Abschiebungen:Die SPD muss Seehofer stoppen

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Horst Seehofers Gesetzesentwurf sieht unter anderem vor, dass Migranten in Zukunft härter bestraft werden, wenn sie ihre eigene Abschiebung behindern. (Foto: dpa)

Seehofer schlägt drastische Maßnahmen vor, um abgelehnte Asylbewerber abzuschieben. Wenn die SPD das Gesetz so durchgehen lässt, kann sie einpacken.

Kommentar von Constanze von Bullion, Berlin

Er klingt wie Weichspülerwerbung, der Name des Vorhabens. Das "Geordnete-Rückkehr-Gesetz" wurde am Donnerstag auf den Weg gebracht. Geordnet rückkehren, gern auf Nimmerwiedersehen, sollen nach dem Willen des Bundesinnenministers Flüchtlinge, deren Asylantrag in Deutschland abgelehnt worden ist, die aber nicht ausreisen. Je mehr von ihnen verschwinden, desto besser, lautet das Motto, und wer eine Abschiebung behindert, dem soll Gefängnis drohen. Das ist kein Witz, sondern Teil eines Gesetzentwurfs, der so nicht bleiben kann. Jedenfalls nicht, wenn die SPD noch ernst genommen werden will.

Mehr als 60 Seiten füllt der Referentenentwurf des Zweiten Gesetzes zur besseren Durchsetzung der Ausreisepflicht, das nun "Geordnete-Rückkehr-Gesetz" heißen soll, der besseren Verdaulichkeit wegen. Denn was Horst Seehofers (CSU) Beamte da zusammengetragen haben, löst in der SPD mittleres Entsetzen aus und dürfte den brüchigen Burgfrieden der großen Koalition wieder gefährden. Wenige Wochen nachdem in Deutschland ein erstes, überfälliges Einwanderungsgesetz angekündigt wurde, heißt es: so viele Fremde raus wie möglich.

Asylpolitik
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Der Innenminister will Menschen bereits dann abschieben können, wenn sie wegen Sozialleistungsbetrugs oder Rauschgiftdelikten verurteilt wurden.

236 000 ausreisepflichtige Menschen leben in Deutschland, 180 000 bleiben mit einer Duldung im Land, weil ihnen zu Hause Tod oder Terror drohen, ihre Regierung sie nicht zurückhaben will, keine Papiere ausstellt oder weil die Geflüchteten nicht aktiv zur eigenen Abschiebung beitragen. Dieser letzten Gruppe will Seehofer zu Leibe rücken und sie schärfer von humanitären Fällen trennen.

Nun ist grundsätzlich nichts dagegen einzuwenden, dass Serienstraftäter oder Terrorhelfer, die sich bisweilen bester anwaltlicher Beratung erfreuen, härter angepackt und früher festgesetzt werden, etwa in Abschiebehaft. Wer den Rechtsstaat systematisch vorführt, kann hier nicht mit Nachsicht rechnen, außer ihm drohen zu Hause Folter und Tod.

"Erweiterte Vorbereitungshaft" für alle abgelehnten Asylbewerber

Seehofers Vorschlag aber geht viel weiter. Für alle abgelehnten Asylbewerber soll eine "erweiterte Vorbereitungshaft" eingeführt werden. Festgesetzt werden kann demnach jeder, der sich "nicht ausreichend" an der Passbeschaffung beteiligt oder nicht darlegen kann, dass er nicht schummelt. Das aber kehrt die Beweislast um, denn bisher muss die Ausländerbehörde eine Identitätstäuschung belegen. Die Zahl Geflüchteter, die ihre Unschuld nicht beweisen können, würde nach Seehofers Plänen in die Hunderttausende gehen. Das ist unverhältnismäßig, weil es nicht auf wenige hartleibige Täuscher zielt, sondern auf die vielen, die das Pech haben, aus Ländern mit dysfunktionalen Verwaltungen zu stammen.

Und wohin mit all den neuen Abschiebehäftlingen? Seehofer will sie in gewöhnlichen Haftanstalten unterbringen, vorläufig und getrennt von Strafgefangenen. Der Bundesgerichtshof hat genau das untersagt. Aber darauf wird gepfiffen. Ein besonders starkes Stück ist schließlich die Androhung von Haft für jeden, der Abzuschiebende gezielt warnt oder entsprechende Informationen verbreitet. Das dient der Einschüchterung von Flüchtlingshelfern, Mitstreitern im Kirchenasyl, auch Journalisten, die vorab über Abschiebungen berichten. Selbstverständlich werde die Pressefreiheit nicht angegriffen, heißt es hierzu im Bundesinnenministerium. Das kann glauben, wer mag. Wenn die SPD das Gesetz so durchgehen lässt, kann sie einpacken.

© SZ vom 15.02.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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