Klimapaket:Ein paar Euro mehr auf der Tankrechnung sind nicht genug

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Aktivisten der BUND-Jugend protestieren mit einer Bade-Aktion in der Spree gegen das Klimapaket der deutschen Bundesregierung. (Foto: dpa)

Immerhin, die Grünen pressen der großen Koalition für das Klimapaket einen höheren Preis für CO₂ ab. Doch da geht noch mehr.

Kommentar von Jan Bielicki

Natürlich wurde der Zeitplan nicht eingehalten. Erst nach einer zusätzlichen Nacht und einem Tag einigten sich die zur Weltklimakonferenz angereisten Vertreter der Staatengemeinschaft auf einen Kompromiss, den Umweltverbände prompt als enttäuschend kritisierten. Das hatten sie schon mit dem Klimapaket getan, das die große Koalition kurz zuvor auf den Weg gebracht hatte.

Nein, das alles ist nicht gerade eben passiert, sondern bereits im Dezember 2007. Die Konferenz tagte in Bali, der angereiste Bundesumweltminister hieß Sigmar Gabriel. Und ein Liter Diesel kostete an der Tankstelle im Schnitt 1,28 Euro.

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Im November 2019 zahlten Autofahrer für jeden Liter Sprit, den sie durch ihre Dieselmotoren jagten, laut ADAC durchschnittlich 1,26 Euro - also weniger als zwölf Jahre zuvor. Ein Blick auf die Preisanzeige einer deutschen Zapfsäule sollte also genügen, um zu erkennen, wie es mit dem Klimaschutz auf Deutschlands Straßen vorangeht, sehr zähflüssig. Und um die Aufregung über die bislang eher halbherzigen Versuche der Bundesregierung, den Ausstoß des klimaschädlichen Gases Kohlendioxid mit einem Preisschild zu versehen, etwas zurechtzurücken.

Die Grünen haben dank ihrer Macht in den Ländern der schwarz-roten Koalition im Bund abgepresst, dass die Tonne CO₂, die im Auto oder im Haus ausgestoßen wird, 2021 nun den Einstiegspreis von 25 Euro kosten soll - und nicht nur die zehn Euro, mit denen Union und SPD ihr Klimapaket zur ganz kleinen Lachnummer machten.

Reicht das nun, um die Menschen zu einem klimafreundlicheren Konsumverhalten zu bewegen? Oder ist es dafür immer noch viel zu wenig? Sicher, der Liter Diesel oder Heizöl wird damit 2021 um acht Cent teurer, bis 2025 sogar um 17 Cent. Und auch Cent-Beträge können sich summieren für Leute, die täglich von weit her mit dem Auto zur Arbeit fahren müssen oder in deren Mietwohnung eine veraltete Heizung die teure Wärme nur so durch die schlecht abgedichteten Fenster dampfen lässt. Es ist darum richtig, dass für den sozialen Ausgleich nun Milliarden vorgesehen sind. Und das, obwohl der Verdacht naheliegt, dass sich hinter der berechtigten Sorge um die Menschen, die ein zu hoher CO₂-Preis an die Grenzen finanzieller Belastbarkeit bringen könnte, allzu viele verstecken, die ihr Verhalten ändern könnten, aber nicht wollen.

Denn auch das zeigt ein Blick auf den Dieselpreis: Der lag in den vergangenen Jahren mal bei 1,50 Euro für den Liter, mal auch nur bei 98 Cent. Was sich kaum änderte, war die offenbar wenig ausgeprägte Neigung der Deutschen, beim Kauf eines neuen Autos darauf zu achten, was aus dem Auspuff kommt. Noch nie wurden so viele spritfressende SUVs zugelassen wie 2019, und die Erfahrung zeigt, dass diejenigen, die sich ein solches Auto leisten können, sich kaum von ein paar Euro mehr auf der Tankrechnung beeindrucken lassen. Dafür braucht es mehr, das Umweltbundesamt hat das ausgerechnet: nicht nur noch höhere CO₂-Preise, sondern strengere Regeln, Grenzwerte, Limits - ja, sogar fürs Tempo.

Es fehlt also noch einiges im Klimapaket. Immerhin: Es ist nun besser gefüllt als von Union und SPD bisher vorgesehen. War es bisher ein Symbol dafür, dass die Koalition in Sachen Klimaschutz sich nicht traut und ihren Wählern nichts zutraut, so ist es in seiner neuen Ausstattung wenigstens ein Anfang. Es geht also noch was, jedenfalls ein bisschen.

© SZ vom 17.12.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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