Spionage:Bundesanwaltschaft ermittelt wegen "Taurus"-Abhörfall bei der Bundeswehr

Dieses von der Bundeswehr herausgegebene Bild zeigt einen Kampfjet, bestückt mit dem Lenkflugkörper "Taurus". (Foto: Andrea Bienert/dpa)

Laut einer Sprecherin der Behörde besteht der Verdacht auf "geheimdienstliche Tätigkeit". Russland hatte den Mitschnitt eines Gesprächs von Bundeswehr-Offizieren veröffentlicht.

Wegen des abgehörten Gesprächs deutscher Offiziere zum Marschflugkörper Taurus ermittelt nun die Bundesanwaltschaft. Laut einer Sprecherin der Behörde bestehe der Verdacht auf "geheimdienstliche Tätigkeit". Das Verfahren werde gegen unbekannt geführt. Zu Spekulationen, wer dahinterstecken könnte, äußere man sich nicht. Zuerst hatte der Spiegel berichtet.

Russland hatte die mitgeschnittene Schaltkonferenz am 5. März veröffentlicht. In dem Gespräch von vier hohen Offizieren, darunter Luftwaffenchef Ingo Gerhartz, geht es um Einsatzszenarien für den Taurus, falls dieser doch an die Ukraine geliefert wird. Dabei wird auch über die mögliche Zerstörung der von Russland gebauten Brücke zur völkerrechtswidrig annektierten ukrainischen Halbinsel Krim diskutiert. Kanzler Olaf Scholz (SPD) hat eine Lieferung der Marschflugkörper wiederholt ausgeschlossen und sein Nein damit begründet, dass Deutschland dann in den Krieg hineingezogen werden könnte.

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Der Vorgang hatte in Berlin für große Aufregung gesorgt. Das Verteidigungsministerium machte nach ersten Ermittlungen die Unachtsamkeit eines Bundeswehr-Generals dafür verantwortlich, dass das Gespräch abgehört werden konnte. Dieser hatte sich von einem Hotel in Singapur über eine nicht sichere Leitung in das Gespräch eingewählt.

Minister Boris Pistorius (SPD) sprach wenige Tage nach der Veröffentlichung des Mitschnitts von einem "individuellen Anwendungsfehler", der zu einem "Zufallstreffer" bei einer breit angelegten Abhöraktion während der Luftfahrtmesse Singapore Airshow geführt habe. "Für russische Geheimdienste nachvollziehbar ein gefundenes Fressen so eine Veranstaltung in diesem Umfeld", sagte Pistorius. Personelle Konsequenzen zog er bislang keine.

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