Europäische Union:Weber gibt Macron "Mitschuld" am Erfolg von Le Pen

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Manfred Weber, Fraktionschef der Europäischen Volkspartei im Europaparlament fordert eine "Brandmauer" gegen Le Pen. (Foto: Christoph Hardt/Imago)

In den EU-Institutionen geht die Sorge vor einem Wahlsieg der Populistin um. Luxemburgs Außenminister Asselborn sieht sogar "eine Art politischen Bürgerkrieg" in Frankreich.

Von Josef Kelnberger und Matthias Kolb, Brüssel/Luxemburg

Auch wenn Annalena Baerbock erst seit vier Monaten Außenministerin ist, kennt sie die Diplomaten-Regel, die Innenpolitik anderer Länder nicht zu kommentieren. Darauf verweist die Grüne, als sie vor dem Treffen der EU-Außenminister in Luxemburg gefragt wird, wie besorgt sie über das Wahlergebnis in Frankreich ist. Schließlich hätten mehr als 50 Prozent der Wählerinnen und Wähler Kandidaten gewählt, die Pro-Putin- und Anti-EU-Positionen vertreten. Es folgt ein Satz, der sich nur als Unterstützung für Präsident Emmanuel Macron verstehen lässt: Als "Herzenseuropäerin" sei es ihr ein "Herzensanliegen", gerade in diesen Zeiten zusammenzustehen.

Jean Asselborn vertritt Luxemburg seit bald 17 Jahren und hält an diesem Montag wenig von diplomatischen Ritualen. "Die sind in einer Art politischem Bürgerkrieg", sagt der Sozialdemokrat über die Franzosen. Der dienstälteste Außenminister der EU nennt das Resultat, das zur Neuauflage des Duells zwischen Macron und Marine Le Pen führt, "sehr, sehr besorgniserregend". Die EU sei ein Werte- und Friedensprojekt, doch Le Pen würde sie auf eine andere Schiene setzen, fürchtet Asselborn. "Das müssen die Franzosen verhindern."

Le Pen wolle den EU-Institutionen den Kampf ansagen

Le Pen hat vor Monaten angekündigt, als Präsidentin zuallererst nach Brüssel zu reisen. Das darf man als Drohung auffassen. Sie wolle, sagte sie, den EU-Institutionen den Kampf ansagen, die "ohne die Völker oder gar gegen die Völker" regierten. Die EU solle zur Vereinigung der "freien Nationen" werden. Sie fordert, anders als noch 2017, weder den Austritt aus der EU noch aus dem Euro. Aber der Kampf um ein gemeinsames Recht wäre mit einer Präsidentin Le Pen wohl verloren, da ist sie an der Seite von Polen und Ungarn.

Nationales Recht habe Vorrang, das ist die Position der langjährigen Europa-Abgeordneten, wobei es ihr vor allem auf Fragen der Migration ankommt. Die gemeinsame europäische Haltung zum Krieg in der Ukraine würde ebenso infrage gestellt wie der "Green Deal". Denn Le Pen könnte alle Klimagesetze, die gerade durch das Parlament gehen, blockieren.

"Ein Frankreich unter Führung von Le Pen wäre eine Vollbremsung für die europäische Integration, schlimmer als der Brexit", sagte Manfred Weber (CSU) der Süddeutschen Zeitung. Der Fraktionschef der Europäischen Volkspartei im Europaparlament und voraussichtliche neue EVP-Vorsitzende fordert eine "Brandmauer", um Le Pen zu stoppen, kritisiert jedoch auch Macron. "Sein politisches Konzept, die etablierten Parteien zu überwinden und nur zwischen Progressiven und Populisten zu unterscheiden, ist zwar erfolgreich, hat aber zu einer tiefen Spaltung der Gesellschaft geführt." Wenn kein Wettbewerb mehr in der Mitte stattfinde, würden Populisten stärker. Macron habe "Mitschuld am Erfolg der Populisten", sagt Weber, dessen EVP-Parteifreundin Valérie Pécresse desaströse 4,8 Prozent der Stimmen erhielt.

"Jetzt alle hinter Emmanuel Macron versammeln", schrieb der SPD-Politiker Michael Roth, Vorsitzender des Auswärtigen Ausschusses im Bundestag und vormaliger Staatsminister für Europa, auf Twitter. "Er oder der Untergang des vereinten Europas. Hört sich pathetisch an. Ist aber so."

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