Ex-FBI-Chef zu Trumps Russlandaffäre:Warum Comeys Aussage so spannend ist

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Erstmals berichtet der Ex-FBI-Chef öffentlich, wie Trump ihn in der Russlandaffäre bedrängt haben soll. Hat der US-Präsident Grenzen überschritten? Die wichtigsten Fragen und Antworten.

Von Leila Al-Serori und Matthias Huber

Wer ist James Comey und warum ist seine Aussage so brisant?

James Comey war bis zu seiner Entlassung durch US-Präsident Donald Trump Anfang Mai Chef des FBI. An diesem Donnerstag sagt er vor dem Geheimdienstausschuss des Senats als Zeuge aus. Comey ist eine zentrale Figur in der Russlandaffäre rund um das Wahlkampfteam Trumps - und meldet sich nun erstmals öffentlich und unter Eid vor laufenden Kameras zu Wort.

Es steht der Vorwurf im Raum, dass Trump Comey gedrängt habe, die FBI-Ermittlungen zu den russischen Kontakten des früheren Nationalen Sicherheitsberaters Michael Flynn fallen zu lassen - und dass Trump Comey feuerte, als dieser nicht so mitspielte wie erwartet. Dieser Vorwurf wurde durch zahlreiche Berichte in den vergangenen Wochen genährt - richtig ernst wurde es am Mittwoch durch eine schriftliche Erklärung Comeys, die er vor seiner Anhörung veröffentlichen ließ.

Was wirft Comey Trump vor?

Der geschasste FBI-Chef beschreibt in diesem Statement auf sieben Seiten, wie fünf der neun persönlichen Unterredungen mit Trump bis zu seiner Kündigung abliefen. Comey machte sich nach jedem Gespräch Notizen, mit denen er nun eine minutiöse Nachzeichnung seiner Eindrücke verfassen konnte. Darin bestätigt er, dass der US-Präsident ihn unter Druck setzte und aufforderte, die Ermittlungen zu Flynn "sein zu lassen". Trump habe ihm demnach mehrfach klargemacht, dass er Loyalität erwarte. Und er soll Comey angewiesen haben, ihn selbst in der Russlandaffäre zu entlasten. Comey hat Trump demnach auch bestätigt, dass nicht gegen ihn persönlich ermittelt werde - wollte das aber nicht öffentlich wiederholen. Auch um eine spätere Ermittlung gegen Trump nicht von vornherein auszuschließen. Comeys vollständiges Statement (auf Englisch) finden Sie hier.

Die Aussagen Comeys bestätigen einige Berichte der vergangenen Wochen. Sie liefern aber auch viele neue Details, die nicht nur ein schlechtes Licht auf den US-Präsidenten werfen, sondern auch den Vorwurf untermauern, bei Trumps Vorgehen handele es sich um Behinderung der Justiz.

Kann man Trump nun Behinderung der Justiz nachweisen?

Wenn dieser Begriff von Demokraten als Vorwurf ins Spiel gebracht und von Republikanern abgestritten wird, muss man sich eines klarmachen: Behinderung der Justiz ist ein im amerikanischen Strafrecht klar definierter Tatbestand. Eine solche Tat kann ein Anlass für ein Amtsenthebungsverfahren sein - Behinderung der Justiz war auch der Hauptvorwurf gegen die früheren US-Präsidenten Richard Nixon und Bill Clinton. Nixon kam dem Verfahren durch seinen Rücktritt zuvor, das Verfahren gegen Clinton scheiterte.

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Damit das Verhalten von Trump als Justizbehinderung gelten kann, muss er nicht vorgehabt haben, die Ermittlungen tatsächlich zu behindern. Es reicht, wenn er absichtlich auf eine Weise gehandelt hat, mit der er in Kauf nimmt, dass er die Ermittlungen behindern könnte. Im amerikanischen Recht wird zwischen Straftaten mit "general intent" und mit "specific intent" unterschieden. Justizbehinderung gehört zur ersten Kategorie. Den bisherigen Aussagen Comeys zufolge hat Trump mehrere Anwesende - darunter auch den Justizminister - aus dem Raum geschickt, ehe er Comey bat, die Ermittlungen gegen Flynn einzustellen. Das ist ein starkes Indiz dafür, dass die Voraussetzungen für den "general intent" gegeben sind.

Im Fall von Trump spielt es weder eine Rolle, ob es ihm tatsächlich gelungen ist, die Ermittlungen zu behindern, noch, ob Comey sich durch Trumps Aussagen in seinen Ermittlungen behindert gefühlt hat. Deshalb wird Comey vermutlich versuchen, den Begriff Justizbehinderung in seiner Aussage vor dem Geheimdienstausschuss zu vermeiden und entsprechende Fragen nicht oder nur ausweichend beantworten.

Sollten sich die Aussagen von Comey bestätigen - es hat hohe Beweiskraft, dass er sie als ehemaliger FBI-Chef unter Eid tätigt -, sehen einige US-Rechtsexperten den Vorwurf der Justizbehinderung als beweisbar an. Andere halten dagegen, dass Trump dazu hätte konkreter werden müssen oder dass er Comey sogar hätte befehlen müssen, die Ermittlungen zu beenden. "Nur Druck auszuüben, ist noch keine Justizbehinderung", sagte ein Vertreter der Republikaner im Interview mit CNN. Das lässt aber außer Acht, was nach den Gesprächen zwischen Trump und Comey passierte: nämlich die Entlassung Comeys.

Ist ein baldiges Amtsenthebungsverfahren gegen Trump zu erwarten?

Weder das FBI noch der eingesetzte Sonderermittler Robert Mueller können Trump der Justizbehinderung anklagen und ein solches Amtsenthebungsverfahren einleiten. Diese Befugnis hat stattdessen das Repräsentantenhaus - und in dem hat die Republikanische Partei die Mehrheit. Ob es also zu einem "Impeachment" von Trump kommt, ist in erster Linie eine politische Entscheidung. Die Ermittlungen von Mueller werden am Ende nur eine Empfehlung an den Kongress ergeben.

Aber auch für die Demokraten ist ein Amtsenthebungsverfahren riskant: Scheitern sie damit, so könnte das die Republikaner in den kommenden Wahlen stärken. Außerdem wäre es schwieriger, zu einem späteren Zeitpunkt ein zweites Verfahren einzuleiten, sollten weitere Details über mögliche Verbindungen zwischen dem Trump-Lager und Russland ans Licht kommen. Deshalb haben auch die Demokraten großes Interesse daran, sich nicht zu früh um ein Amtsenthebungsverfahren zu bemühen.

Ein "Impeachment" steht also wohl nicht kurz bevor. Falls es aber dazu kommen sollte, werden die unter Eid getroffenen Aussagen Comeys eine große Rolle spielen.

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