Außenpolitik demokratisierte sich. Im 20. Jahrhundert hat es in Europa keine großen Friedensschlüsse mehr gegeben, nachdem Zerstörung und Hass die Zivilbevölkerungen in nie gekanntem Ausmaß erreicht hatten.
Das 1945 bedingungslos besiegte Deutschland schied zunächst als Akteur aus, sodass Teilregelungen und der neue Konflikt des Kalten Kriegs das unlösbare Problem eines europäischen Friedens stillstellten.
Auch nach 1945 flossen viele Reparationsleistungen aus dem besetzten Deutschland ab, vor allem aus dem Osten, doch der Anspruch einer umfassenden Wiedergutmachung wurde mit guten Gründen nicht erhoben. Grenzverschiebungen und Umsiedlungen fanden ohne Zustimmung der besiegten Macht statt.
Völker müssen sich versöhnen
An die Stelle von Friedensschlüssen traten provisorische Regelungen, die sich in eine neue übernationale Ordnung einfügten, deren Grundriss sich sogar übers Ende des Kalten Kriegs und die Wiedervereinigung Deutschlands hinaus halten konnte. Voraussetzung der nachhaltigen Beruhigung war, dass sich im Schatten der friedensvertragslosen Weltordnung während der Blockkonfrontation etwas Neuartiges abgespielt hatte, nämlich Versöhnungen.
Denn die Versöhnung der Völker musste im Zeitalter von Demokratie und Nationalstaat das diplomatische Instruments des Friedensvertrags ersetzen. Völker müssen sich versöhnen, während Könige mit Verträgen vorlieb nehmen konnten, gern besiegelt mit einer Eheschließung.
Und so fanden schon im Kalten Krieg Versöhnungen Deutschlands mit den beiden Nachbarnationen statt, die am meisten unter den Deutschen gelitten hatten, mit Frankreich und mit Polen.
Wie aber gelang dies? Natürlich durch viele kleinteilige Regelungen, vor allem mit Frankreich, durch Jugendwerke, Regierungstreffen, Handel, Verkehr, durch die europäische Integration; im Falle Polens durch Ostpolitik, Verzicht auf alte Rechnungen, Nichtangriffsversprechen, 1990 dann eine definitive Grenzregelung, keine Selbstverständlichkeit nach der Westverschiebung Polens.