Grenzstreit mit China:"Indien muss auf der Hut sein"

Lesezeit: 2 min

Ein Mädchen steht mit Indiens Flagge im Himalaya auf dem Bumla-Pass, der Arunachal Pradesh mit Tibet verbindet. China erhebt auch Ansprüche auf diesen indischen Bundesstaat. (Foto: Anupam Nath/AP)

Eine neue offizielle Landkarte aus Peking weist Teile des Nachbarstaats als chinesisches Gebiet aus. Das provoziert Proteste aus Delhi und vertieft das Misstrauen zwischen beiden Ländern.

Von David Pfeifer, Bangkok

Es läuft nicht gut zwischen den beiden bevölkerungsreichsten Ländern der Welt, China und Indien. Gerade dachte man, es sei ein bisschen Ruhe in den Grenzkonflikt gekommen, da gibt es neuen Ärger wegen einer offiziellen Standardkarte, die Peking veröffentlicht hat. Auf der werden der indische Bundesstaat Arunachal Pradesh und die Hochebene Aksai Chin im Himalaya als offizielles Territorium Chinas ausgewiesen. Satellitenbilder zeigen zudem, dass die chinesische Armee in Aksai Chin mehrere Bunker anlegen lässt.

Die Grenze im Himalaya, auch "Actual Line of Control" genannt, entstand, als die Briten sich 1947 aus der Region zurückzogen. Sie ist etwa 3800 Kilometer lang und verläuft im Gebirge von Ladakh im Westen bis nach Arunachal Pradesh, das China nun wieder für sich beansprucht. Dabei hatte Indien bis zur chinesischen Einnahme von Tibet in den 1950er-Jahren nicht mal eine Grenze zu China. Nun wird Arunachal Pradesh im östlichen Himalaya auf den Karten als "Zangnan" bezeichnet, chinesisch für Südtibet.

"Absurde Ansprüche auf indisches Territorium"

Aksai Chin wiederum ist eine umstrittene Hochebene im westlichen Himalaya, die von Indien beansprucht, aber von China kontrolliert wird. "Wir haben heute auf diplomatischem Wege bei der chinesischen Seite gegen die sogenannte Standardkarte Chinas aus dem Jahr 2023, die Anspruch auf Indiens Territorium erhebt, heftigen Protest eingelegt", sagte ein Sprecher des indischen Außenministeriums am Mittwoch der Nachrichtenagentur Reuters. Auch große Teile des Südchinesischen Meeres und Taiwan werden auf der neuen Karte als chinesisch dargestellt. Es ist das dritte Mal, dass Peking eine solche Karte veröffentlicht. "Indien muss auf der Hut sein und darf sich nicht provozieren lassen", kommentierte die indische Tageszeitung The Tribune.

Bereits am Dienstag hatte der indische Außenminister Subrahmanyam Jaishankar die Gebietsansprüche Chinas zurückgewiesen. "Absurde Ansprüche auf indisches Territorium machen es nicht zu Chinas Territorium", sagte Jaishankar dem indischen Nachrichtensender NDTV. Der Protest kommt nur wenige Tage, nachdem Indiens Premierminister Narendra Modi am Rand des Brics-Gipfels mit Chinas Präsident Xi Jinping gesprochen hat, ihr erster direkter Austausch seit dem erneuten Aufflammen der Grenzkonflikte vor drei Jahren.

Die Inder vertrauen Putin mehr als Xi Jinping

Die Beziehungen zwischen den Atommächten sind stark abgekühlt, nachdem Patrouillen beider Seiten im Juni 2020 im Gebirge zusammenstießen. 20 indische und vier chinesische Soldaten kamen dabei ums Leben. Das hatte eine Kampagne zur Abkoppelung Indiens von China zur Folge, die bisher allerdings ohne großen Erfolg blieb. Wirtschaftlich ist Indien weiterhin auf Handel mit China angewiesen. Aber die Stimmung verschlechtert sich.

Wenn es um die Frage geht, welcher Staatschef in globalen Angelegenheiten das Richtige tut, haben Inderinnen und Inder mittlerweile laut Pew Research Center mehr Vertrauen in den russischen Präsidenten Wladimir Putin als in den chinesischen Präsidenten Xi Jinping. Das mag aus europäischer Perspektive merkwürdig erscheinen, aber Russland wird in Indien schon seit Jahrzehnten generell als Bündnispartner geschätzt. Doch die Meinungsumfrage von Pew Research zeigt vor allem, wie tief das Misstrauen gegenüber China in Indien mittlerweile sitzt.

© SZ - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

SZ PlusMeinungChina und Indien
:Ein Treffen, zwei Versionen

Worum es bei den Grenzkonflikten zwischen beiden Staaten im Himalaja eigentlich geht.

Kommentar von David Pfeifer

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: