EU-China-Gipfel:Europa will Spieler sein, nicht Spielfeld

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Verhandlung am Bildschirm: Der EU-China-Gipfel, der in Leipzig stattfinden sollte, wurde wegen der Corona-Krise verschoben. (Foto: via REUTERS)

Auf einer Videokonferenz mit China setzt die EU auf selbstbewusstes Auftreten. Sie erwartet von Präsident Xi Jinping Zusagen im Kampf gegen den Klimawandel und drängt auf den Abschluss eines Investitionsabkommens.

Von Daniel Brössler, Berlin, und Matthias Kolb, Brüssel, Berlin/Brüssel

Nach einer mehr als zweistündigen Videokonferenz mit Chinas Präsident Xi Jinping haben EU-Spitzenpolitiker die Hoffnung geäußert, durch ihr geschlossenes Auftreten konkrete Ergebnisse in der Handelspolitik und beim Klimaschutz zu erzielen sowie auf der Weltbühne ernster genommen zu werden. "Europa muss zu einem Spieler werden, nicht zu einem Spielfeld", sagte EU-Ratspräsident Charles Michel nach dem Gespräch, an dem auch Bundeskanzlerin Angela Merkel und Kommissionschefin Ursula von der Leyen teilgenommen hatten.

Es sei "richtig und wichtig", sich um gute strategische Beziehungen zu China zu bemühen, betonte Merkel. Allerdings dürfe man keine Illusionen hegen, sondern müsse "die Dinge an den Realitäten messen". Bisherige Öffnungen der chinesischen Wirtschaft seien nicht ausreichend. In den vergangenen 15 Jahren habe sich China von einem Entwicklungsland in einen Wettbewerber in vielen Bereichen der Hochtechnologie verwandelt. Wichtig seien daher faire Wettbewerbsbedingungen. "Wir haben Druck gemacht, dass wir beim Investitionsabkommen vorankommen müssen", sagte Merkel. Einen Abschluss des Abkommens bis zum Jahresende bezeichnete sie als möglich. Hierfür habe es zumindest einen "politischen Impuls" gegeben.

Europa und China
:Merkel und von der Leyen wollen Kante zeigen

Was ein großer Gipfel mit Chinas Staatschef Xi werden sollte, ist wegen der Pandemie auf einen Videocall zusammengeschrumpft. Klimaschutz, Menschenrechte, Investitionen - kein für China heikles Thema soll ausgespart werden.

Von Daniel Brössler und Matthias Kolb

Über das Abkommen, das europäischen Firmen mehr Zugang in China verschaffen soll, wird seit 2013 verhandelt. Von der Leyen betonte, dass es nach Überwindung des Stillstands Ende Juni trotz einiger Fortschritte noch sehr viel zu tun gebe, etwa bei konkreten Fragen des Marktzugangs. China könne beweisen, dass es dieses Abkommen wirklich wolle. "Dies ist keine Frage der Zeit, sondern der Substanz", sagte sie.

Kanzlerin Merkel spricht von einem "guten, ehrlichen und offenen Austausch"

Bei der Videokonferenz drängten die Europäer Xi auch zu Fortschritten beim Klimaschutz. Europa habe sich zu Klimaneutralität bis 2050 bekannt, sagte Merkel. Wichtig sei nun, welche Ziele sich China setze, das für die Hälfte des Kohleverbrauchs verantwortlich sei. Darüber wolle man einen "hochrangigen Dialog".

Substanzielle Fortschritte im Streit über Menschenrechtsfragen und die Lage in Hongkong gab es offenbar nicht. Kanzlerin Merkel sprach von einem "guten, ehrlichen und offenen Austausch". Präsident Xi habe zugesagt, europäischen Botschaftern Reisen in die Provinz Xinjiang zu ermöglichen. Von dort wird über Umerziehungslager für Uiguren berichtet.

Das von China durchgesetzte Sicherheitsgesetz für Hongkong gebe weiter "erheblichen Anlass zur Sorge", sagte Ratspräsident Michel. China müsse seiner globalen Verantwortung gerecht werden und internationale Abkommen einhalten, betonte er. Michel warnte China vor einem Streben nach Dominanz und vor unilateralen Handlungen im Südchinesischen Meer.

Vor Beginn der Videokonferenz hatten sich die EU und China auf einen umfassenden Schutz regionaler Lebensmittelspezialitäten geeinigt. Auf europäischer Seite sind etwa Feta-Käse, irischer Whiskey, Münchner Bier und Parmaschinken betroffen. Kanzlerin Merkel sprach in dieser Hinsicht von einem "guten Tag" für die Weinbauern "an Mosel, aus Franken und Rheinhessen".

© SZ vom 15.09.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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