Großbritannien:Johnson droht der EU, Ausstiegszahlungen zurückzuhalten

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Boris Johnson, Gesicht der Brexit-Kampagne und möglicher Nachfolger von Theresa May (Foto: AFP)
  • Der frühere britische Außenminister Boris Johnson stellt die Ausstiegszahlungen an die EU unter Bedingungen.
  • Premierministerin May und Brüssel hatten sich auf eine Summe von 44 Milliarden Euro geeinigt.
  • In einem Interview sagt Johnson, dieses Geld sei ein hervorragendes "Schmiermittel". US-Präsident Trump hatte den Briten geraten, die Schulden nicht zu bezahlen.

Boris Johnson, Favorit auf den Posten des britischen Premierministers, droht der Europäischen Union damit, die vereinbarten Ausstiegszahlungen zurückzuhalten. Der Sunday Times sagte der Brexit-Hardliner, Großbritannien solle die von Brüssel geforderten 39 Milliarden Pfund (rund 44 Milliarden Euro) so lange nicht bezahlen, bis es bessere Bedingungen und "mehr Klarheit" über das weitere Vorgehen gäbe. "Für den Abschluss eines guten Deals ist Geld ein großartiges Lösungs- und ein großartiges Schmiermittel." Er habe es immer merkwürdig gefunden, den gesamten Scheck zu unterschreiben, bevor ein endgültiges Abkommen geschlossen sei.

Vergangene Woche hatte US-Präsident Donald Trump den Briten empfohlen, diese Schulden nicht zu bezahlen - und Johnson während seines Besuchs ausgezeichnete Fähigkeiten für das Amt des Partei- und Regierungschefs bescheinigt.

Bei den Brexit-Verhandlungen mit der EU hatte London eigentlich zugesagt, eine Schlussrechnung in Höhe von 44 Milliarden Euro zu begleichen. Brüssel besteht darauf, dass London seinen Anteil für gemeinsam getroffene Finanzentscheidungen bezahlt - für den EU-Haushalt, für gemeinsame Fonds und Pensionslasten.

Boris Johnson ist für viele Briten das Gesicht der Brexit-Kampagne. Im Zuge seiner Kandidatur als Nachfolger der scheidenden Premierministerin Theresa May demonstriert er nun Härte gegenüber der Europäischen Union.

Der frühere Außenminister gilt derzeit als aussichtsreichster Kandidat für das Amt des Premierministers. Am Freitag hatte May die Führung ihrer Konservativen Partei abgegeben. Sie wird bis Ende Juli auch als Regierungschefin ersetzt. Johnson war im vergangenen Jahr aus Protest gegen Mays Brexit-Kurs als Außenminister zurückgetreten.

Drogen-Beichten von Politikern

Bislang haben elf Politiker ihr Interesse an dem Posten als Chef der Konservativen Partei und damit auch als Regierungschef bekundet. Die offizielle Bewerbungsfrist für die Kandidaten endet am Pfingstmontag.

Das Rennen um den Posten überschatten derzeit Diskussionen um den früheren Kokain-Konsum des Umweltministers Michael Gove, dem ebenfalls Chancen als Nachfolger Mays eingeräumt werden. Er habe die Droge vor mehr als 20 Jahren "bei verschiedenen Gelegenheiten" genommen und bedauere dies sehr, sagte der 51-Jährige der Daily Mail. Er gehe davon aus, dass ihn das nicht für die Bewerbung disqualifiziere.

Am Sonntag legte der Umweltminister mit einem Versprechen nach, für den Fall, dass er Premierminister werden sollte: Er wolle die Mehrwertsteuer durch ein einfacheres System ersetzen, kündigte er im Telegraph an. Kritiker werfen Gove vor, ein Wendehals zu sein.

Zuvor hatte sich ein anderer Kandidat, Entwicklungshilfeminister Rory Stewart, dafür entschuldigt, Opium während einer Hochzeit im Iran geraucht zu haben. "Das war ein sehr dummer Fehler vor 15 Jahren", sagte er in Interviews. Stewart, der auch Schriftsteller ist und beruflich viel Auslandserfahrung hat, gilt im Rennen um Mays Nachfolge jedoch als Außenseiter. Mehrere andere Kandidaten hatten außerdem früheren Cannabis-Konsum zugegeben, darunter Ex-Brexit-Minister Dominic Raab.

© SZ.de/dpa/kjan - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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