Kampf ums Weiße Haus:Trump nennt Clinton "korrupteste Kandidatin aller Zeiten"

Lesezeit: 4 Min.

Donald Trump wetterte mehr als 40 Minuten lang gegen seine demokratische Konkurrentin Hillary Clinton. (Foto: AFP)

Der Republikaner ist gewaltig unter Druck, jetzt geht er in die Offensive. Als Außenministerin habe seine Gegnerin für "Tod, Zerstörung und Terror" gesorgt - und sich selbst bereichert.

Von Matthias Kolb, Washington

Mit einer 41-Minuten-Dauerattacke auf die Demokratin Hillary Clinton versucht Donald Trump, die Bedenken der konservativen Elite zu zerstreuen und die Republikaner-Basis zu motivieren. Kurz nachdem er seinen Wahlkampfmanager gefeuert hat und Daten über Finanzmittel und Angestellte Zweifel an der Professionalität seiner Präsidentschaftskampagne weckten, greift der Geschäftsmann wieder an - und agiert dabei wie immer nicht als Staatsmann.

Beim Auftritt in einem seiner Hotels in New York nennt Trump Clinton eine "Weltklasse-Lügnerin" und "die wohl korrupteste Person, die jemals Präsident werden wollte." Der 70-Jährige verspricht erneut, dass während seiner Präsidentschaft das Motto "Amerika zuerst" gelten werde. Er variiert seinen Slogan "Make America Great Again" und kündigt an, Amerika nicht nur zu alter Größe zurückführen zu wollen, sondern die USA auch "reich" und "sicher" zu machen.

Ursprünglich wollte Trump die Anti-Clinton-Rede vergangene Woche in New Hampshire halten, doch nach dem Anschlag von Orlando sprach er lieber über die Bedrohung durch den "radikalen Islam" und forderte erneut ein temporäres Einreiseverbot für Muslime (mehr hier). Die Rede des 70-Jährigen enthält zwar Zitate der legendären US-Präsidenten Abraham Lincoln und George Washington, doch sie ist vor allem gespickt mit populistischen Elementen. Laut Trump geht es am 8. November darum, ob die USA künftig "vom Volk oder von Politikern regiert" würden.

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Hillary Clinton ist "alt und müde"

Das politische und wirtschaftliche System der USA sei "manipuliert", weshalb nur ein Außenseiter wie er für die nötige Veränderung sorgen könne. Hillary Clinton sei nicht nur "alt und müde", sondern könne als Teil des Establishments die Probleme des Landes nicht lösen. Treffsicher spottet Trump über Clintons Slogan "I'm with her" ("Ich unterstütze sie"), der nur deren Überheblichkeit zeige. Unter Jubel ruft der Republikaner, er werde hingegen alle Amerikaner unterstützen: "I'm with you: the American people."

Obwohl sein Presse-Team noch während der Rede ein Transkript bereitstellt und Trump einen Teleprompter benutzt, springt er in seinen Attacken mehrmals hin und her. Dies sind die wichtigsten Vorwürfe, die sich vor allem auf Clintons Zeit als Obamas Außenministerin beziehen.

Unterstützung für Freihandel: Trump gibt Hillary Clinton die Mitverantwortung für die vielen verloren gegangenen Industriejobs. Schließlich habe sie das nordatlantische Nafta-Abkommen unterstützt, dass ihr Ehemann Bill als Präsident durchsetzte. Die Demokratin habe befürwortet, China in die Welthandelsorganisation aufzunehmen, was zur Armut vieler US-Arbeiter führte: "Sie wird reich, indem sie euch arm macht." Trump verspricht erneut, er werde Arbeitsplätze aus Mexiko und China zurückholen. Obwohl Clinton den transpazifischen TPP-Deal ablehnt, kritisiert Trump sie auch dafür und warnt vor den Folgen dieses Abkommens: "Wir werden unser Land verlieren, wenn TPP kommt."

