Drohende Strafzölle:US-Autoindustrie umgarnt Trump mit Schmeicheleien

Lesezeit: 3 min

Am Stand von General Motors auf der North American Auto Show in Detroit stehen Autos noch in Plastikfolie verhüllt (Archivbild) (Foto: REUTERS)
  • Donald Trump erwägt noch immer, Strafzölle auf Automobilimporte zu erheben. Er will so die heimische Wirtschaft schützen.
  • Der US-Autoindustrie droht jedoch ihr gesamtes Geschäftsmodell zusammenzubrechen, sollte Trump seine Drohungen wahr machen.
  • Es formiert sich zaghafter Widerstand - durchzogen von allerlei devoten Schmeicheleien.

Von Claus Hulverscheidt und Stefan Mayr

Wenn die Top-Manager der US-Wirtschaft eins gelernt haben in den vergangenen 18 Monaten, dann ist es die Erkenntnis, dass es nur einen Weg gibt, um Donald Trump von etwas zu überzeugen: devote Schmeichelei. Und so ist es kein Wunder, dass der Brief an den "lieben Herrn Präsidenten", mit dem gleich sieben Verbände der amerikanischen Autoindustrie die Einführung von Zöllen auf Pkw-Importe doch noch verhindern wollen, vor Liebedienerei nur so trieft.

"Wir wissen, dass Sie ein starker Anwalt des amerikanischen Autosektors sind", heißt es gleich zu Beginn des Schreibens. "Und wir wissen, wie sehr es Ihnen ein Anliegen ist, dafür zu sorgen, dass Neuwagen bezahlbar bleiben und Amerikaner sie kaufen können." Im Namen der fast zehn Millionen Beschäftigten der Branche und aller Kunden könne man deshalb nur sagen: "Wir danken Ihnen."

Die demonstrative Katzbuckelei hat einen guten Grund, denn für die Autobranche steht derzeit weltweit nicht weniger auf dem Spiel als ihr gesamtes Geschäftsmodell. Sollte Trump die Einfuhr von Pkw in die USA tatsächlich mit Abgaben von bis zu 25 Prozent belegen, würden internationale Lieferketten durchtrennt und Investitionsentscheidungen in Billiglohnländern ad absurdum geführt. Betroffen wären vor allem die so exportstarken deutschen Autokonzerne - aber auch ihre US-Konkurrenten General Motors (GM), Ford und Fiat-Chrysler, die Trump ja mit den Zöllen eigentlich vor ausländischer Konkurrenz schützen will. Auch die "Großen Drei" aus Detroit lassen einen erheblichen Teil der Wagen, die sie daheim in den USA verkaufen, im Ausland fertigen, vorzugsweise in Mexiko. Das jedoch gehört zu jenen Fakten, die man dem leicht erregbaren Präsidenten besser nicht allzu oft unter die Nase reibt - deshalb die Schmeichelei.

Handelspolitik
:Deutsche Autoindustrie warnt Trump

Die Konzerne fordern den Präsidenten eindringlich auf, keine Strafzölle zu erheben. Trump übt derweil harsche Kritik an der EU-Strafe gegen Google.

Von Claus Hulverscheidt

Für diesen Donnerstag hatte das Handelsministerium insgesamt 46 Vertreter betroffener Firmen, Verbände, Gewerkschaften und Staaten zu einer fast neunstündigen Anhörung nach Washington geladen, um sich ihre Bedenken anzuhören oder, noch besser, sich ihrer Unterstützung zu vergewissern. Auch Bernd Mattes, der ehemalige Deutschland-Chef von Ford und neue Präsident des Verbandes der Automobilindustrie (VDA), bekam am Abend etwa zehn Minuten Redezeit. Anders als seine US-Kollegen hatte er sich vorgenommen, sich nicht allzu lange mit Höflichkeiten aufzuhalten, sondern zügig zur Sache zu kommen. Die deutsche Autoindustrie, so sagte er gleich zu Beginn, sei mitnichten eine Gefahr für die nationale Sicherheit der USA, wie Trump das behauptet. Im Gegenteil: Sie habe über die Jahrzehnte "bewiesen, dass sie integraler und unverzichtbarer Teil der US-Wirtschaft ist".

