Kommunistische Wahlkampfhilfe:Castro-Nichte setzt sich für Obama ein

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Fidel Castros Nichte ist auf heikler Mission in den USA: Mariela Castro kämpft für die Rechte von Homosexuellen - und stärkt damit Präsident Obama den Rücken. Bei Republikanern und radikalen Exil-Kubanern hingegen löst die Sexologin Entsetzen aus.

Peter Burghardt

Wenn es um die Familie Castro aus Kuba geht, dann wird es aufregend in den USA. Wenn obendrein von Schwulen und Lesben die Rede ist und sogar von Barack Obama, dann noch mehr. Gerade tourt Mariela Castro durch die Vereinigten Staaten, die Tochter des kubanischen Staatschefs Raúl Castro. In San Francisco nahm sie an einer Tagung teil und verteidigte die Gleichstellung Homosexueller, die ja nun auch US-Präsident Obama unterstützt. "Ich würde Obama zum Präsidenten wählen", empfahl Frau Castro aus Havanna.

Mariela Castro ist die Nichte des kubanischen Revolutionsführers, als Sexologin setzt sie sich für die Rechte von Homosexuellen ein. (Foto: AFP)

Das State Department hatte ihr ein Visum erteilt, am Dienstag sollte sie noch in New York auftreten. Republikaner und radikale Exilkubaner, die überwiegend in Florida wohnen, sind entsetzt. Der Besuch "einer Gesandten eines kommunistischen Regimes" sei eine Ohrfeige und beleidigend, ließ der designierte republikanische Präsidentschaftsbewerber Mitt Romney ausrichten. Andere dagegen finden an dieser Mission Gefallen.

Mariela Castro ist Sexologin und das Gesicht einer Bewegung, die mit Tabus auf der Insel bricht. Als sie vor 50 Jahren geboren wurde, drei Jahre nach der Revolution von 1959, war es um sexuelle Freiheit in Kuba schlecht bestellt. Die Rebellen um ihren Onkel Fidel Castro schickten Schwule und Lesben später in Arbeitslager.

Die KP-Führung hielt sie für so verirrt und unbrauchbar wie Priester und Dissidenten. Der Bann traf auch Künstler wie den homosexuellen Schriftsteller und Regierungskritiker Reinaldo Arenas, dessen Schicksal das Buch und der Film "Bevor es Nacht wird" erzählen. Es war die Zeit des Machismus-Leninismus. "Ein schwerer Fehler", meint Mariela Castro. Im Gegensatz zu anderen Castros gibt sie gelegentlich Interviews und nutzt Twitter und Facebook.

Seit 1990 leitet die Pädagogin das Nationale Zentrum für sexuelle Aufklärung, kurz Cenesex. Mariela Castro trat das Erbe einer Deutschen an, der Cenesex-Gründerin und vormaligen Direktorin Monika Krause, bekannt als "Königin des Kondoms". Mariela Castro förderte die Vorsorge und Behandlung von Aids. Kuba hat beim Umgang mit dieser und anderen Krankheiten eine gute Bilanz vorzuweisen.

Castro unterstützte Schwule, Lesben, Transvestiten und Transsexuelle und trieb die Debatte über Ehen und Adoptionsrecht gleichgeschlechtlicher Partner voran. Seit 2008 fördert das Gesundheitsministerium kostenlose Geschlechtsumwandlungen, und die Straßen von Havanna erleben Umzüge mit Regenbogenfahnen wie beim Christopher Street Day. Kürzlich führte Castro den Marsch gegen die Homophobie an und verlangte, dass "sexuelle Rechte in der internationalen Gesetzgebung als Menschenrechte betrachtet werden sollen".

Nicht überall in Familie und KP stößt solche Freizügigkeit auf Gegenliebe. Ihre inzwischen verstorbene Mutter Vilma Espín war auf ihrer Seite, aber auch Vater Raúl scheint sich langsam mit solchen Reformen anzufreunden. Fidel Castro ist möglicherweise weniger begeistert von den Vorstößen seiner Nichte, während Oppositionelle wie die Bloggerin Yoani Sánchez mehr Einsatz für weitergehende Freiheiten fordern.

In den USA schimpft Mariela Castro auf "die Mafia in Miami" und das US-Embargo. Kuba und die USA hätten viel gemeinsam. "Antiamerikanische Propaganda", wettert Floridas Gouverneur Marco Rubio und nennt Frau Castro "Arm des Regimes". Das Visum sei eine Schande. Wobei die Besucherin Castro 2002 schon mal einreisen durfte. Damals regierte in Washington George W. Bush.

© SZ vom 31.05.2012 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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