" Tod, Zerstörung und Terror" im Nahen Osten: Trump gibt der Demokratin die Schuld für die Bürgerkriege in Syrien und Libyen sowie den Aufstieg der IS-Dschihadisten. 2009 sei die Lage stabil gewesen, aber "dass uns heute der 'Islamische Staat' bedroht, liegt an ihren Entscheidungen", ruft der Republikaner. Er kritisiert sie für den Sturz von Libyens Diktator Gaddafi, der in Trumps Weltbild ebenso wie Ägyptens Autokrat Mubarak ein Stabilitätsgarant war. Um Clintons außenpolitische Kompetenz anzuzweifeln, bringt Trump ein typisch linkes Argument vor: Ihre Zustimmung zur Irak-Invasion 2002 wecke Zweifel an ihrer Urteilsfähigkeit.

Reden vor Wall-Street-Banken: Wie Clintons parteiinterner Herausforderer Bernie Sanders kritisiert Trump die Ex-Außenministerin dafür, in zwei Jahren mit Reden mehr als 20 Millionen Dollar verdient zu haben. Da sie deren Wortlaut nicht veröffentliche, blieben Zweifel an ihrer Nähe zur Finanzindustrie. Dass das Ehepaar Clinton seit 2001 für Auftritte 153 Millionen Dollar erhalten hat, ist zwar hinlänglich bekannt - doch es kratzt an Clintons Image als Kämpferin für die Arbeiterklasse.

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Spenden an die Clinton-Stiftung: Ausführlich zitiert Trump das Buch "Clinton Cash" und kritisiert, dass undemokratische Staaten wie Saudi-Arabien und Brunei sowie russische Investoren der Stiftung Geld gaben. Für Trump ist dies nicht nur der Beweis, dass Hillary Clinton die wohl "korrupteste Kandidatin aller Zeiten" sei - er zweifelt auch ihre Unterstützung für die Rechte von Schwulen und Lesben an: "In Saudi-Arabien wird Homosexualität mit dem Tod bestraft." Bisher hat die Demokratin keine Antwort gefunden, die den Eindruck widerlegt, dass es bei der Clinton Foundation nicht immer transparent zugeht.

Des Weiteren wiederholt Trump den Vorwurf, dass Hillary Clinton für den Tod von vier US-Amerikanern im libyschen Bengasi verantwortlich sei ( Ermittlungen des Kongresses fanden keine Belege). Er behauptet erneut fälschlicherweise, dass die Demokratin die Zahl von Flüchtlingen aus Nahost um 500 Prozent erhöhen wolle und dass die Steuern in keinem Land höher seien als in den USA.

Trump umschmeichelt die Fans von Bernie Sanders

Explizit wirbt Trump um die Fans des "demokratischen Sozialisten" Bernie Sanders: "Schließt euch uns an, um dieses System zu verändern." Bisher hat der Senator aus Vermont noch nicht offiziell zur Wahl von Clinton aufgerufen, doch Sanders lässt keine Zweifel daran, dass er alles tun werde, damit Donald Trump nicht ins Weiße Haus kommt.

Im Vergleich mit früheren Auftritten verzichtet Donald Trump an diesem Vormittag darauf, der ehemaligen First Lady vorzuwerfen, die Sex-Affären ihres Ehemanns toleriert und sogar ermöglicht zu haben. Auch über andere Clinton-Skandale der Neunziger Jahre (Hintergründe in diesem Text) verliert der 70-Jährige dieses Mal kein Wort - doch seine Aussagen sind deutlich genug.

Auf die Reaktion von Hillary Clinton müssen die USA nicht lange warten: Sie wird noch an diesem Nachmittag in North Carolina darüber sprechen, wie verheerend ein US-Präsident Trump für Amerika und die globale Wirtschaft wäre.

Linktipps: Der Text von Donald Trumps Rede über Hillary Clinton und die "wichtigsten Themen dieser Wahl" kann hier nachgelesen werden. Die New York Times hat Trumps Aussagen in einem ausführlichen Fakten-Check überprüft.

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