Tatsächlich betreiben deutsche Hersteller und Zulieferer in den Vereinigten Staaten mehr als 300 Fabriken und Forschungszentren, in denen mehr als 100 000 Menschen arbeiten. Jedes Jahr werden 800 000 "deutsche" Pkw in den USA hergestellt, der größte "amerikanische" Autoexporteur ist BMW. Das jedoch sind Fakten, die für Trump nicht im Mittelpunkt stehen. Er hält es vielmehr für "ungerecht", dass auf Amerikas Straßen deutlich mehr deutsche Autos unterwegs sind als umgekehrt. Dass amerikanische Pkw lange Zeit qualitativ nicht den besten Ruf hatten, blendet der Präsident ebenso aus wie die Tatsache, dass die großen, spritschluckenden Sportgeländewagen, die GM, Ford und Chrysler mit so viel Erfolg bauen, für viele deutsche Kunden unattraktiv sind.

Doch auch in den USA selbst wächst zur Anhörung des Handelsministeriums der Widerstand gegen Trumps Pläne. Neben den protestierenden Verbänden wollten sich am Donnerstag auch Vertreter der Autogewerkschaft UAW sowie Kongressmitglieder beider Parteien bei einer gemeinsamen Pressekonferenz äußern. 149 Mitglieder des Repräsentantenhauses haben parteiübergreifend einen Brief unterzeichnet, in dem sie vor der Einführung von Autozöllen warnen. Und der einflussreiche republikanische Senator Orrin Hatch kündigte sogar ein Gesetz an, das die Befugnisse des Präsidenten in der Handelspolitik massiv beschneiden würde, sollte Trump nicht beidrehen. Und doch: Ob die Bedenkenträger Erfolg haben werden, ist sehr fraglich.

Viele in den USA hergestellte Sportgeländewagen von BMW und Daimler gehen nach China

Die deutschen Autokonzerne verfolgen die Entwicklung mit einer Mischung aus Sorge und Beschwichtigung. Porsche-Finanzvorstand Lutz Meschke sieht den drohenden Zöllen einigermaßen gelassen entgegen. "Wir haben in den USA sehr loyale Kunden und viele Fans", sagt er. Tatsächlich gibt es in den USA die größten Porsche-Fanclubs weltweit, und deren Mitglieder gelten als so zahlungskräftig, dass ihnen Preiserhöhungen nicht allzu wehtun. Dennoch erwartet auch Meschke Absatzeinbußen, falls die Zölle kommen sollten. Einen Umzug der Produktion in die USA schließt er aus: "Bei unseren relativ kleinen Stückzahlen ist es nicht wirtschaftlich, eigene Produktionskapazitäten in den USA oder China aufzubauen."

Die Anspannung beim benachbarten Stuttgarter Autobauer Daimler ist ungleich größer: Im Juni hat der Konzern eine Gewinnwarnung veröffentlicht, weil China in Reaktion auf Trumps Zölle nun seinerseits 40 Prozent Strafzoll auf Autos aus den USA erhebt - dies trifft insbesondere Sportgeländewagen von Daimler, aber auch BMW. Daimler produziert seine großen Geländewagen in Tuscaloosa im US-Bundesstaat Alabama. Ein Großteil wird nach China exportiert.

Bei BMW ist die Lage ähnlich. Die meisten Modelle, die BMW in Amerika produziert, werden nur dort produziert. Der Hersteller kann die chinesischen Strafzölle deshalb nicht ohne Weiteres umgehen, indem er die gleichen Modelle nun aus Europa nach China liefert. VW stellt ebenfalls Sportgeländewagen in den USA her. Doch der Konzern hat auch einige Fabriken in China, mit denen er den chinesischen Strafzöllen entkommen kann, zumindest für die dort produzierten Modelle.

© SZ vom 20.07.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

US-Staatsanleihen
:Trump droht sein liebstes Drohmittel zu verlieren

Russland hat einen großen Teil seiner US-Staatsanleihen abgestoßen. Auch China und die Europäer wollen sich unabhängiger vom Dollar machen - und damit vom unsteten US-Präsidenten.

Von Cerstin Gammelin

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: