In der Corona-Zeit haben sich viele Menschen an Home-Office und Homeschooling gewöhnt. Ein Nebeneffekt ist das Home-Restaurant. "Es wird viel mehr zu Hause gekocht", stellte Bundesernährungsministerin Julia Klöckner (CDU) am Mittwoch in Berlin fest. Mehr als die Hälfte der Deutschen gibt an, fast täglich in der eigenen Küche ein Gericht zuzubereiten, 13 Prozent mehr als im Jahr 2020.
Klöckners Ministerium stellt einmal im Jahr den sogenannten Ernährungsreport vor, der auf einer Telefonumfrage des Forschungsinstituts Forsa beruht. Demnach kochen zu Hause mehr Westdeutsche als Ostdeutsche, Frauen mehr als Männer und Ältere mehr als Jüngere. Dazu wurde deutlich, dass Lieferdienste zu den Gewinnern der Pandemie gehören. Während vor Corona 31 Prozent der Deutschen mindestens einmal im Monat ein Fertiggericht bestellten, sind es jetzt 45 Prozent.
Der Trend hin zu ökologischem Kaufverhalten hat sich in der Pandemie noch verstärkt. Zwei Drittel der Befragten achten inzwischen auf das Bio-Siegel, 82 Prozent ist wichtig, dass die Produkte aus der eigenen Region kommen. Vegan (zwei Prozent) oder vegetarisch (zehn Prozent) leben jetzt doppelt so viele wie vor einem Jahr. Generell geben immer mehr Deutsche an, statt tierischer Produkte Alternativen zu kaufen, besonders die Jüngeren. Die meisten tun dies dabei zunächst aus schlichter Neugier, viele auch aus Tierschutzgründen.
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Laut Statistischem Bundesamt sank der Fleischkonsum der Deutschen zuletzt auf 57,33 Kilogramm im Jahr. Gestiegen ist indes der Verkauf von Bio-Fleisch, wenngleich auf niedrigem Niveau. Nach Zahlen des Bundes ökologische Lebensmittelwirtschaft BÖLW liegt der Marktanteil von Bio-Geflügel bei 2,6 Prozent und von anderem Fleisch bei 3,6 Prozent.
730 Millionen Nutztiere wurden 2020 geschlachtet
Die Fleischwirtschaft gilt als Treiber für Klima- und Umweltprobleme. In Deutschland wurden im Jahr 2020 etwa 730 Millionen Nutztiere geschlachtet, Futter muss oft importiert werden, die Gülle bereitet den Wasserversorgern Probleme. Ministerin Klöckner setzt sich für ein staatliches Tierwohlkennzeichen ein, um Kunden eine ökologische Wahl zu erleichtern. In der Forsa-Umfrage wünschen sich 86 Prozent der Befragten ein solches Label, mehr als 40 Prozent seien bereit, auch deutlich mehr für Fleisch zu bezahlen.
Allerdings gab es zuletzt viel Kritik an Klöckners Entwurf. Der Bundesrechnungshof rügte hohe Kosten. Zudem setzt Klöckner auf Freiwilligkeit der Unternehmen, weshalb im Bundestag nun ein Scheitern droht, weil die SPD das Kennzeichen verpflichtend machen will.
"Leider lädt die jetzige Bundesregierung die Verantwortung für die ökologische Ernährungswende weiterhin auf den Schultern der Verbraucherinnen und Verbraucher ab und lässt sie damit allein", rügt Tanja Dräger de Teran, Referentin für Ernährung und Landwirtschaft beim WWF Deutschland. Stephanie Töwe, Agrarexpertin bei Greenpeace, zieht ein "bitteres Fazit". In einer Pressemitteilung schreibt sie: "Fleisch aus tierschutzwidriger Haltung dominiert mit über 90 Prozent weiterhin das Angebot, oft ohne dass es erkennbar ist."