Mainz:Bislang wenig Straßen mit Frauennamen

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Mainz/Ludwigshafen (dpa/lrs) - Selbst in Zeiten des fleißigen Genderns herrscht noch nicht überall Gleichberechtigung zwischen den Geschlechtern - so bei den Namen von Straßen und Plätzen. Auch in rheinland-pfälzischen Städten wurden bei der Vergabe lange Zeit kaum Frauen bedacht. Doch das Bewusstsein ändert sich; Mainz, Ludwigshafen und Kaiserslautern beispielsweise arbeiten an mehr Frauennamen im Straßenbild. Das macht sich auch in Neubaugebieten bemerkbar.

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Mainz/Ludwigshafen (dpa/lrs) - Selbst in Zeiten des fleißigen Genderns herrscht noch nicht überall Gleichberechtigung zwischen den Geschlechtern - so bei den Namen von Straßen und Plätzen. Auch in rheinland-pfälzischen Städten wurden bei der Vergabe lange Zeit kaum Frauen bedacht. Doch das Bewusstsein ändert sich; Mainz, Ludwigshafen und Kaiserslautern beispielsweise arbeiten an mehr Frauennamen im Straßenbild. Das macht sich auch in Neubaugebieten bemerkbar.

Das Frauenbüro der Landeshauptstadt hat gerade eine Neuauflage ihres Leitfadens zur Benennung von Straßen nach weiblichen Persönlichkeiten herausgebracht - mit dem Titel „Vergessene Frauen“. Nachzulesen sind darin auch frische Zahlen zum Geschlechterverhältnis zwischen Marienborn und Rheinufer. Demnach ist in Mainz zwar der Anteil der nach Frauen benannten Straßen in den vergangenen Jahren insgesamt leicht gestiegen, dennoch tragen nur fünf Prozent den Namen einer weiblichen Persönlichkeit - 1994 bei der ersten Statistik waren es lediglich 2,4 Prozent gewesen, 2014 dann vier Prozent. Bei den nach Personen benannten Straßen liegt die Quote derzeit bei zwölf Prozent.

In den Mainzer Stadtteilen Drais und Lerchenberg hat es dem Frauenbüro zufolge bis heute keine Frau auf ein Straßenschild geschafft. Auch auf dem Uni-Campus ging es bis 2010 „frauenlos“ zu, bis dort der Hahn-Meitner-Weg entstand, der neben dem Chemiker Otto Hahn auch an die Physikerin Lise Meitner (1878-1968) erinnert.

Die Leistung von Frauen sei lange Zeit unter Wert verkauft worden, sagt Annette Trabold, Leiterin der Öffentlichkeitsarbeit beim Leibniz-Institut für Deutsche Sprache in Mannheim. Erst in den vergangenen 20 bis 30 Jahren habe sich das Bewusstsein geändert. „Wir sind noch nicht so fortschrittlich, wie wir glauben.“ Dabei gebe es genug Frauen, die Großes geleistet hätten und sich für Straßen- oder Platznamen eigneten.

Dass es bei der Würdigung besonderer Leistungen noch immer nicht komplett gerecht zugehe, zeigten Begriffe wie Stadtväter oder „Väter des Grundgesetzes“, sagt Trabold. Letzterer verkenne etwa, dass sehr wohl auch Frauen am Gesetzeswerk mitgearbeitet haben. Auch bei den vielgefeierten 100 Jahren Bauhaus sei vor allem von Männern die Rede.

Noch geringer als in Mainz ist die Quote an Straßen mit Frauennamen in Ludwigshafen. Hier tragen laut Kommune von rund 430 nach Personen benannten Straßen etwa zehn Prozent Frauennamen. „Das ist bei einer Industriestadt des 19. Jahrhunderts nicht verwunderlich“, teilte Stadtsprecherin Simone Müller mit. Das 19. Jahrhundert sei vermutlich das gewesen, in dem Frauen in der Öffentlichkeit am wenigsten präsent gewesen seien, schon gar nicht in der Industrie. Ludwigshafen habe darauf reagiert, etwa indem in einem großen Neubaugebiet 15 von 18 Straßen nach Frauen benannt worden seien. „Die Stadt wird auch zukünftig darauf achten, dass in Neubaugebieten der Anteil von Straßen, die nach Frauen benannt werden, deutlich erhöht wird.“

Auf der anderen Rheinseite, im baden-württembergischen Mannheim, starteten die Grünen im Gemeinderat kürzlich eine Initiative gegen die „männerlastige“ Benennung von Straßen. Sie wollen zum Beispiel der Autopionierin Bertha Benz eine Straße widmen, in einem neuen Stadtteil ist vorgesehen, eine Straße nach der 2017 gestorbenen Sängerin Joy Fleming zu benennen. Grundsätzlich sollen aus Sicht der Mannheimer Grünen so lange weibliche Straßennamen verwendet werden, bis sie mit männlichen gleichziehen.

Kaiserslautern hat sich ebenfalls auf die Fahnen geschrieben, den Anteil der Straßen mit Frauennamen zu erhöhen. „Diesem im städtischen Gleichstellungsaktionsplan formulierten Ziel ist man nun ein Stück weit näher gekommen“, teilte die Verwaltung mit. 17 Frauennamen seien in eine Vorschlagsliste für Straßennamen des Referats Stadtentwicklung aufgenommen worden.

Dabei handele es sich ausnahmslos um Frauen, die sich in irgendeiner Form um die Stadt verdient gemacht oder einen Bezug zu Kaiserslautern hätten. Ein Beispiel ist die hier geborene Schriftstellerin Marliese Fuhrmann (1934-2015). Aktuell gibt es in der westpfälzischen Stadt 964 Bezeichnungen für Straßen, Wege und Plätze. Davon haben laut Kommune 26 Frauen- und 243 Männernamen. Gleich drei nach Frauen benannte Straßen kamen zuletzt auf dem ehemaligen Pfaff-Areal dazu.

Weiter nördlich in Koblenz gibt es nach Angaben eines Stadtsprechers ein Votum des Stadtrates, dass bei künftigen Benennungen verstärkt Frauen auszuwählen sind. Aktuell ist das Verhältnis auch hier ziemlich ungleich: Nach den jüngsten Zahlen von Ende März dieses Jahres waren in der Rhein-Mosel-Stadt 306 Straßen nach Männern und 44 nach Frauen benannt.

In Mainz hatten nach Stadtangaben der Kultur- und der Frauenausschuss beschlossen, dass die Straßen mit den Namen einer Person zur Hälfte nach Frauen zu benennen sind. Das Vorschlagsrecht liegt bei den Ortsbeiräten, die hätten aber eher zögerlich reagiert. Die nun erschienene Neuauflage des Leitfadens richtet sich genau an sie.

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