Klimaschutz:UN warnen: Die Welt versagt beim Klimaschutz

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Was sich die Staaten vorgenommen haben, lässt die Treibhausgas-Emissionen nicht sinken, sondern steigen. Das zeigt eine Studie des UN-Klimasekretariats. (Foto: Patrick Pleul/picture alliance/dpa)

Kurz vor Beginn des Klimagipfels in Dubai legen die Vereinten Nationen eine Prognose vor. Demnach steigen die schädlichen Emissionen weiter. Und nur einer von 42 Indikatoren zeigt in die richtige Richtung.

Von Michael Bauchmüller, Berlin

Wenn jeder Staat das Klima genügend schützt, dann kriegt auch die Welt noch die Kurve - das war die Philosophie des Klimaabkommens von Paris. Jedes Land der Erde sollte einen Plan vorlegen, wie es seine klimaschädlichen Emissionen in den Griff bekommt, allen voran die großen Industriestaaten und Schwellenländer. Doch jetzt zeigen Zahlen der Vereinten Nationen: Was sich die Staaten vorgenommen haben, lässt die Emissionen nicht sinken, sondern steigen. "Die Welt versagt dabei, die Klimakrise in den Griff zu bekommen", sagt UN-Generalsekretär António Guterres.

Das UN-Klimasekretariat in Bonn hatte die Klimapläne der verschiedenen Staaten auf ihre Wirkung hin untersucht. Würden sie umgesetzt, käme die Welt im Jahr 2030 immer noch auf Treibhausgas-Emissionen von 51,6 Gigatonnen. Das wären fast neun Prozent mehr als 2010 - jenem Jahr, auf das auch die Klimapläne Bezug nehmen. Erst vor zwei Jahren, beim Klimagipfel im schottischen Glasgow, hatten die Staaten ganz anderes festgehalten: Demnach sollten sie die Emissionen bis 2030 um 45 Prozent senken, ebenfalls im Vergleich zu 2010. Das sollte die Chance erhalten, die Erderwärmung bei 1,5 Grad Celsius zu stabilisieren. Diese Marke aber gerät immer mehr außer Reichweite. "Die Kluft zwischen dem, was nötig ist, und dem, was passiert, ist bedrohlicher denn je", sagt Guterres.

Der ständige Abgleich zwischen Soll und Haben steht im Zentrum des Pariser Abkommens. Demnach sollen die Staaten regelmäßig überprüfen, wie weit sie mit ihren Klimaschutzplänen gekommen sind - um dann in einer weiteren Runde nachzulegen. Diese "globale Bestandsaufnahme" wird auch eines der heiklen Themen bei der bevorstehenden Klimakonferenz im Golfemirat Dubai, die Ende des Monats beginnt.

Klima (Foto: SZ-Grafik; Quelle: UNFCCC)

Denn dort sollen die Staaten auch die Leitplanken für künftige Klimapläne setzen, die von 2025 an gelten sollen. Eine "Blaupause für die Kurskorrektur" hatte das Klimasekretariat schon im vorigen Monat vorgelegt, gewissermaßen als Inspiration für die Staatengemeinschaft. Darin finden sich Ziele für den Ausbau erneuerbarer Energien, für die Energieeffizienz und den Abschied von der Kohlekraft. Keine weiteren fossilen Quellen dürften erschlossen werden, die auf die Zeit nach 2030 zielen - was gerade den Golfstaaten nicht schmecken dürfte. Ziel müsse sein, den Scheitelpunkt der globalen Treibhausgas-Emissionen "so schnell wie möglich zu erreichen".

Zumindest dieser Scheitelpunkt ist den neuen Zahlen zufolge nicht mehr so fern. Denn zumindest könnten die Emissionen bis 2030 unter das Niveau von 2019 fallen - als global weit mehr Treibhausgase emittiert wurden als 2010. Irgendwann in der zweiten Hälfte des Jahrzehnts wäre damit der Höhepunkt der Emissionen erreicht. Doch diese Fortschritte kämen zu langsam und zu spät, beklagt das Bonner Klimasekretariat. Gemeinsam ergriffen die Staaten "Babyschritte, um die Klimakrise zu verhindern", klagt Simon Stiell, der Chef der UN-Behörde. Stattdessen seien nun große Schritte nötig.

Ähnlich äußert sich die deutsche Sondergesandte für den Klimaschutz, Jennifer Morgan. "Dieser Bericht unterstreicht noch einmal sehr deutlich, warum wir in Dubai eine Kurskorrektur brauchen", sagte sie der Süddeutschen Zeitung. "Wir setzen uns dafür ein, dass von Dubai ein klares Signal ausgeht für die Beschleunigung der globalen Energiewende." Dazu gehöre bis 2030 eine Verdreifachung der Erneuerbaren und eine Verdopplung der Energieeffizienz. Auch ein schrittweiser Ausstieg aus fossilen Energien sei nötig.

Umweltschützer werfen der deutschen Regierung vor, den Klimaschutz verwässern, statt stärken zu wollen

Allerdings geht die Entwicklung in manchen Bereichen derzeit genau in die falsche Richtung. Das jedenfalls zeigt ein "Bericht zur Lage der Klimaaktion", den verschiedene Institute am Dienstag vorgelegt haben - darunter das World Resources Institute und der Thinktank Climate Analytics. Demnach weist von 42 Indikatoren nur einer in die richtige Richtung, nämlich der Anteil von Elektroautos an der Fahrzeugflotte. Sechs Indikatoren dagegen belegen Rückschritte, darunter die CO₂-Intensität der Stahlproduktion, der Verlust an Mangrovenwäldern und das Ziel, kein Geld mehr in fossile Energien zu stecken. In anderen ist der Fortschritt zäh.

Umweltschützer sehen nun auch Deutschland und die EU in der Pflicht. Bisher habe die EU es versäumt, beim Klimaschutz nachzuliefern, kritisierte Viviane Raddatz von der Umweltstiftung WWF. "Ein Rennen lässt sich nicht gewinnen, indem man im Startblock herumbummelt." Dies gelte auch für Deutschland. "Statt das Klimaschutzgesetz zu stärken, will die Regierung es verwässern", sagte Raddatz. Die Koalition berät gerade über eine Novelle des Gesetzes. Durch sie würden Ziele für einzelne Bereiche der Wirtschaft, etwa Verkehr, Gebäude oder Industrie, künftig wegfallen. Experten bemängeln, dies erschwere die Kontrolle.

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