Südasien:Heißt Indien in Zukunft Bharat?

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Indiens Präsidentin Draupadi Murmu tritt offiziell nun auch als Präsidentin von Bharat auf. (Foto: Amit Dave/Reuters)

Es ist nur ein altes hinduistisches Wort auf einer Einladung von Indiens Präsidentin zum Staatsbankett beim G-20-Gipfel. Doch es irritiert das Ausland - und löst Streit in Indien aus.

Von David Pfeifer, Delhi

Es ist nur eine förmliche Einladung für Staatsgäste zum Dinner, wie sie im Rahmen eines G-20-Gipfels ausgesprochen wird, doch diesmal ist sie ungewöhnlich: Es bittet hier nicht wie üblich "the President of India" für Samstag zum großen Bankett, sondern "the President of Bharat".

Die Präsidentin von Indien heißt Draupadi Murmu und hat, ähnlich wie der Bundespräsident in Deutschland, eher eine repräsentative Funktion. Gerade darum aber wundern sich nun viele Beobachter des Gipfels, dass eine neue Bezeichnung gewählt wurde. Wobei Bharat tatsächlich keine neue, sondern eine sehr alte Bezeichnung für Indien ist.

Bharat ist die Sanskrit-Bezeichnung für Indien, die auf frühe hinduistische Texte zurückgeht. Sie wird vor allem von Hindus verwendet. Man findet den Begriff im ganzen Land beispielsweise in Firmen-Bezeichnungen oder als Kürzel in Parteinamen. Für die etwa 1,4 Milliarden Inderinnen und Inder ist er gebräuchlich. Für die Staatsgäste, von Bundeskanzler Olaf Scholz bis zu US-Präsident Joe Biden, allerdings wohl nicht.

Abgeordnete der BJP sehen im Namen Indien ein "Symbol der Sklaverei"

Haben Premierminister Narendra Modi und seine hindunationalistische Regierung der Bharatiya Janata Party (BJP) die Änderung vorgenommen, um ihre politische Linie klarzumachen? Abgeordnete der BJP argumentieren schließlich, dass der Name Indien von den britischen Kolonialherren eingeführt wurde und ein "Symbol der Sklaverei" sei.

"Ein weiterer Schlag gegen die Mentalität der Sklaverei", twitterte etwa der Chief Minister des Bundesstaates Uttarakhand, Pushkar Singh Dhami, ein BJP-Hardliner, auf X - vormals Twitter - über die Dinnereinladung der Präsidentin. Die Briten regierten Indien rund 200 Jahre, bis das Land 1947 seine Unabhängigkeit erlangte. Allerdings wurde der heutige Name für diese Region Südasiens und der Flussname Indus bereits von den Griechen, Römern und Persern benutzt. Auch die Bezeichnung Hindu und die Sprache Hindi gehen darauf zurück.

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Modi und seiner Partei wird seit Langem vorgeworfen, aus dem säkularen Indien einen ethnischen Hindu-Staat machen zu wollen. Die BJP versucht Namen, die mit Indiens Mogul- und Kolonialvergangenheit zusammenhängen, zu tilgen und durch neue, oder noch lieber, durch alte zu ersetzen. Die Regierung steht auf dem Standpunkt, die Namensänderungen seien ein Versuch, Indiens hinduistische Vergangenheit zu würdigen. Es wurden schon einige Straßen und Plätze nach diesem Prinzip umbenannt und umgewidmet.

Die Opposition hält am Namen "Indien" fest

Es wird nun spekuliert, dass die Regierung in den nächsten Parlamentssitzungen vom 18. bis 22. September einen offiziellen Vorschlag zur Umbenennung des Landes einbringen will.

Indiens Oppositionsparteien kritisierten hingegen den Vorgang. Shashi Tharoor, Abgeordneter der oppositionellen Kongresspartei twitterte, die Inderinnen und Inder sollten "weiterhin beide Wörter verwenden, anstatt unseren Anspruch auf einen geschichtsträchtigen Namen aufzugeben, der in der ganzen Welt anerkannt ist".

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Im kommenden Jahr wird in Indien gewählt, und der Streit über die Bezeichnung "Indien" oder "Bharat" könnte noch an Bedeutung gewinnen. Auch weil die traditionsreiche Kongresspartei einen großen Teil der zersplitterten Opposition hinter sich versammelt hat, um dem populären Narendra Modi und seiner BJP etwas entgegenzusetzen. Das Oppositionsbündnis hat sich den Namen "Indian National Developmental Inclusive Alliance" gegeben - abgekürzt: INDIA.

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