Corona-Rechtsprechung:Justizminister stellt sich vor Richter

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Frank Ulrich Montgomery, Vorsitzender des Weltärztebundes, tadelte das Lüneburger Gericht in harschen Worten. (Foto: Guido Kirchner/dpa)

"Kleine Richterlein" - so kritisierte der Chef des Weltärztebundes das Niedersächsische Oberverwaltungsgericht, nachdem es die 2-G-Regel im Einzelhandel des Landes gekippt hatte. Minister Buschmann verlangt nun mehr Respekt vor der Justiz.

Bundesjustizminister Marco Buschmann hat Kritik an Richtern wegen Urteilen zu Corona-Regeln zurückgewiesen. "Deutschland kann stolz sein auf seine hervorragend qualifizierte und unabhängige Richterschaft. Sie öffnet den Zugang zum Recht und erweckt die Idee des Rechtsstaats zum Leben", schrieb der FDP-Politiker am Sonntagabend auf Twitter. "Daher verdient sie Respekt - und zwar unabhängig davon, ob dem Betrachter jede Entscheidung gefällt", fügte Buschmann hinzu.

Zuvor hatte der Vorstandsvorsitzende des Weltärztebundes, Frank Ulrich Montgomery, Richter für einige Urteile zu Corona-Regeln kritisiert. "Ich stoße mich daran, dass kleine Richterlein sich hinstellen und wie gerade in Niedersachsen 2 G im Einzelhandel kippen, weil sie es nicht für verhältnismäßig halten", sagte Montgomery der Zeitung Welt. Da maße sich ein Gericht an, etwas, das sich wissenschaftliche und politische Gremien mühsam abgerungen hätten, mit Verweis auf die Verhältnismäßigkeit zu verwerfen. "Da habe ich große Probleme. Es gibt Situationen, in denen es richtig ist, die Freiheitsrechte hinter das Recht auf körperliche Gesundheit - nicht nur der eigenen Person, sondern aller - einzureihen. Und eine solche Situation haben wir", sagte der Ärztevertreter.

Dagegen verwahrte sich auch der Bund Deutscher Verwaltungsrichter und Verwaltungsrichterinnen. Die Äußerungen Montgomerys seien "in der Sache unqualifiziert und im Ton unangemessen" und ließen "den gebotenen Respekt vor gerichtlichen Entscheidungen und den Menschen vermissen, die sie zu treffen haben".

Das Niedersächsische Oberverwaltungsgericht hatte am 16. Dezember die 2-G-Regel im Einzelhandel des Bundeslandes gekippt. Die Maßnahme sei zur weiteren Eindämmung des Coronavirus nicht notwendig und auch nicht mit dem allgemeinen Gleichheitsgrundsatz vereinbar, entschied das Gericht. Unter anderem beanstandete der Senat, dass verlässliche und nachvollziehbare Feststellungen zum tatsächlichen Infektionsrisiko im Einzelhandel fehlten. Zudem könnte der Staat Kunden auch im Einzelhandel verpflichten, eine FFP2-Maske zu tragen. Dies würde das Infektionsrisiko derart absenken, "dass es nahezu vernachlässigt" werden könne, erklärte das Gericht.

Bund und Länder hatten am 2. Dezember beschlossen, dass bundesweit und unabhängig von der Inzidenz 2 G im Einzelhandel gelten soll. Ausnahmen von der 2-G-Regel gelten für Geschäfte des täglichen Bedarfs, also etwa Supermärkte und Drogerien.

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