Migration:Merz bleibt bei umstrittener Formulierung

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Will seine kontroverse Aussage über Zahnarztbesuche von Asylbewerbern nicht zurücknehmen: der CDU-Vorsitzende Friedrich Merz. (Foto: Ronny Hartmann/dpa)

Der CDU-Vorsitzenden hatte von einer angeblichen Vorzugsbehandlung von Asylbewerbern beim Zahnarzt gesprochen. Die Kritik an seiner Äußerung reißt nicht ab.

Von Constanze von Bullion, Berlin

Trotz Kritik aus der eigenen Partei, dem Kanzleramt und der evangelischen Kirche möchte der CDU-Vorsitzende Friedrich Merz seine umstrittene Bemerkung zu Zahnarztbesuchen von Asylbewerbern nicht korrigieren. "Da muss nicht gleich die ganze Republik in Schnappatmung verfallen, wenn man mal zu diesem Thema etwas klar und deutlich sagt", sagte er am Wochenende beim Landesparteitag der sachsen-anhaltischen CDU in Magdeburg. Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) hingegen forderte Merz zu einer anderen Tonlage in der Migrationspolitik auf. "Was Herr Merz vorgetragen hat, entspricht nicht der rechtlichen Lage in Deutschland", sagte er im Südwestrundfunk (SWR). "Ich finde, dass man besser auf seine Worte aufpassen sollte."

Merz hatte am Mittwoch in der Sendung "Welt-Talk" zur Migrationslage gesagt: "Die werden doch wahnsinnig, die Leute, wenn die sehen, dass 300 000 Asylbewerber abgelehnt sind, nicht ausreisen, die vollen Leistungen bekommen, die volle Heilfürsorge bekommen. Die sitzen beim Arzt und lassen sich die Zähne neu machen, und die deutschen Bürger nebendran kriegen keine Termine." Das stieß auf Widerworte, auch bei Ärztinnen und Ärzten. Eine Bevorzugung Geflüchteter bei Terminen gebe es nicht.

Zudem leben rund 80 Prozent der 304 000 abgelehnten Asylbewerber, die Ende 2022 in Deutschland registriert waren, mit einer Duldung. Sie können nicht abgeschoben werden, weil das Herkunftsland bei der Rückführung nicht kooperiert, Papiere fehlen oder eine Krankheit vorliegt. Vollen Anspruch auf Gesundheitsversorgung haben Asylbewerber erst nach 18 Monaten.

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Mit Zahlen oder Statistiken lassen sich die Behauptungen von Friedrich Merz zur zahnärztlichen Behandlung Geflüchteter in Deutschland nicht belegen. Auch sonst spricht wenig für seine Thesen.

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Scharfe Kritik aus der evangelischen Kirche

Braunschweigs evangelischer Landesbischof Christoph Meyns distanzierte sich am Sonntag scharf von der Äußerung des CDU-Chefs. "Das ist unerträglich", sagte er beim Erntedankgottesdienst im Braunschweiger Dom. Merz übernehme den Politikstil der AfD. Zuvor hatte der Vize-Chef des CDU-Sozialflügels, Christian Bäumler, Merz aufgefordert, sich zu korrigieren oder auf die Kanzlerkandidatur zu verzichten. "Die Entgleisungen von Merz sind mit dem christlichen Menschenbild nicht vereinbar. Viele CDU-Mitglieder schämen sich für ihren Parteivorsitzenden", sagte er der Deutschen Presse-Agentur.

Der frühere Bundestagspräsident Wolfgang Schäuble (CDU) sprach sich dagegen für eine Absenkung von Sozialleistungen aus. "Wir müssen einsehen, dass wir uns diese Asylpolitik nicht mehr leisten können", sagte er Zeit Online. "Wenn wir ein höheres Sozialleistungsniveau anbieten, brauchen wir uns nicht zu wundern, dass die Menschen versuchen, möglichst nach Deutschland zu kommen."

Debatte um Sachleistungen für Asylbewerber

Aus der FDP kamen erneut Vorschläge, Asylbewerber mit Prepaid-Karten statt mit Geld auszustatten. Entwicklungsministerin Svenja Schulze (SPD) sieht diesen Vorschlag skeptisch. Mit der Umwandlung in Sachleistungen sei ein hoher bürokratischer Aufwand verbunden, sagte sie Bild am Sonntag. Im Übrigen sei die Umstellung schon heute möglich. "Warum macht es die Union dann nicht dort, wo sie regiert?", fragte Schulze.

Die Grünen drangen darauf, Asylbewerber schneller die Erwerbstätigkeit zu erlauben. "Wir brauchen endlich eine vollständige Abschaffung der vielfach noch bestehenden Arbeitsverbote für Geflüchtete. Das ist sinnvoll und kurzfristig umsetzbar", sagte Grünen-Fraktionschefin Katharina Dröge Zeitungen der Funke-Mediengruppe. Ihr Stellvertreter Andreas Audretsch fügte hinzu, CDU und CSU hätten über Jahrzehnte absurde Arbeitsverbote durchgesetzt. Das verhindere Integration und schade der Wirtschaft.

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