SZ-Nachhaltigkeitsgipfel:Zerknirscht - und erleichtert

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"Den Klimaschutz in Deutschland wirklich voranbringen": Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) zeigt sich zufrieden mit der Einigung beim Heizungsgesetz. (Foto: Christophe Gateau/dpa)

Wie Wirtschaftsminister Robert Habeck den Kompromiss der Ampelkoalition beim Heizungsgesetz verteidigt.

Von Claus Hulverscheidt, Berlin

Das allerdings ist ein Fazit des schier endlosen Heizungsstreits in Deutschland, das Robert Habeck wohl exklusiv haben dürfte: "Ist gut gelaufen", sagt der Wirtschaftsminister am Dienstag beim Nachhaltigkeitsgipfel der Süddeutschen Zeitung und zieht eine leichte Grimasse. Leises Gelächter in den Stuhlreihen, und ja, so ganz ernst hat der Vizekanzler das wohl nicht gemeint. Aber auch nicht als reinen Scherz: Vor sechs Wochen nämlich habe es noch so ausgesehen, als würde man gar kein Heizungsgesetz zustande bringen. Nun liege ein Paket auf dem Tisch, das zwar Kompromisse enthalte, aber "den Klimaschutz in Deutschland wirklich voranbringen wird".

Auch wenn an diesem Vormittag 500 Kilometer zwischen den Zuschauern und dem Mann auf dem Videobildschirm liegen: Man sieht Habeck die Erleichterung an. Allerdings auch die Zerknirschung und die - bildlich gesprochen - blauen Flecken, die die Monate zwischen "Heiz-Hammer" und "Energie-Stasi" bei ihm hinterlassen haben. Von Triumphgehabe ist deshalb auch nichts zu spüren, denn der Minister weiß genau, dass die Entstehungsgeschichte dieses - seines - Gesetzes der demokratischen Debattenkultur im Land geschadet und den Höhenflug der AfD befördert hat.

Ja, räumt Habeck ein, der monatelange Streit sei zeitweise so zugespitzt gewesen, dass das Gesetz "zu einer Kulturkampffrage wurde". Das sei auch für ihn persönlich eine schmerzhafte Erkenntnis gewesen. Tatsächlich hatten handwerkliche Mängel, Kommunikationspannen und eine Gegenkampagne mancher Medien dazu geführt, dass viele Menschen in Deutschland den Eindruck hatten, die Grünen wollten sie aus rein ideologischen Gründen dazu zwingen, noch funktionierende Gas-Thermen gegen neue Öko-Heizungen auszutauschen - und das womöglich koste es, was es wolle. Selbst bei manchen Grünen-Sympathisanten blieb dieser Eindruck hängen.

Statt Rechthaberei will Habeck mehr Selbstkritik in der Politik

Umgekehrt, so der Minister, sei aber auch richtig: Wer glaube, das AfD-Problem hätte sich in Luft aufgelöst, hätte die Regierung nur ein vollkommen durchdachtes, perfekt kommuniziertes Gesetz vorgelegt, verkenne die Größe des Problems. Populisten lebten von der Krise, die noch befeuert werde, wenn auch Parteien der Mitte das Vokabular der Rechten übernähmen. Statt Rechthaberei und ritueller Grabenkämpfe benötige die Politik mehr Selbstkritik.

Mittlerweile weiß Habeck selbst, dass er die Bürger mit seinem Reformtempo überfordert hat. Er habe das zunächst gar nicht bemerkt, denn das Heizungsgesetz sei unter dem Eindruck der Jahreswende 2022/2023 entstanden, in dem sich die Debatte um kalte Büros und dunkle Städte gedreht habe. Da habe man durch ein schnelles Gesetz verhindern wollen, dass die Menschen weiter einfach Gasheizungen einbauen und so die Abhängigkeit von dem knappen Rohstoff verschärfen. Nach dem glimpflich verlaufenen Winter habe man den Reformdruck hoch gehalten, obwohl dies nicht nötig gewesen wäre. Die Menschen hätten vielmehr das Gefühl gehabt: "19 Grad war schon kalt genug, jetzt bitte nicht auch noch die nächste Vorgabe, wie geheizt werden kann." Er selbst, so Habeck, habe dagegen gedacht: "Das, was der Arbeitsauftrag war, muss jetzt auch durchgezogen werden."

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