Sachsen:Kretschmer für pragmatischen Umgang mit der AfD

Lesezeit: 2 min

Sachsens Ministerpräsident Michael Kretschmer ist gegen die Abgabe von Marschflugkörpern an die Ukraine. (Foto: Robert Michael/dpa)

Sachsens Ministerpräsident glaubt, dass eine "lupenreine Trennung" zur AfD auf kommunaler Ebene nicht durchzuhalten ist. Allerdings müsse jedem klar sein, was der Wesenskern der Partei sei. CDU-Chef Merz verweigert sich unterdessen der Spekulation über Koalitionspartner oder Kanzlerkandidaten.

Sachsens Ministerpräsident Michael Kretschmer plädiert im Interview mit der Frankfurter Allgemeinen Zeitung in der Debatte über eine etwaige Kooperation von CDU und AfD in Kommunen für einen "pragmatischen Umgang" mit der Partei. Es reiche bei Sachentscheidungen in Städten und Gemeinden nicht zu sagen "Wir sind dagegen, weil die AfD dafür ist". Deshalb sei eine "lupenreine Trennung" zur AfD nicht durchzuhalten.

Zugleich müsse allen Beteiligten immer klar sein: "Die Frau oder der Mann, die dort für die AfD sitzen, mögen sie noch so angesehene Handwerker oder bekannt in einem Ort sein, sind Mitglieder einer Partei, die mit diesem Land Schlimmes vorhat." Kretschmer beklagte, vielen Wählern sei der wahre Kern der AfD offenbar nicht bewusst. Daher dürfe man es sich nicht zu leicht machen mit Ausgrenzung und Brandmauern, sondern müsse erläutern, was drohe, wenn die AfD an die Macht kommen sollte.

Kretschmer unterstützte die Positionen der Präsidenten des Städte- und Gemeindebunds sowie des Landkreistags, dass demokratische Entscheidungen der Wähler zu akzeptieren seien. Wer als Bürgermeister oder Landrat eine Schulsanierung oder einen Kindergartenbau vorschlage, werde dafür wahrscheinlich eine Mehrheit bekommen. Das aber sei keine Kooperation, sondern "Sachpolitik im Sinne der Bürger".

"AfD keine normale demokratische Partei"

Dem Online-Portal der Sächsischen Zeitung in Dresden sagte Kretschmer, er wiederhole seit seinem Amtsantritt als Regierungschef im Herbst 2017 immer wieder, dass er nicht mit der AfD zusammenarbeiten wolle. Die Parteitagsbeschlüsse der Bundes-CDU seien "eindeutig in der Sache". Die Menschen müssten aber auch nachvollziehen können, "warum wir als CDU keine Zusammenarbeit mit der AfD wollen".

Ein Fehler in der Debatte zum Umgang mit der AfD sei es immer wieder, mit Verkürzungen zu arbeiten, kritisierte Kretschmer. Die AfD sei in Gemeinde- und Kreisräte sowie Landesparlamente "gewählt wie jede andere Partei" und Gemeinderäte nach der sächsischen Gemeindeordnung Teil der Verwaltung. "Wir müssen aus dem Umgang mit der NPD lernen und dürfen keine Märtyrer erzeugen, mit denen angeblich niemand sprechen will, um drängende lokale Probleme wie etwa den Bau eines Kindergartens zu lösen."

Darüber stehe aber der Wesenskern der Partei, der sich in Parteiprogrammen, Beschlüssen und der Auswahl der Führungsspitze ausdrücke, sagte Kretschmer. Hier gebe es eine eindeutige Radikalisierung, die Sorge bereite. Deshalb sei eine Zusammenarbeit falsch. "Die AfD ist eben gerade keine normale demokratische Partei. Sie ist im Gegenteil eine radikal populistische Partei, die die vielen Werte unseres anständigen Zusammenlebens missachtet." In der AfD hätten die rechtsextremen Kräfte immer mehr Auftrieb bekommen. "Es muss jedem klar sein, was der Wesenskern dieser Truppe ist."

Merz gegen Koalitionsspekulationen

CDU-Chef Friedrich Merz, der jüngst mit Äußerungen über den Umgang seiner Partei mit der AfD heftige Diskussionen ausgelöst hat, warnt unterdessen vor Spekulationen über mögliche Koalitionen der CDU, sollte sie wieder in Regierungsverantwortung kommen. "Die inhaltliche Erneuerung der CDU kommt gut voran", sagte er der Deutschen Presse-Agentur in Berlin. "Das sind die entscheidenden Aufgaben, die wir heute haben. Nicht Spekulationen über Koalitionen oder gar Personaldebatten."

"Wir machen uns über Koalitionen ehrlich gesagt zurzeit keine Gedanken. Es geht jetzt darum, dass wir CDU pur formulieren", sagte Merz, der auch Vorsitzender der Unionsfraktion im Bundestag ist. Die CDU wolle ihr Wählerpotenzial ausschöpfen. "Das geht nur, wenn wir nicht nach rechts oder links schielen, sondern geradeaus schauen und die eigenen Positionen klären. Da sind wir auf einem guten Weg."

Zur Frage der Kanzlerkandidatur der Union unterstrich Merz, er und CSU-Chef Markus Söder hätten verabredet, dass man im Spätsommer 2024 einen gemeinsamen Vorschlag machen werde. Auf die Frage, ob das Thema vor oder nach den Landtagswahlen im Herbst 2024 geklärt werden solle, sagte Merz: "Das werden wir in Ruhe besprechen, wann und wie wir das genau machen. Der Zeitraum ist eingegrenzt: Spätsommer 2024."

© SZ/dpa/mt - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

SZ PlusCDU
:Aufregung im Sommerloch

CDU-Chef Merz hat mit seinen Worten zur AfD viel Ärger ausgelöst. In seiner Heimat Nordrhein-Westfalen und in Hessen, wo bald Wahl ist, versuchen Parteifreunde, die Fassung zu bewahren. Doch dahinter lauert eine große Frage.

Von Tim Frehler und Gianna Niewel

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: