Bundeswehr:Rüsten, so schnell wie möglich

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Boris Pistorius beim Treffen der Ukraine-Alliierten in Ramstein. Der Verteidigungsminister will Beschaffungsprozesse für die Bundeswehr deutlich verkürzen. (Foto: Thomas Lohnes/Getty Images)

Ein Erlass von Verteidigungsminister Pistorius stellt klar, dass der Faktor Zeit bei der Ausstattung der Bundeswehr nun "höchste Priorität" hat.

Von Mike Szymanski, Berlin

Verteidigungsminister Boris Pistorius (SPD) drückt bei Beschaffungsvorhaben aufs Tempo. Das zeigt ein Erlass aus seinem Haus mit Datum 25. April an die Führungskräfte: Diese werden darin angewiesen, bei Entscheidungen, die die Ausstattung der Truppe betreffen, danach zu gehen, dass Material möglichst schnell ankommt.

"Der Faktor Zeit hat höchste Priorität und ist mit sofortiger Wirkung als der wesensbestimmende Faktor aller laufenden und neuen Rüstungsvorhaben der Bundeswehr maßgebend", heißt es in dem Erlass, der der Süddeutschen Zeitung vorliegt.

Dieser Erlass diene "als verbindliche Vorgabe" insbesondere für alle Funktions- und Entscheidungsträger, die mit der Beschaffung zu tun hätten, bis das bestehende Regelwerk überarbeitet wird. Ergänzt wird der Erlass um eine Weisung durch Generalinspekteur Carsten Breuer, wonach "marktverfügbare Lösungen" neu zu entwickelnden Rüstungsgütern vorzuziehen seien.

Der Minister reagiert damit auf teils sich jahrelang hinziehende Beschaffungsprozesse für mitunter einfachste Ausrüstungsgegenstände. Vor dem russischen Angriffskrieg in der Ukraine fehlte meist das Geld für Beschaffung. Darüber hinaus wurde es im Behördenapparat als nicht unbedingt dringlich erachtet, dass die Truppe das Material zügig erhält. Pistorius erklärte am Mittwoch: "Die Zeitenwende muss auch im Ministerium voll durchschlagen."

Im Zweifel hatten Fragen nach der Rechtssicherheit von Vorhaben - etwa bei Ausschreibungen - Vorrang vor schnellen Lösungen. Nun hat die Politik in einem Sondervermögen 100 Milliarden Euro für die Modernisierung der Truppe zu Verfügung gestellt - die Truppe bekommt es aber nur langsam ausgegeben.

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Das bislang bestehende Regelwerk macht Beschaffungen tatsächlich kompliziert. Bereits bevor feststeht, welchen Gegenstand die Truppe genau erhalten soll, füllen Planungsunterlagen mitunter etliche Ordner. Dort wo Ermessensspielräume bestehen, seien diese nach Auffassung von Pistorius zu wenig genutzt worden. "Fesseln, die wir uns selber angelegt haben, werfen wir ab."

Er hat sich vorgenommen, die Prozesse zu ändern. Aber das wird dauern. Die Inspekteure der Teilstreitkräfte wie Heer oder Marine sollen stärker in Beschaffungsprozesse eingebunden werden und wieder mehr Verantwortung übertragen bekommen.

Der Erlass und die Weisung sind Versuche, den Entscheidungsträgern Sicherheit an die Hand zu geben und in Sinne schneller Beschaffung zu entscheiden. Es gehe darum, "mehr Mut" zu fördern. Die erste Frage könne nicht ständig lauten, wer "den Kopf hinhält", falls Fehler passierten. Im Ministerium und den nachgeordneten Behörden müsse man zu einer anderen Fehlerkultur finden. Zu Pistorius' Maßnahmen gehört auch, dass er die Spitze des Beschaffungsamtes neu besetzt hat.

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