Handelspolitik:Cem Özdemir verurteilt Blockade für ukrainisches Getreide

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Hat kein Verständnis für das Vorgehen der Regierungen aus Polen, Ungarn und der Slowakei: Bundeslandwirtschaftsminister Cem Özdemir. (Foto: Uli Deck/dpa)

Der Bundeslandwirtschaftsminister ist überzeugt, dass Polen, Ungarn und die Slowakei gegen EU-Recht verstoßen. Die Ukraine kündigt eine Klage an - und Gegenmaßnahmen.

Die von Polen, Ungarn und der Slowakei eigenständig aufrechterhaltenen Einfuhrbeschränkungen von ukrainischem Getreide sind nach Ansicht von Bundesagrarminister Cem Özdemir wohl nicht mit EU-Recht vereinbar. Er sehe keinen Anlass für solche Maßnahmen, sagte der Grüne am Montag vor einem Treffen mit seinen EU-Kolleginnen und -kollegen in Brüssel. Er wisse auch nicht, "wie das mit EU-Recht in Übereinstimmung zu bringen" sei, denn der Markt nehme das ukrainische Getreide gut auf. Eine Sprecherin der EU-Kommission sagte, die Behörde analysiere die Maßnahmen der drei EU-Staaten derzeit.

Die Behörde hatte am Freitag mitgeteilt, die umstrittenen Handelsbeschränkungen für ukrainische Getreideprodukte auslaufen zu lassen. Damit stellte sie sich gegen Forderungen aus Polen und Ungarn. Als Reaktion hatten die beiden Staaten und die Slowakei angekündigt, die Maßnahmen auch ohne Zustimmung Brüssels aufrechtzuerhalten. Sie begründen dies damit, einheimische Landwirte vor zu großer Konkurrenz schützen zu wollen. In Polen finden Mitte Oktober Wahlen statt.

Die Ukraine kündigt Gegenmaßnahmen an

Rückendeckung bekommt Özdemir von seinem Ministerkollegen aus Spanien, also aus jenem Land, das bis Jahresende die EU-Ratspräsidentschaft innehat. Einseitige Maßnahmen, die den Zugang zum Binnenmarkt einschränkten, seien aus seiner Sicht nichts, was unter das Gesetz falle, sagte Luis Planas. Beide betonten, die EU-Kommission müsse beurteilen, ob sie im Vorgehen der drei mitteleuropäischen EU-Staaten einen Rechtsbruch sieht. Dann könnte ein sogenanntes Vertragsverletzungsverfahren eingeleitet werden, was mit einem Verfahren vor dem Europäischen Gerichtshof und einer Geldstrafe enden kann.

Unterdessen kündigte die ukrainische Regierung an, die verhängten Importverbote mit juristischen Schritten zu Fall bringen zu wollen. Landwirtschaftsminister Mykola Solskyj sagte der Nachrichtenagentur Reuters, sein Land werde "in naher Zukunft" Klage gegen die drei EU-Mitgliedstaaten einreichen. Der ukrainische Handelsbeauftragte Taras Katschka kündigte in einem Interview mit Politico ebenfalls eine Klage vor der Welthandelsorganisation an. Außerdem drohte er mit Gegenmaßnahmen, etwa einem Einfuhrverbot von Obst und Gemüse aus Polen.

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Agrargüter zählen zu den wichtigsten Einnahmequellen der Ukraine. Wegen des Kriegs gegen Russland versucht Kiew, Produkte statt über das umkämpfte Schwarze Meer verstärkt über den Landweg zu exportieren. Nachbarländer hatten ursprünglich angeboten, den Transport ukrainischer Ernten über eigenes Territorium zuzulassen. Allerdings sanken dadurch die heimischen Getreidepreise in osteuropäischen Ländern, was Bauern-Proteste auslöste.

© SZ/dpa/Reuters/mati - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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