Donald Trump:Der Problem-Präsident

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Mit der Entlassung des FBI-Chefs stellt Donald Trump die Grundsätze der amerikanischen Rechtsordnung infrage - und wird so zur Bedrohung für sein eigenes Land.

Kommentar von Stefan Kornelius

An der Hausfassade des Justizministeriums in Washington steht, in Stein gemeißelt und gut sichtbar für alle Passanten: "Keine freie Regierung kann überleben, die nicht auf der Überlegenheit des Rechts beruht." US-Präsident Donald Trump hat direkt neben diesem Gebäude ein Hotel gekauft. Dann bezog er sein neues Büro im Weißen Haus ein paar Meter weiter. Und nun hat er sich offenbar entschlossen, den amerikanischen Rechtsstaat in seinem Sinne umzubauen.

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Was auch immer der US-Präsident mit der Entlassung des FBI-Chefs bezweckte - die Zweifel am Präsidenten sind nun stärker denn je. Comey soll kurz zuvor um zusätzliche Mittel für die Russland-Ermittlungen gebeten haben.

Von Sacha Batthyany

Gewaltenteilung, die Unabhängigkeit der Justiz, die heilige Trennung zwischen der politischen Aufsichtsbehörde und Strafermittlern: Mit einem zehnzeiligen Entlassungsschreiben an den Direktor der Bundespolizei FBI, James Comey, hat Donald Trump die Grundsätze der amerikanischen Rechtsordnung infrage gestellt und den Eindruck erweckt, er wolle sich selbst vor Strafermittlungen wegen unzulässiger Kontakte mit Russland im US-Wahlkampf schützen. Sollte sich der Verdacht bewahrheiten, dann würde der Präsident zu einer echten Bedrohung für sein eigenes Land - ein Staatschef, der sich über das Gesetz stellt.

Das FBI steht für Gerechtigkeit - und die ist jetzt in Gefahr

Dabei ist es eigentlich das Recht des Präsidenten, den Direktor des FBI zu entlassen. Jedoch hat bisher kaum ein Präsident von diesem Recht Gebrauch gemacht. Die Amtszeit des Direktors ist bewusst auf zehn Jahre angelegt, um kein politisches Wohlverhalten zu provozieren und die Unabhängigkeit zu steigern.

Gleichwohl ist die Sache mit der Unabhängigkeit der Justiz auch in den USA eine relative Angelegenheit. Die obersten Richterstellen werden selbstverständlich nach politischen Interessen besetzt, das Justizministerium führt die Aufsicht über die Ermittlungsbehörden, so auch über die Bundespolizei FBI. Amtsethos und Professionalität verbieten aber eine zu enge politische Führung. Das FBI ist eine nationale Institution, die vom Vertrauen lebt, das die Amerikaner ihr entgegenbringen. Die "Feds" sind Projektionsfläche für höhere, gefährliche Mächte - aber am Ende auch für Gerechtigkeit.

Donald Trumps Verständnis von Gerechtigkeit scheint so zu lauten: Die Bundespolizei ermittelt gegen seine Mitarbeiter und damit indirekt gegen ihn. Nun wirft er den obersten Ermittler einfach hinaus. Der Präsident schafft sich so unliebsame Untersuchungen vom Hals, er macht sich die Justiz gefügig.

Comey, der gefeuerte FBI-Chef, hat wahrlich keine glückliche Hand bewiesen in der Führung seiner Geschäfte. Im Sog eines erbarmungslosen Wahlkampfes waren es seine sehr öffentlich geführten Ermittlungen in der E-Mail-Affäre von Hillary Clinton, die wahlentscheidend gewesen sein könnten. Comey war auch ein sehr politischer Ermittler. Es gibt durchaus Gründe, ihn zu entlassen.

Aber: Hier kollidiert das Interesse an einer sauberen Amtsführung mit dem Interesse an der Aufklärung eines Skandals, der die Präsidentschaft von Trump beenden könnte. Trump hätte Comey längst feuern können, aber er handelt erst jetzt, da die Russland-Ermittlungen deutlich an Fahrt gewinnen und erste Strafverfahren zu erwarten sind. Der Präsident spürt die Meute im Nacken, deswegen ist seine Begründung für die Entlassung Comeys unglaubwürdig.

Jeder Tag in Washington beweist: Diese Präsidentschaft funktioniert nicht. Der gesamte Apparat, die politische Führung der Nation, richtet all ihre Energie auf die Einbindung des Fremdkörpers im Weißen Haus. Die USA sind politisch gelähmt. Der Konsens der Vernünftigen gebietet es, dass Schaden vom Land und von seinen Institutionen abgewendet wird. Der Schaden droht nicht von außen, er droht von der Spitze selbst.

Sollte Trump die verwegene Idee verfolgt haben, mit dem Rauswurf die Russland-Ermittlungen beenden zu können, so hat er nun das Gegenteil erreicht. Selbst wenn der Kongress keinen Sonderermittler durchsetzen kann - das entsprechende Gesetz ist 1999 ausgelaufen, ohne erneuert worden zu sein -, so ist der Appetit an den Ermittlungen jetzt erst so richtig geweckt. Trump mag die Aufklärung verzögern, aber er kann nicht verhindern, dass seine allemal schwache Gefolgschaft im Kongress weiter schwindet und die dünne Mehrheit der Republikaner im Senat bröckelt. Amerika ist eine starke Demokratie, die auch ein Trump nicht so einfach ins Wanken bringen kann.

Die politische Klasse der USA steht vor einer Prüfung. Aus Machtkalkül und einer gewissen Ratlosigkeit lässt sie Trump gewähren. Sie steht gar in der Gefahr, einem Gewöhnungseffekt zu erliegen und die Unerträglichkeiten des Mannes immer wieder hinzunehmen. Der Fall Comey zwingt zu einer Entscheidung, denn mit Trump ist kein Staat zu machen. Der Präsident wird zum Staatsproblem.

© SZ vom 11.05.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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