Das "Riff zum feurigen Kreuz" hat - wenn man von oben schaut - eher die Form eines Schiffes. Genauer betrachtet: die eines Flugzeugträgers. Fiery Cross Reef dürfte eigentlich auch nicht mehr als Riff bezeichnet werden, denn die Ansammlung von Untiefen und Felsen ist in nur neun Monaten zu einer kompakten Insel-Masse zusammengewachsen, Dank der vielen Schwimmbagger, die permanent Sand aus der Tiefe holen und an den richtigen Stellen aufhäufen.
Bereits im November 2014 war klar, dass die chinesische Regierung als Betreiber dieser Großbaustelle ein ambitioniertes Ziel verfolgt: Die Insel muss mindestens drei Kilometer lang werden - groß genug, um eine Landebahn für die größten und schwersten Flugzeuge der Welt zu schaffen. Seit wenigen Tagen hat sich der Verdacht nun bestätigt: Neue Satelliten-Bilder zeigen, dass ein Drittel des Archipel-Flughafens bereits gebaut ist.
Immer neue Bauprojekte im Pazifischen Ozean
Die Nachricht vom Flughafen mitten im Südchinesischen Meer hat Fachleute nicht überrascht. Seit Monaten verfolgen Experten mit wachsender Sorge, wie immer neue Bauprojekte aus den Wassern des Pazifischen Ozeans emporsteigen. Nun aber haben die Ingenieurarbeiten ein derart beängstigendes Ausmaß angenommen, dass die Weltöffentlichkeit aufgerüttelt werden muss - finden zumindest die Anrainer-Staaten Philippinen und Vietnam, die sich in dieser Sache auf einen mächtigen Verbündeten stützen können: die USA.
Also tauchen in immer kürzeren Abständen Satelliten-Aufnahmen auf, die den Baufortschritt beweisen. Washington Post, Wall Street Journal, Economist, New York Times - in schneller Frequenz kommen die Alarmmeldungen. "Da gibt es eine stille Kampagne", sagt der Sicherheitsexperte und Präsident des japanischen Instituts für Internationale Angelegenheiten, Yoshiji Nogami. Expose and impose nennt man das auf Englisch - einen Missstand aufdecken und die Kosten dafür benennen.
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Material aus der Tiefe: Ein chinesisches Spezialschiff fördert am südlichen Eingang des Mischief Riffes Sand, um damit künstliche Inseln zu schaffen.
Bild: Reuters/CSIS/AMTI -
Dutzende Schiffe bringen Baumaterial zu dem Riff. Der südliche Zugang des Atolls wurde erweitert, wie hier zu erkennen ist.
Bild: Reuters/CSIS/AMTI -
Auf den Satellitenbildern sieht man auch deutlich den aufgewirbelte Sand, der das sonst dunkle Meer hellblau erscheinen lässt.
Bild: Reuters/CSIS/AMTI -
Eine ganze Flotte schüttet am nördlichen Ende des Atolls Sand auf. Mit den Inseln möchte China seinen Anspruch auf die Rohstoffe der Region sichern.
Bild: AFP/CSIS -
China hat einige der Inseln zu Stützpunkten ausgebaut, wie beispielsweise das Johnson South Riff, das von mehreren Anrainerstaaten beansprucht wird.
Bild: AFP/Philippine Department of Foreign Affairs
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Diesmal könnte es gefährlich werden, es geht um militärische Vorteile
Adressat dieser kaufmännischen Übung in Diplomatie: die Regierung in Peking. Denn hinter der Mehrzahl der Bauprojekte im Südchinesischen Meer steckt China. Das Mischief Riff wächst seit Monaten zu einer beeindruckenden Landmasse heran, am Subi Riff entsteht ebenfalls eine Landebahn, Spekulationen blühen über Baupläne für das Johnson South Riff und die Woody Insel, die Teil der weiter nördlich gelegenen Paracel-Inseln ist. Im Südchinesische Meer hat die nächste Phase eines groß angelegten Manövers um Macht und Einfluss begonnen. Nur: Diesmal könnte es gefährlich werden, denn nun geht es um militärische Vorteile.
Die Auseinandersetzung um Besitz und Recht wird zwischen den Anrainern schon seit Jahrzehnten geführt. Meist unter dem Vorwand wissenschaftlicher Forschung oder des Naturschutzes wurden Inselchen besetzt, mit zum Teil abenteuerlichen Methoden befestigt oder bewohnbar gemacht. Sogenannte Forscher oder Grenzbeamte sitzen fast schon wörtlich genommen auf Pfählen im Südpazifik. Schwankende Plattformen bieten geringen Schutz vor Monsun-Stürmen, Stahlkonstruktionen rosten in der salzigen Feuchtigkeit, die UV-Strahlung ist enorm. Legendär die Besetzungsaktionen vor allem der Chinesen, etwa die des Mischief Riffes 1995.