Israel:Druck von allen Seiten

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Israelische Soldaten an einer Gedenktafel mit den Fotos getöteter oder gefangener Israelis. (Foto: Gil Cohen-Magen/AFP)

In Israel demonstrieren Zehntausende gegen die Regierung Netanjahu und fordern dessen Rücktritt. Auch die USA erhöhen den Druck.

Die israelische Armee hat am Sonntag nach eigenen Angaben ihre Truppen aus der Stadt Chan Yunis im Süden des Gazastreifens abgezogen. "Die 98. Kommando-Abteilung hat ihren Einsatz in Chan Yunis beendet", hieß es in einer Mitteilung der Armee. Sie habe den Gazastreifen verlassen, "um sich zu erholen und auf weitere Operationen vorzubereiten". Erhebliche Truppen verblieben jedoch im Gazastreifen "und werden die Aktionsfreiheit der israelischen Armee bewahren und ihre Fähigkeiten, präzise Operationen auf der Basis von Geheimdienstinformationen auszuführen", hieß es weiter. Es war zunächst unklar, ob der Abzug aus Chan Yunis eine wichtige Wende im Krieg oder ein neues Zwischenstadium auf dem Weg zu einem möglichen Einsatz in der Stadt Rafah an der Grenze zu Ägypten bedeutet.

Die Armee hatte am Samstag mitgeteilt, dass die Leiche einer Geisel in Chan Yunis geborgen worden sei. Der am 7. Oktober aus Israel entführte Mann sei in Gefangenschaft des Palästinensischen Islamischen Dschihad (PIJ) gewesen und dort getötet worden, teilte das Militär am Samstag mit. Netanjahu und seine Regierung stehen im eigenen Land unter wachsendem Druck. Bei den Massenprotesten am Samstagabend entfachten Demonstranten mehrere Feuer auf der Straße. Dabei kam es zu Zusammenstößen mit der Polizei, wie Medien berichteten. Angehörige der Verschleppten werfen Netanjahu vor, einem Geisel-Deal im Wege zu stehen.

Netanjahu will "extremen Forderungen" nicht nachgeben

Iran droht Israel derweil mit Angriffen auf seine Botschaften. Keine von ihnen sei noch sicher, sagt Jahja Rahim Safawi, ein ranghoher Berater des Obersten Führers Irans, Ayatollah Ali Chamenei, der halbstaatlichen Nachrichtenagentur Tasnim zufolge. Iran hat bereits mit Vergeltung für einen Israel zugeschriebenen Angriff am 1. April auf ein Konsulargebäude der iranischen Botschaft in Damaskus gedroht. Dabei wurden sieben teils ranghohe Offiziere der Revolutionsgarden, der iranischen Eliteeinheiten, getötet. Israel hat sich nicht zu dem Angriff bekannt.

In Kairo sollen nach Angaben der US-Regierung am Wochenende neue Gespräche über eine Feuerpause und eine Freilassung der Geiseln stattfinden. Die USA drängen Israel bei den indirekten Verhandlungen zu einer Feuerpause im Gaza-Krieg und bei der Freilassung von Geiseln laut einem Medienbericht zu Zugeständnissen in einem Kernpunkt. Demnach will die US-Regierung erreichen, dass eine begrenzte Rückkehr von Zivilisten in den Norden des seit sechs Monaten umkämpften Küstengebiets ermöglicht wird.

Wie das Wall Street Journal am Samstag unter Berufung auf amerikanische, israelische und ägyptische Beamte berichtete, wollen die USA als Israels wichtigster Verbündeter mit ihrem Vorstoß einen Durchbruch bei den seit Wochen stockenden Verhandlungen ermöglichen. Vertreter der islamistischen Hamas wollen nach eigenen Angaben an diesem Sonntag nach Kairo reisen, um weiterzuverhandeln. Israels Ministerpräsident Benjamin Netanjahu knüpft einen Waffenstillstand mit der Hamas an die Freilassung der im Gazastreifen festgehaltenen israelischen Geiseln. Er werde "extremen" Forderungen nicht nachgeben, sagte er unter Verweis auf die in Ägypten laufenden Verhandlungen über eine Feuerpause.

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Aber Benjamin Netanjahu will darüber gar nicht erst diskutieren. Alle Konzepte, die dem Nahen Osten den Frieden bringen könnten, werden von ihm ignoriert. Lieber führt er sein Land in Richtung Abgrund. Aus einem einzigen Motiv.

Kommentar von Peter Münch

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