Hartz-IV-Konzept der SPD:Reform der Reform

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Ein Schritt weg von Hartz IV, ein Schritt hin zur Macht? Die SPD fordert einen Mindestlohn von 8,50 Euro und eine längere Bezugsdauer fürs Arbeitslosengeld I. Die Wahl in Nordrhein-Westfalen hat sie dabei fest im Blick.

Hartz IV ist längst zu einer Last geworden. So schwer wiegt sie auf den Sozialdemokraten, dass man mitunter den Eindruck hat, die einst so vitale Volkspartei könnte darunter erdrückt werden: Tausende Mandate, Hunderttausende Mitglieder, Millionen Wähler hat die Partei verloren, seit sie die Arbeitsmarktreform angestoßen hat.

Nun versucht die SPD, den Ballast doch noch abzuwerfen. Sieben Jahre, nachdem sie die Reform verkündet hat. Zwei Monate, bevor sie bei der Landtagswahl in Nordrhein-Westfalen zumindest einige der verlorenen Mandate wiederholen will. Es sind immerhin die wichtigsten Mandate, die in diesem Jahr zu holen sind.

Am Montag billigte das SPD-Präsidium Vorschläge, die auf höhere Leistungen für Erwerbslose sowohl beim Arbeitslosengeld I als auch im Hartz-IV-System hinauslaufen. Das aus Beiträgen finanzierte Arbeitslosengeld I soll demnach künftig bis zu 24 statt zwölf Monate gezahlt werden, wenn sich Arbeitslose in dieser Zeit beruflich weiterqualifizieren. Beim Arbeitslosengeld II wollen die Sozialdemokraten auf jede Vermögensprüfung verzichten. Hartz-IV-Bezieher müssten dann nicht mehr die eigenen Ersparnisse bis zu einem Freibetrag aufzehren, bevor sie staatliche Unterstützung bekommen.

Merkel lehnt Idee ab

Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) lehnte diese Idee nach Teilnehmerangaben in einer Sitzung der Unions-Fraktion ab: "Das bringt das soziale System durcheinander." Damit könnten "Besitzer von sieben, acht Häusern Hartz IV beantragen. Das wäre der absolute Irrsinn", wurde die Kanzlerin zitiert. Hartz IV habe den Effekt gehabt, dass der Druck für Erwerbslose höher geworden sei, Arbeit anzunehmen. Das habe sich in der Arbeitslosenstatistik widergespiegelt. Die von der SPD vorgeschlagene Schaffung eines "sozialen Arbeitsmarktes" stufte Merkel als ursprüngliche Idee der Linkspartei ein.

SPD-Parteichef Sigmar Gabriel lobte das Konzept: "Damit wird die Lebensleistung eines jeden respektiert" , sagte er in Berlin. Am Kern der Arbeitsmarktreformen der rot-grünen Regierung unter Kanzler Gerhard Schröder müsse sich nichts ändern. Aber Teile hätten bei den Menschen "zu erheblicher Verunsicherung beigetragen".

Zwei Monate vor der wichtigen Landtagswahl in Nordrhein-Westfalen nimmt die SPD damit Korrekturen vor, von denen sie sich mehr Rückhalt bei den Wählern verspricht.

Auch den Übergang vom Arbeitslosengeld I zu Hartz IV will die SPD stärker abfedern. Der bisherige, auf zwei Jahre begrenzte Übergangszuschlag von bis zu 160 Euro im Monat soll so "weiterentwickelt" werden, dass sich lange Beschäftigungszeiten von Arbeitnehmern darin niederschlagen.

Zudem plädiert die SPD für eine strengere Regulierung der Zeitarbeit sowie für einen bundesweiten gesetzlichen Mindestlohn in Höhe der von den Gewerkschaften geforderten 8,50 Euro.

Vorgeschlagen wird auch ein "sozialer Arbeitsmarkt": Mit Mehrausgaben von drei Milliarden Euro sollen 200.000 sozialversicherungspflichtige Arbeitsplätze für Arbeitslose entstehen, die ansonsten keine Job-Chance hätten.

Auch die FDP beschloss bei einer Präsidiumssitzung am Montag in Berlin ihr Konzept zur Neuregelung der Hartz-IV-Gesetzgebung. Im Mittelpunkt des Papiers stehen höhere Zuverdienstmöglichkeiten für Arbeitslose, wie Parteichef Guido Westerwelle im Anschluss an die Sitzung sagte.

Auch ein pauschaler Festbetrag für die Unterkunft sowie eine höhere Grenze für das Schonvermögen von Hartz-IV-Empfängern sind in dem FDP-Konzept vorgesehen.

Im Video: Die SPD rückt schrittweise von ihren Arbeitsmarktreformen aus Zeiten der rot-grünen Bundesregierung ab.

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