Für das Time-Magazin war James F. Byrnes der Mann des Jahres. Nach Meinung der Redaktion hatte er den größten Einfluss auf die Weltpolitik ausgeübt.
Unter anderem hatte der US-Politiker am 6. September im Großen Haus des Württembergischen Staatstheaters eine Rede gehalten, die schon bald als Sensation gefeiert wurde.
Zum ersten Mal nach der Niederlage des NS-Regimes war ein Außenminister der Alliierten ins zerbombte Deutschland gereist, und er hatte seine Ansprache mit den Worten beschlossen: "Das amerikanische Volk wünscht, dem deutschen Volk die Regierung zurückzugeben. Das amerikanische Volk will dem deutschen Volk helfen, seinen Weg zurückzufinden zu einem ehrenvollen Platz unter den freien und friedlichen Nationen der Welt."
Eine Rede in Stuttgart als Neubeginn
Nicht von Vergeltung war darin die Rede ("Wir werden uns gegen zu harte und von Rachsucht diktierte Maßnahmen wenden, die einem wirklichen Frieden im Wege stehen"), sondern von einem Neubeginn der Beziehungen zwischen Siegern und Besiegten.
Als "Speech of Hope" ging der Auftritt von Stuttgart in die Geschichtsbücher der Deutschen ein, wo sie auch heute noch als Markstein das Jahres 1946 gefeiert wird.
Bei Victor Sebestyen kommt James F. Byrnes auch vor, etwa als Empfänger eines Briefes von Harry S. Truman im Januar 1946. Darin schreibt der US-Präsident: "Ich glaube, wir sollten uns jetzt auf keine Kompromisse mehr einlassen. Ich habe es satt, die Sowjets mit Samthandschuhen anzufassen." Was dagegen nicht vorkommt, ist die "Rede der Hoffnung".
Das mag auf den ersten Blick verwundern - aber genau an diesem Punkt lässt sich festmachen, was das seitenstarke Werk des in Ungarn geborenen und in London lebenden Journalisten und Historikers Sebesteyn von anderen Büchern unterscheidet: Es geht hier um einen pessimistischen Ansatz der Geschichtsdeutung - und es geht weder um den deutschen Blick auf die Ereignisse von vor 70 Jahren, noch einen dezidiert europäischen. Hier gerät die ganze Welt in den Fokus - und das ist ziemlich spannend.
Nun sind Monografien über einzelne "Schicksalsjahre" zu passenden runden Jubiläen - zuletzt war 1914 an der Reihe, noch in diesem Frühjahr folgt 1956 - seit einiger Zeit durchaus in Mode, das muss aber nicht gegen den Ansatz sprechen. Ganz im Gegenteil.
"1946. Das Jahr, in dem die Welt neu entstand" nimmt den Leser mit auf eine rastlose Reise quer über fast alle Kontinente, führt ihn zu zahllosen Konfliktherden und zu schillernden Persönlichkeiten, die das Heft des Handels ganz nach dem Motto "Männer machen Geschichte" fest in der Hand zu halten glaubten. Und immer mit dabei: das "Schreckgespenst", wie es Sebestyen nennt: die weitverbreitete Angst, dass es zu einem neuen globalen Krieg kommen könnte.