Vergewaltigungsprozess:Trump wegen sexuellen Übergriffs und Verleumdung verurteilt

Lesezeit: 2 min

E. Jean Carroll hatte Donald Trump beschuldigt, sie Mitte der 90er-Jahre vergewaltigt zu haben. (Foto: Kena Betancur/Andrey Kelly/Afp)

Donald Trump muss der Autorin E. Jean Carroll fünf Millionen Dollar Schadenersatz zahlen. Ein Gericht kommt zu dem Schluss, er habe die Frau 1996 angegriffen.

Von Fabian Fellmann, Washington

Donald Trump hat die Autorin E. Jean Carroll 1996 sexuell genötigt und sie verleumdet. Zu diesem Urteil ist die Jury eines Bundesgerichts in New York gekommen, die den früheren US-Präsidenten zur Zahlung von insgesamt fünf Millionen Dollar Schadenersatz verpflichtete. Das neunköpfige Geschworenengremium fällte sein einstimmiges Verdikt am Dienstag in drei Stunden am Ende eines mehr als zweiwöchigen Prozesses.

Schon mehr als zwei Dutzend Frauen haben Trump sexueller Übergriffe beschuldigt. Carrolls Klage ist aber die erste, die vor eine Jury gelangt ist. Es handelte sich dabei nicht um einen strafrechtlichen, sondern um einen zivilrechtlichen Prozess, in dem Carroll den früheren US-Präsidenten auch der üblen Nachrede beschuldigte, weil er ihre Vorwürfe auf sozialen Medien als erfunden bezeichnet hatte.

E. Jean Carroll tritt nach dem Urteil lachend aus dem Gericht in Manhattan. (Foto: Andrew Kelly/REUTERS)

Die Geschworenen gelangten zu dem Schluss, Trump habe die Frau nicht vergewaltigt, sie aber sexuell genötigt. Zudem habe er ihren Ruf geschädigt. In beiden Fällen sei Trump besonders rücksichtslos vorgegangen, befanden die sechs Männer und drei Frauen in der Jury.

Sie hatte detailliert ausgesagt, wie es zu dem Angriff in der Umkleidekabine gekommen war

Die heute 79-jährige Klägerin nahm das Urteil mit einem Lächeln zur Kenntnis. Sie hatte vor Gericht detailliert ausgesagt, wie es 1996 zu dem Angriff in der Umkleidekabine des New Yorker Luxuswarenhauses Bergdorf Goodman gekommen war. Sie musste dabei auch Erinnerungslücken erklären: Unter anderem konnte sie das Datum nicht nennen. Carroll machte geltend, das Geschehene lange verdrängt und erst im Zuge der "Me Too"-Bewegung den Mut aufgebracht zu haben, Trump gerichtlich zu belangen. Eine Zeugin und Fachpersonen stützten ihre Schilderungen, etwa eine Freundin, die Carroll kurz nach dem Übergriff angerufen hatte.

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Trump bezichtigte Carroll, den Übergriff erfunden zu haben, um den Verkauf ihrer Memoiren anzukurbeln. Vor Gericht ließ sich der ehemalige US-Präsident nicht blicken; lediglich ein Video seiner Befragung wurde vorgespielt, in der er Carroll mit seiner Ex-Frau verwechselte und sagte, sie sei nicht sein Typ. Trump bekräftigte dabei auch seine Aussage, die schon im Wahlkampf 2016 Schlagzeilen machte, wonach er Frauen ungestraft zwischen die Beine fassen könne, weil er ein Star sei.

Trumps Anwalt, Joe Tacopina, kündigt Berufung gegen das Urteil an. (Foto: Brendan McDermid/Reuters)

Der Anwalt von Ex-US-Präsident Donald Trump kündigte Berufung gegen die Entscheidung der Geschworenenjury an. "Er ist bereit, weiterzumachen. Er wird mit einer Berufung dagegen ankämpfen", sagte Anwalt Joseph Tacopina vor dem Gerichtsgebäude über seinen Mandanten. Er begrüße, dass die Zivilklage wegen Vergewaltigung abgewiesen wurde. Das Urteil sei aber inkonsistent - auch das Gericht sei voreingenommen gewesen.

Das Urteil sei eine "Schande", twitterte Trump

Nach der Verkündung des Urteils behauptete Trump auf seinem sozialen Netzwerk Truth Social, er habe keine Ahnung, wer Carroll sei. Das Urteil sei eine "Schande", ein Teil der "Hexenjagd" der Justiz. Er wolle das Urteil anfechten.

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Vor einem Gericht des Staats New York ist Trump derzeit angeklagt wegen Buchhaltungs-, Steuer- und Kampagnenfinanzierungsgesetzen. Weitere Ermittlungen laufen im Zusammenhang mit den Präsidentschaftswahlen 2020, dem Sturm auf das Kapitol vom 6. Januar 2021 sowie wegen der Geheimdokumente, die Trump in seinem Anwesen aufbewahrt hatte.

In all diesen Strafverfahren sind bisher keine Urteile gefallen. Das zivilrechtliche Verdikt aus New York ist darum für Trump von besonderer Bedeutung. Politisch haben die Querelen mit der Justiz dem republikanischen Präsidentschaftskandidaten bisher keinen Schaden beigefügt, im Gegenteil. In den Umfragen zu den Wahlen 2024 hat er den Vorsprung auf seinen aussichtsreichsten Gegenspieler, Floridas Gouverneur Ron DeSantis, deutlich ausgebaut, seit die Staatsanwaltschaft von New York am 30. März Anklage erhoben hat. Zudem hat Trump seither mehr als 30 Millionen Dollar an Wahlkampfspenden eingenommen.

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