Energiepolitik:Ampel macht Druck bei der Wärmeplanung

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Grasbrunn ist fast schuldenfrei und will viel Geld in die Fernwärme investieren. (Foto: Hartmut Pöstges)

Nach dem neuesten Gesetzesentwurf sollen von der Großstadt bis zum kleinsten Dorf alle Kommunen in Deutschland zur Wärmeplanung verpflichtet werden. Und damit sollen deutlich sie schneller fertig sein als bisher bekannt.

Von Angelika Slavik, Berlin

Monatelang hat die Ampelkoalition über die Wärmewende gestritten - nun könnte es neue Diskussionen über dieses Thema geben. Am Freitag hat das Bundesbauministerium die überarbeitete Fassung des Gesetzesentwurfs zur kommunalen Wärmeplanung an Länder und Verbände geschickt. Der Inhalt dürfte vor allem bei Vertretern der kleineren Kommunen für große Augen sorgen: Denn die Ampel will laut dem Papier die Fristen für die Erarbeitung der Wärmeplanung deutlich nach vorne ziehen.

Nach dem neuen Entwurf sollen alle knapp 11 000 Kommunen in Deutschland eine Wärmeplanung vorlegen. Die ursprüngliche Fassung hatte das eigentlich nur für Gemeinden mit mehr als 10 000 Einwohnern vorgesehen, Bundesbauministerin Klara Geywitz (SPD) hatte kürzlich im Bundestag allerdings bereits angekündigt, dass man die Planung auch für kleinste Dörfer verpflichtend machen werde.

Große und kleine Gemeinden müssen sich ranhalten

In jedem Fall müssen sich große und kleine Gemeinden aber ranhalten: Denn der neue Entwurf sieht kürzere Fristen vor. So müssen Großstädte mit mehr als 100 000 Einwohnern ihre Wärmeplanung spätestens bis zum 30. Juni 2026 fertigstellen, kleinere Kommunen haben bis zum 30. Juni 2028 Zeit. Das sind jeweils sechs Monate früher, als das im ersten Gesetzesentwurf vorgesehen war.

Allerdings ist die verpflichtende Wärmeplanung nicht gleichbedeutend damit, auch wirklich eine kommunale Lösung wie zum Beispiel einen Fernwärmeanschluss anzubieten. Die Wärmeplanung einer Kommune kann auch aus dem Beschluss bestehen, dass die Wärmeversorgung dezentral organisiert wird - sich die Bewohner also, zum Beispiel mit Hilfe einer Wärmepumpe, selbst um die Versorgung ihrer Häuser kümmern müssen.

Die neuen Pläne haben jedenfalls finanzielle Folgen. Weil statt der ursprünglich geplanten 1602 Kommunen - das sind jene mit mindestens 10 000 Einwohnern - nun auch ganz kleine Orte eine kommunale Wärmeplanung erarbeiten müssen, steigt die Summe, die der Bund für die Unterstützung der Planung bereitstellen muss. Insgesamt gibt es 9187 Gemeinden mit weniger als 10 000 Einwohnern in Deutschland, sie alle haben nun auch Anspruch auf Hilfe vom Bund.

"Privathaushalte werden nicht behelligt"

Statt der ursprünglich veranschlagten 250 Millionen Euro rechne man nun mit einer Summe von knapp unter einer Milliarde Euro, sagt der Parlamentarische Staatssekretär Sören Bartol (SPD) der SZ. "Das erstreckt sich aber über einen Zeitraum von vier Jahren", so Bartol. Laut Entwurf ist für kleinere Gemeinden zudem ein vereinfachtes Planungsverfahren möglich. Und: Wärmepläne, die in einigen Bundesländern aufgrund landesrechtlicher Bestimmungen schon erarbeitet worden sind, sollen laut Entwurf Bestandsschutz genießen. Ebenfalls neu ist die Möglichkeit, bestimmte Gebiete im Wärmeplan als voraussichtliche Wasserstoffnetz-Gebiete auszuweisen.

Aus dem Gesetzesentwurf geht zudem hervor, dass für die Wärmeplanung keine zusätzlichen Daten von Verbrauchern erhoben oder abgefragt werden. "Privathaushalte werden nicht behelligt", so Bartol. Gearbeitet werden solle nur mit bereits vorhandenen Daten, diese sollen zudem so zusammengefasst werden, dass sich keine Rückschlüsse etwa auf das Heizverhalten einzelner Häuser ziehen lassen.

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Zu dem neuen Entwurf plant das Bundesbauministerium auch eine neue Anhörung von Ländern und Verbänden - dass die mindestens den Zeitplan in Frage stellen werden, ist zu erwarten. Schon Anfang Juli hatte sich der Städte- und Gemeindebund dafür ausgesprochen, die Fristen für die Wärmeplanung kleiner Kommunen bis 2030 zu verlängern. Dass es nun sogar schneller gehen soll als angekündigt, könnte die Gemeindevertreter kalt erwischen.

Bußgelder wurden gestrichen

Allerdings mühte man sich im Ministerium sichtlich, den Kommunen entgegen zu kommen. So wurden etwa die Bußgelder gestrichen: Kommunen, die keine Wärmeplanung vorlegen, müssen also nach derzeitigem Stand nicht mehr mit finanziellen Konsequenzen rechnen.

Im Schreiben, dass das Bundesbauministerium an die Länder und Verbände richtet, steht zudem ein interessanter Satz: Es werde ausdrücklich darauf hingewiesen, "dass der Gesetzentwurf innerhalb der Bundesregierung noch nicht abgestimmt ist, so dass noch mit weiteren Änderungen zu rechnen ist". Nach all dem Streit, den sich die Ampel rund um die Wärmewende geliefert hat, ist das bemerkenswert - zumal die kommunale Wärmeplanung eng mit dem Gebäudeenergiegesetz verzahnt ist, für das Geywitz' Haus gemeinsam mit dem Wirtschaftsministerium von Robert Habeck (Grüne) verantwortlich zeichnet. Zudem muss Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) zustimmen, dass für die finanzielle Unterstützung der Gemeinden bei der Erstellung einer Wärmeplanung nun ein Vielfaches des zunächst vereinbarten Betrags fällig wird. Die Bundesregierung will das Gesetz jedenfalls am 16. August im Kabinett beschließen.

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