Bundesverfassungsgericht:NPD-Nachfolger von staatlicher Parteienfinanzierung ausgeschlossen

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Die NPD, hier ein Archivbild aus dem Jahr 2020, erreichte in einigen ostdeutschen Bundesländern vor Jahren Stimmenanteile, die ihr staatliche Einnahmen sicherten. (Foto: Sachelle Babbar/imago images/ZUMA Wire)

Wie kann man verhindern, dass Verfassungsfeinde staatliches Geld bekommen? Dazu haben die Richterinnen und Richter in Karlsruhe eine Entscheidung getroffen, die große Tragweite haben könnte.

Von Oliver Klasen

Das Verfahren zum Verbot der rechtsextremen NPD ist vor Jahren gescheitert, inzwischen hat sich die Partei in "Die Heimat" umbenannt und ist nur noch eine Splittergruppe. An diesem Dienstag steht die Mini-Partei im Zentrum einer Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts, die große Tragweite haben könnte.

Es ging um die Frage, ob die NPD von der staatlichen Parteienfinanzierung ausgeschlossen werden kann. Die Richterinnen und Richter in Karlsruhe haben nun entschieden: Der Partei wird die staatliche Finanzierung für sechs Jahre gestrichen.

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Diskutiert werden dürfte, inwieweit sich die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts auf die AfD auswirken könnte. Deren Bedeutung ist weit größer, als es die der NPD einst war. Einige Politiker und Verfassungsrechtsexperten plädieren dafür, statt eines Verbots der AfD ihren Ausschluss von staatlicher Finanzierung anzustreben.

2016 bekam die NPD mehr als eine Million Euro vom Staat

In Deutschland finanzieren sich Parteien zum Teil aus staatlichen Zuwendungen. Nach dem Parteiengesetz steht ihnen dann Geld zu, wenn sie bestimmte Stimmanteile erreichen - die Schwelle liegt bei 0,5 Prozent für Bundestags- und Europawahlen sowie bei 1,0 Prozent bei Landtagswahlen.

Zeitweise erreichte die NPD diese Schwelle bei einzelnen Wahlen. Im Jahr 2016 erhielt sie mehr als 1,1 Millionen Euro vom Staat, im Jahr 2020 noch 370 000. Seit 2021 allerdings bekommt die NPD kein Geld mehr, weil sie nicht genug Wählerstimmen auf sich vereinigen konnte.

Das jetzige Verfahren in Karlsruhe ( AZ 2 BvB 1/19) war das erste seiner Art. Es entstand 2017, nachdem das Verbotsverfahren gegen die NPD gescheitert war. Das NPD-Verbot hatte das höchste deutsche Gericht damals abgelehnt, weil es keine Anhaltspunkte dafür gebe, dass sie ihre verfassungsfeindlichen Ziele auch tatsächlich durchsetzen könne.

Der Gesetzgeber reagierte und versuchte nun, wenn schon kein Verbot, so doch einen Ausschluss der NPD von staatlicher Finanzierung zu erreichen. Das Grundgesetz - konkret der Artikel 21 Absatz 3 - wurde entsprechend geändert. Und Bundestag, Bundesrat und Bundesregierung beantragten, so wie es im Gesetz vorgesehen ist - die NPD und mögliche Ersatz- und Nachfolgeparteien - für sechs Jahre von der Parteienfinanzierung auszuschließen.

Die NPD klagte dagegen, weil sie darin einen Verstoß gegen das im Grundgesetz verankerte Prinzip der Chancengleichheit der Parteien - und allgemeiner gesprochen - das Demokratiegebot als solches sieht. Das verneinte das Verfassungsgericht nun. Das in Artikel 79 Absatz 3 des Grundgesetzes - der sogenannten Ewigkeitsklausel - festgelegte Demokratiegebot erstrecke sich nicht auf jene Parteien, die die freiheitlich demokratische Grundordnung bekämpfen und abschaffen wollen.

Bei der mündlichen Verhandlung im Juli vergangenen Jahres hatte es einen Eklat gegeben, weil kein Vertreter der Partei erschienen war - laut Gericht ein einmaliger Vorgang. Ein Sprecher der Partei "Die Heimat" hatte bereits angekündigt, dass auch zur Urteilsverkündung niemand kommen werde. Auf ihrer Internetseite hatte die Partei damals erklärt, sie lasse sich nicht "zum Statisten einer Justiz-Simulation machen".

Nach Worten von Bundestagspräsidentin Bärbel Bas (SPD) ist das Verfahren "staatspolitisch von großer Bedeutung". Es sei der Bevölkerung noch nie zu erklären gewesen, dass Verfassungsfeinde mit Steuermitteln unterstützt würden.

Doris König, die Vorsitzende des Zweiten Senats des Bundesverfassungsgerichts, ging in der Urteilsbegründung auf die Unterschiede zwischen einem Antrag auf ein Verbot einer bestimmten Partei und dem Antrag auf Ausschluss von der Parteienfinanzierung für diese Partei ein. Die Voraussetzungen für einen Erfolg des jeweiligen Antrags seien in beiden Fällen zunächst weitgehend dieselben. Allerdings erfordere ein erfolgreicher Parteienverbotsantrag, dass die jeweilige Partei auch die Chance habe, ihre verfassungsfeindlichen Ziele in die Tat umzusetzen. Juristinnen und Juristen sprechen von der sogenannten Potenzialität. Darauf kommt es bei einem Ausschluss von der Parteienfinanzierung nicht an. Sie ist möglich, wenn die Ziele der Partei darauf ausgerichtet sind, die freiheitlich demokratische Grundordnung abzuschaffen.

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