Deutsche Bahn:Lokführer-Gewerkschaft GDL fordert mehr als nur Geld

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Er sagt, er wolle "bahnbrechend" sein: Claus Weselsky, Vorsitzender der GDL. (Foto: via www.imago-images.de/imago images/Mauersberger)

Die Bahn steckt seit Ende Februar in einem zähen Tarifkonflikt mit der EVG. Noch vor einem Abschluss in diesem Konflikt läuft sich nun die zweite Bahn-Gewerkschaft warm und stellt hohe Forderungen. Warnstreiks im Herbst werden damit wahrscheinlich.

Von Carina Seeburg

Der Herbst könnte für die Fahrgäste der Deutschen Bahn ungemütlich werden. Die Gewerkschaft der Lokomotivführer (GDL) mit ihrem Bundesvorsitzenden Claus Weselsky hat verkündet, mit welchen Forderungen sie in die nächsten Tarifverhandlungen mit der Deutschen Bahn ziehen will. Wegen der hohen Inflation geht es dabei wie schon zuvor bei den Verhandlungen mit der Eisenbahn- und Verkehrsgewerkschaft (EVG) um äußerst hohe Lohnforderungen, darüber hinaus aber auch um bessere Arbeitsbedingungen für die Beschäftigten. Die GDL setzte in den vergangenen Jahren auf eine harte Verhandlungsführung und viele Streiks. Verhandelt wird allerdings erst im November, bis dahin gilt eine Friedenspflicht.

Die Gewerkschaft GDL strebt neben einer deutlichen Lohnerhöhung auch eine Arbeitszeitverkürzung an. Zu den Kernforderungen gehören eine "allgemeine Entgelterhöhung" von 555 Euro, eine Erhöhung der Zulagen für Schichtarbeit um 25 Prozent sowie eine Senkung der wöchentlichen Arbeitszeit von 38 auf 35 Stunden für Schichtarbeiter ohne anteilige Lohnabsenkung. Außerdem will die GDL eine steuerfreie Inflationsausgleichsprämie von 3000 Euro durchsetzen.

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Mit einer Verbesserung der Arbeits- und Lebensbedingungen ihrer Mitglieder wolle die GDL auch für die Zukunft "Sorge tragen, dass im Eisenbahnsystem ausreichend Arbeitskräfte ankommen", sagte Weselsky am Montag in Berlin. "Unsere Kernzielsetzung ist, endlich mal für ausreichend Personal in diesem Bereich zu sorgen." Der Fachkräftemangel liege auch daran, dass im Eisenbahnsegment Schichtarbeit systemimmanent sei. "24 Stunden, 7 Tage die Woche, 365 Tage im Jahr" - die Mitarbeiter seien rund um die Uhr im Einsatz. Nur mit besseren Arbeitsbedingungen könne man auch junge Menschen für den Bereich begeistern. Die GDL habe deshalb eine Genossenschaft gegründet, die mittelfristig als Leihfirma für Lokführer auftreten will, kündigte Weselsky überraschend an.

Bei der Deutschen Bahn werden gut 8000 Beschäftigte nach den mit der GDL ausgehandelten Tarifverträgen bezahlt. Die konkurrierende Eisenbahn- und Verkehrsgewerkschaft EVG ist bei dem bundeseigenen Konzern deutlich stärker vertreten, ihr Tarifwerk wird auf gut 180 000 DB-Beschäftigte angewendet. Da die GDL aber vor allem die Interessen der Lokführerinnen und Lokführer vertritt, kann auch die kleinere, aber traditionell aggressivere Gewerkschaft den Zugverkehr mit Warnstreiks empfindlich stören.

Der bisher letzte Tarifkonflikt zwischen der GDL und der Deutschen Bahn wurde im September 2021 gelöst. Vereinbart wurden damals Tariferhöhungen von insgesamt 3,3 Prozent sowie Einmalzahlungen. Mit Blick auf die deutlich gestiegene Inflation ist ein Abschluss in dieser Größenordnung dieses Mal völlig ausgeschlossen.

Die Bahn leidet bereits unter Schulden von 30 Milliarden Euro

Angesichts der hohen Forderungen der GDL dürften die Verhandlungen im Herbst hart werden, denn die Bahn leidet bereits unter Schulden von 30 Milliarden Euro. Jährliche Mehrausgaben für das Personal kann sich der Konzern eigentlich kaum leisten. Das Geld würde auch an anderer Stelle fehlen, etwa bei Ausbau und Sanierung des Schienennetzes. Immerhin: Das neue Gesprächsangebot der Konkurrenzgewerkschaft EVG hat die Bahn inzwischen angenommen. Ab dem 12. Juni sind neue Gespräche geplant. Warnstreiks soll es bis dahin keine geben.

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