Planungen, Genehmigungen, Bauvorhaben - vieles soll künftig schneller gehen im Land. Einen ersten Vorschlag dazu hat das Kanzleramt gemacht, seit voriger Woche gibt es dazu auch die Vorschläge und Anmerkungen der Länder. Teils gehen sie über die Beschleunigungsideen des Kanzleramtes sogar noch hinaus. Wird da womöglich am Ende zu viel der Beschleunigung geopfert?
Die Sorge, dass es so kommen könnte, wächst - jedenfalls bei Umweltverbänden und Umweltpolitikern. "Die Vorschläge sind überzogen und gehen auf Kosten der Rechtssicherheit", sagt etwa der umweltpolitische Sprecher der Grünen-Fraktion, Jan-Niclas Gesenhues. "Ein Kahlschlag beim Umweltschutz ist das falsche Instrument, wenn man Planungen beschleunigen will." Letztlich verlören so Bauprojekte die Akzeptanz.
"Gerade in Zeiten eines massiven Artensterbens müssen wir Naturschutz und Infrastrukturausbau gemeinsam denken, statt sie gegeneinander auszuspielen", mahnt Gesenhues. Würden Behörden besser ausgestattet und die Digitalisierung bei Genehmigungen eine größere Rolle spielen, sei der Beschleunigung ein besserer Dienst erwiesen.
Prüfungen zur Umweltverträglichkeit sollen öfter wegfallen können
Tatsächlich finden sich in dem Papier eine Reihe von Vorschlägen, mit denen sich Umweltbelange in den Verfahren schwerer durchsetzen ließen. So soll die bisher nötige Umweltverträglichkeitsprüfung häufiger wegfallen können oder standardisiert durchgeführt werden - zuletzt waren solche Ausnahmen auch erlaubt worden, um schneller Terminals für Flüssigerdgas errichten und anschließen zu können.
Auch sollen sich Straßen, Stromleitungen oder Industrieanlagen leichter genehmigen lassen, indem nicht mehr detailliert das Vorkommen bestimmter Arten geprüft wird, sondern nur noch standardisiert. Vorbild sind hier Vereinbarungen rund um den Ausbau der Windkraft. Dagegen sollen nach Willen der Länder die Rechtschutzmöglichkeiten der Umweltverbände beschränkt werden - auf Fälle nämlich, in denen "kein überwiegendes oder gar überragendes öffentliches Interesse an bestimmten Projekten besteht", wie es in den Anmerkungen der Länder heißt.
Ob so ein Interesse besteht, soll sich nicht nur an Gesetzen orientieren, sondern kann auch "von Verwaltung und Gericht plausibel gemacht" werden. Nachträgliche Einwände gegen Projekte sollen sich schwerer einbringen lassen, und geprüft werden soll auch eine Legalplanung für "große und bedeutsame Infrastrukturvorhaben". Die Genehmigung würde dann nicht mehr eine Behörde erteilen, sondern der Bundestag. Wer dagegen etwas unternehmen möchte, müsste das Bundesverfassungsgericht anrufen.
Umweltverbände sind von den Vorschlägen wenig begeistert. "Wer alles beschleunigen will, beschleunigt nichts", warnt Kai Niebert, Chef des Deutschen Naturschutzrings, der Dachorganisation der Umweltverbände. "Deswegen sollte die Kraft zur Beschleunigung in die Daseinsvorsorge und nicht in Straßen oder Fabriken gesteckt werden." Schließlich gebe es auch hier "Kaugummibürokratie". Etwa, wenn es darum gehe, Städte gegen Überschwemmungen zu schützen oder das CO₂ in Mooren zu speichern. Dies müsse Vorrang haben.